Stationen

Mittwoch, 9. Oktober 2024

Zum Davonlaufen

Jiffer Bourguignon & Ingo Zamperoni

 Ein bundesrepublikanischer Pseudoitaliener und eine amerikanische Pseudofranzösin. Und der Deutsche Michel, der ja daran gewöhnt ist, andere Länder durch deutsche Krimis, in denen BRD-Schauspieler pseudokroatische, pseudotürkische, pseudoitalienische, pseudoportugiesische, pseudofranzösische... Kommissare spielen, vermeintlich kennenzulernen, aber nur erfährt, was die Drehbuchautoren meinen, für ihn zusammenphantasieren zu müssen, dieser Deutsche Michel, der seit Jahrzehnten daran gewöhnt ist, dass ihm ein zu seinen Sehnsüchten passendes X für das wahre U vorgemacht wird, er ist ein gefundenes Fressen für Leute wie Markus Lanz, Giovanni Di Lorenzo und Ingo Zamperoni, die in Italien nicht bestehen könnten,aber verschlagen genug sind, den Zuschauern in Deutschland genau das aufzutischen, was sie jahrzehntelang (leider tatsächlich auch) hören wollten und zum großen Teil immer noch hören wollen, oder zumindest - mangels anderer Erfahrungen - immer noch glauben, hören zu wollen.


Amerika, wir müssen reden

Was Köppel zu recht beklagt und klar benennt, war vor 50 Jahren genauso wie heute; es hat sich nur das Vorzeichen geändert!! Und es hat sich herausgestellt, dass die, die sich vor 50 Jahren für Toleranz stark machten und dafür, politischen Gegnern die Achtung nicht zu versagen, heute intoleranter, selbstgerechter und selbstgefälliger sind als diejenigen, die sie damals, zu recht, kritisierten. Es ist ein deutsches Problem!! Italien war vor 40 Jahren so linkskonformistisch wie heute Deutschland. Aber selbst damals konnte ein postfaschistischer Journalist wie Giano Accame trotzdem (wenn auch nur ab Mitternacht) im öffentlichen, staatlichen italienischen Fernsehen Sendungen gestalten. Die postfaschistische Partei MSI saß im Parlament, Almirante hielt selbst im linksradikalen Florenz Reden auf der Piazza vor dem Palazzo Vecchio, und niemand fiel es auch nur im Traum ein, die Partei MSI zu verbieten. In einem Wort: Die Italiener sind demokratisch, die Deutschen sind es nicht. Ich meine damit, dass die deutschen Bundesrepublikaner zwar demokratische Institutionen haben, diese aber hauptsächlich deshalb nicht funktionieren, weil die Deutschen mehrheitlich nun mal immer noch keine demokratietaugliche Mentalität besitzen. In Italien wurde die Monarchie durch eine Volksbefragung nach dem Zweiten Weltkrieg abgeschafft (der alte Marchese Ginori war während dieser Abstimmung, wie alle zum Hochadel gehörenden Familien, im Quirinalspalast zu Gast. Sein damaliger Butler, der ihn dorthin begleitet hatte, hat es mir persönlich erzählt). In Deutschland starb die Monarchie sozusagen ab, als der Kaiser nach dem Aufstand der Matrosen "abdankte" und nach Holland ins Exil floh. Und nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Demokratie im Westen nicht durch eine Volksbefragung, bei der eine Mehrheit für die Republik stimmte, eingeführt, sondern sie wurde den Deutschen aufgezwungen, indem man "die Besten, die nach 12 Jahren Gewaltherrschaft in Deutschland noch übrig waren" (wie Ulrike Meinhof es ausdrückte) nach Herrenchiemsee schickte.

Die Deutschen sind unfähig, ihre politischen Gegner zu achten. Das Spektakel, das früher Augstein und Bohme veranstalteten und heute Gysi und von Guttenberg zelebrieren, dient einzig und allein dazu, dem Publikum vorzugaukeln, faire Auseinandersetzung sei in Deutschland möglich. In Italien ist es sogar illegal, eine Oppositionspartei wie die AfD aus fast allen Talkshow-Debatten rauszuhalten. Diese Details erspart Köppel dem deutschen Zuhörer, vielleicht um ihn nicht zu deprimieren und zu demoralisieren. Er möchte uns ja dazu ermutigen, "mehr Schweiz, mehr direkte Demokratie zu wagen"! Da Italien aber wie die Schweiz Volksentscheide hat, ansonsten aber mehr der BRD ähnelt, sollte er das italienische System mal unter die Lupe nehmen, schon deshalb, weil es in D immer nur dann erwähnt wird, wenn die Deutschen eine Gelegenheit sehen, sich besser als die Italiener zu fühlen. Die Dummheit der deutschen Medien - und generell des deutschen Managements - ist nicht mehr zu überbieten. Köppel ist ein rares Beispiel dessen, was - als es 90% weniger Abiturienten gab als heute - noch häufiger gab: Er ist ein echter Bildungsbürger.

 

 

Gut ist auch, dass Köppel daran erinnert, was Europa den Serben zu verdanken hat, die einst den Islam zurückgeschlagen haben. Wer in der Entführung aus dem Serail Mozarts Janitscharenchor hört, der soll bitte daran denken, was die Türken den Serben antaten, um dieses SS-artige Militärcorps zu erschaffen.

 

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