Guten Morgen. Obwohl es ja schon etwas später ist. Aber ich musste erstmal Kaffee trinken gehen. Nach dem Ostabend im Westfernsehen, smile...ich wollte ja etwas dazu sagen, aber? Ich muss mich da zurückhalten. Beim anschauen der zwei Sendungen wurde mir mal wieder bewusst, was man politisch, wie menschlich gesehen eigentlich für ein Scheissleben hatte. Statt Freiheit wurde man groß in einer Diktatur. Auch noch einer angeführt von den Dümmsten. Ich bin jetzt 60 geworden und seit dem ich existiere belastet mich und Millionen andere die große rote Scheiße, in die man reingefallen ist. Das konnte man gestern Abend wieder sehen. Journalist bin ich in der Nacht geworden, in der die Mauer fiel und seit dem bin ich unterwegs um zu verstehen, wie es zu dem Leben kommen konnte, was man führen musste. Dabei habe ich die ‚Chronik der Wende' mitgemacht, die den Adolf - Grimme - Preis in Gold bekommen hat und ich bin zweimal für den Egon - Erwin - Kisch - Preis nominiert wurden. Damals war ich auf dem Höhepunkt meiner Karriere und hätte als nächstes Chefredakteur werden können. Stattdessen bin ich als Korrespondent nach Australien geflohen, obwohl mich meine Mutter bettelte hier zu bleiben und weiter erfolgreich zu sein. Aber ich hatte die Schnauze nur noch voll. Als Reporter habe ich ja fast alle getroffen, die damals eine Rolle spielten. Auf der Straße, in den Medien und der Politik. Und das Problem hat sich bis heute nicht geändert. Beim Blick zurück herrscht immer noch die totale Verdrängung. Bei allen Beteiligten. Und als ‚Ossi' kann ich dazu sagen: Es war nicht alles Scheiße, das war unsere Kindheit, unsere Jugend unser Leben und dass war wirklich nicht alles Scheiße, wir hatten auch viel Spaß. Aber Scheiße war es schon In einem Land groß zu werden, dass ein Todesstreifen trennt. Und wenn man vor der Rente raus wollte, die Welt sehen, wurde man auf dem Weg dahin erschossen. Auch das ist immer noch nicht in den Köpfen der Menschen angekommen. Im Gegenteil, auch das wird bis heute im Osten, wie im Westen weiter tapfer verdrängt. So konnten die Täter von damals bis heute ungestraft weitermachen. Mit diesem Ergebnis. Aber wer sich Scheiße schön redet, der bekommt sie nie mehr los. Was schon deshalb dumm ist, weil man ja nur das eine mal existiert. In meinem nächsten Leben hoffe ich, dass der Liebe Gott mich mit einem Surfbrett unterm Arm an eine Küste irgendwo im fernen Australien schickt. Die haben ja nicht so große Probleme mit sich. Wir leiden alle an uns selbst und gehören schon deshalb alle auf die Couch. Aber wer macht den Therapeuten? Wie gesagt, ich habe mir viel Mühe gegeben, rein beruflich gesehen, könnte ich mich damit zufrieden geben, aber menschlich? Wir brauchen eine Stimme, die die Vergangenheit endlich so erzählt wie sie war, damit unsere Gegenwart und damit unsere Zukunft besser wird. Gerade in Zeiten wie diesen ist Einheit wichtiger denn je. Mach ich also doch weiter? Ich weiß es nicht, aber ich verabschiede mich hiermit erst mal. Dreißig Jahre über die selbe Scheiße Schreiben oder Drehen, also immer das Gleiche zu machen, ist eigentlich Selbstmord. Denn wie gesagt, man existiert nur das eine mal. Also Grüße an alle, denen es ähnlich geht. Der Rest dazu kann jeder auf meiner Seite sehen und lesen, gemacht zur ewigen Erinnerung und Mahnung. Ist ja alles wahr. Auch wenn es weh tut. Aber danach sind solche Abende wie gestern in der ARD nicht mehr nötig. Statt jammern ein Aufbruch. Sonst wird es uns bald nicht mehr geben. Tschüß. Vielleicht bis später mal. Und Danke an alle meine Freunde und Unterstützer, hier, wie draußen. Torsten
Hervorragend zusammengefasst. Ich bin im Westen aufgewachsen, aber ich konnte schon, als ich noch ein halbes Kind war, nicht fassen, dass oberschlaue linke Gymnasiasten die Arbeiter, die ihnen mit "Geh doch rüber" auf ihr krudes Geschwafel gegen Kapitalismus und Leistungsgesellschaft antworteten, als Faschisten verleumdeten und auch noch wieder besseres Wissen, denn sie machten sich auch über Gerhard Löwenthal lustig ("Die Milch wird sauer, das Bier wird schal, im Fernsehn spricht der Löwenthal"). Man muss nicht in New York gewesen sein, um über New York reden zu können, insofern war ich schon immer ein Ossi.
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