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Dienstag, 5. April 2022

Tochter Erde in Gaukönigshofen

Dieses Gebäude, zur Ehre der keuschen Gottesgebärerin erbaut, wird auch dir, Heiliger Jakobus, errichtet in dem Jahr, in dem auch die [Getreide&späterZuckerrüben]spendende Tochter Erde des [himmlischen] Vaters das Haupt des Neubischofs Hutten mit der Mitra schmückte

 
Die durch rote Farbe und größere Maße hervorgehobenen Buchstaben sind ein Chronogramm
CCVCD CIICII IIVVD CICII VMIDVLIV IILICV

 
"Dieser Tempel der keuschen Gottesgebärerin zur Ehre gebaut, wird ferner auch dir, Hl. Iakobus, errichtet, im Jahr als die spendende Tochter Erde das Haupt des Neo=Bischofs und seines Vaters mit der Mitra schmückte", wäre eine alternative Übersetzung. Huttens Vater starb schon 1690 (34 Jahre bevor Hutten Bischof wurde). Als Familienoberhaupt nahm er deshalb ab 1690 auch die kooperativen Pflichten war, die der Familie als Mitglied des Ritterkantons Rhön-Werra oblagen. Seiner Familie ließ er zu ihrer Unterstützung aus seinen hohen Funktionen immer wieder Geld zufließen. Das Chronogramm ergibt in seiner Summe die Zahl 4449. Nach dem plötzlichen Tod von Johann Philipp Franz von Schönborn (* 1673; † 1724), versuchte der Wiener Hof den Bruder des verstorbenen Bischofs, Friedrich Karl von Schönborn (* 1674; † 1746), als Nachfolger durchzusetzen. Dieser war aber bekannt für einen absolutistischen Regierungs- und Lebensstil. Davor fürchtete sich das Würzburger Domkapitel und wählte deshalb den ihm als fachlich versiert bekannten Christoph Franz von Hutten am 2. Oktober 1724 zum 79. Bischof von Würzburg. Vielleicht wurde er ja von den Bauern um Gaukönigshofen in besonderer Weise finanziell unterstützt. Und die Wahl zum Fürstbischof führte vielleicht zu einer besonderen Würdigung der väterlichen Verdienste.
 
Es fehlt uns irgendeine Information, die erlauben würde, den Spruch vollständig zu verstehen. Singulär ist ja schon, dass hier Mutter Erde als Tochter bezeichnet wird (und dann noch im Zusammenhang mit Maria, die als Tochter der Erde und Königin des Alls galt). Tochter Erde, das ist in meinen Augen eine demutgebietende Erniedrigung zu Humus humilis - wie auch auf Huttens Grab zu lesen steht: vermis et non homo in vita, nunc pulvis et cinis in morte. Giambattista Vico behauptete sogar, das Wort Homo rühre von Humus.

Die Erde ist das Reich der Toten, aber auch die Quelle des Reichtums. Sowohl unterirdischen Reichtums wie oberirdischen. Saturn, in dessen Name die Saat steckt, war für den oberirdischen Reichtum verantwortlich. Aber im Keller des Saturntempels in Rom befand sich das Gold des Staatsschatzes. Und Pluto/Dis war der Sohn Saturns und der Gott der Unterwelt. Dieser Pluto ist nicht identisch mit Plutus, dem Gott des Reichtums, aber es besteht natürlich irgendeine Verbindung zwischen den beiden. Die Dualität zwischen Tod und Reichtum existierte auch den oberirdischen Reichtum betreffend. So wie es Männer sind, die für den unterirdischen Reichtum verantwortlich sind (vor allem sie mussten in den Erzminen arbeiten und um an Bodenschätzen reiche Gebiete kämpfen), so sind es Frauen, die für den oberirdischen verantwortlich sind. Ceres (Tochter von Saturn! somit Schwester von Pluto) ist die Mutter von Proserpina (einem späten Echo vielleicht des Gottes, auf den wahrscheinlich das Wort "Person" zurückgeht). Auch hier ist also ein Nachkomme für die Unterwelt zuständig.

Aber in Gaukönigshofen kann die Tochter Erde nur den lieben Gott zum Vater haben, so sehr seit Dante auch die antike Götterwelt mit der biblischen Welt verschmolz.

 

Seit einiger Zeit kommt Gaukönigshofen ab und zu in die Schlagzeilen:

Später Fahrradfahrer 

Maskenspekulateur

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