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Dienstag, 26. September 2023

Wer hat Angst vorm blauen Mann?

Vergangenes Wochenende wurde in Nordhausen gerade noch die Wahl eines AfD-Oberbürgermeisters verhindert. Dennoch geht die Angst um vor einer Regierungsbeteiligung der AfD. Auch mich treibt diese Angst um. Mit etwas Glück halten die Checks und Balances der deutschen Gesetze die AfD davon ab, gleich in den ersten Monaten ein Ermächtigungsgesetz zu erlassen. Es ist dennoch zu erwarten, dass sie alle legalen und halblegalen Wege ausschöpft, ihre Macht zu festigen.
Der Krieg wird in den Köpfen geführt, weshalb die AfD als erstes die Kontrolle über den ÖRR erlangen muss. Wichtige Stellen wie bspw. die Intendanten müssen mit parteieigenen Leuten besetzt werden. Um die Wahl des Intendanten nicht dem Zufall zu überlassen, müsste man die Gesinnungsgenossen in den Sendern in sogenannten Freundeskreisen organisieren. Aber auch der Nachwuchs sollte überwiegend bis ausschließlich nach Möglichkeit aus der Sache treuen Kandidaten bestehen. Hat man dann erst einmal die Macht das Programm zu bestimmen, nähert man sich dem Untertanen auf der einen Seite mit mindestens zwei stark ideologisch eingefärbten Satireformaten. Damit lässt sich dann sogar aktiv Politik machen und unliebsame Angestellte können öffentlich und ohne eine Chance sich zu wehren an den Pranger gestellt werden, bevor man sich ihrer entledigt. Schauprozesse ganz nach historischem Vorbild.
Für alle die es lieber etwas sachlich mögen gibt es die Polit-Talkshows. Am einfachsten wäre es natürlich in die Talkshows ausschließlich „Experten“, welche das eigene Narrativ vorbeten einzuladen – aber da fängt man sich doch leicht den Vorwurf der Befangenheit ein und die Wahrung des Scheins der Objektivität muss gewahrt werden. Also lädt man maximal einen Kandidaten der Gegenseite ein, den man dann genüsslich den 5 anderen linientreuen Gästen zum Fraß vorwirft.
Aber auch die Jüngeren möchten bedacht sein. So schleust man die politische Agenda schon in Sendungen für die ganz kleinen, auch wenn die Themen vielleicht noch nicht ganz altersgerecht sind. Aber nicht einmal davor wird die AfD zurückschrecken. Merken Sie sich meine Worte.
Für die etwas Älteren, die nicht mehr so auf lineares Fernsehen stehen, finanziert man einen Internetauftritt, in dem man linientreue Sendungen, unabhängig von ihrer Reichweite oder Beliebtheit mit Geld zuscheißt und ihnen ansonsten weitgehend freie Hand lässt. Journalistische Standards nimmt man dann da nicht so genau und falls mal offen antisemitische „Journalisten“ an Sendungen mitwirken, bietet man ihnen am besten einfach gleich einen Platz im Hauptprogramm an. Falls das dann doch auffliegt, kann man immer noch zurückrudern.
Apropos Kritik: Ist natürlich doof, dass heutzutage jeder über das Internet jeder die Unwahrheiten aufdecken kann, welche man in Umlauf bringt. Aber dafür wird man eine neue Institution ersinnen: Die sogenannten Faktenchecker, welche die von Amateuren ins Netz posaunten, aber leider eben auch oft gefährlichen Fakten einordnen. Teile der Fakten könnten die Bevölkerung verängstigen. So weiß der stramme AfD-Wähler immer, was er zu denken hat und vor allem, wem er zuzuhören hat. Und war man selbst doch mal zu ehrlich, löscht man den eigenen Beitrag einfach ohne weiteren Verweis*.
Aber man will ja das ganze nicht nur von oben herab gestalten, sondern auch zeigen, dass der gemeine Bürger auch linientreu denkt. Leider sind gerade bei komplexen Themen solche Leute schwer zu finden und da man die eigenen Mitarbeiter auch nicht überlasten will, lässt man sie kurzerhand andere Mitarbeiter interviewen.
Mit den Mitteln über welche die AfD in Regierungsverantwortung verfügen würde, könnte sie sich für jeden ihrer Talkingpoints einfach eine Studie maßschneidern lassen, bei der das Ergebnis schon im Vorfeld festgelegt wird. Beispielsweise bei heiß diskutierten Punkten wie Seenotrettung und Migrantenkriminalität, so dass auch jeder kleine Parteisoldat auf „Die Wissenschaft“ verweisen kann.
Darüber hinaus finanziert die AfD ihr treu ergebene Stiftungen und NGOs. Es wäre der AfD sogar zuzutrauen, dass Meldeportale eingerichtet werden, um abweichende Meinungen zu erfassen.
Hat man dann erst einmal Wissenschaft und Medien auf seiner Seite, sollte es für die AfD ein leichtes sein Oppositionsparteien als „Gefahr für die Demokratie“ zu framen und in die Bedeutungslosigkeit zu treiben. Oder?   Aischa Schluter
 
* Zum Beispiel der Faktencheck „Kein Bürgerkrieg, aber Probleme“ zur Migrantenkriminalität

 

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