Stationen

Dienstag, 9. Februar 2016

Je suis Ilmtaler Asylabwehr

Null
Je suis "Ilmtaler Asylabwehr"!
(Sogar Bruchteile der Presse mokieren sich über die versuchte Zensur von Karnevalswagen, aber das ist wohl auch der Trick und Dreh daran: Man fingiert so etwas wie kritische Öffentlichkeit, und gleichzeitig wird die Meinungsfreiheit immer mehr eingeschränkt – der nächste Umzug dürfte sicherlich frei von anstößigen Motiven sein.)

Eins
Nicht dass er sich gegen die AfD positioniert, sondern wie er es tut, kennzeichnet den Opportunisten.

Zwei
Was ist hier falsch? "Fremdwort Zivilcourage: Alica Trovatello, Tochter des Bläck-Fööss-Gitarristen, wird zusammengeschlagen und niemand greift ein", schlagzeilt die Unterhaltungsmusikzeitschrift Rolling Stone (ich habe keine Ahnung, was "Bläck Fööss" bedeutet, aber es muss in der dortigen Eingeborenenfolklore eine gewichtige Rolle spielen). Der Kölner Express hat den Vorfall tags zuvor bereits auführlich beschrieben: Die 26jährige hatte am Freitagabend Karneval gefeiert und war auf dem Heimweg gegen 2 Uhr nachts am Bahnhof Ehrenfeld ausgestiegen. Dort, berichtet sie, habe sie eine Gruppe Jugendlicher passieren wollen. Einer der jungen Männer habe sich vor ihr aufgebaut und sie "sexistisch auf das Übelste beschimpft". Dann habe er ihr Sachen aus der Hand gerissen und sie ins Gesicht geschlagen. "Im Umkreis waren 20 Leute, ich habe um Hilfe gerufen – doch niemand hat das interessiert." Stattdessen habe sich ein weiterer Mann aus der Gruppe dazugesellt und sie ebenfalls geschlagen. Die junge Frau flüchtete in eine naheliegende Kneipe, deren Wirt sie prompt wieder vor die Tür gesetzt habe. "Er meinte, er wolle keinen Ärger in der Kneipe haben.“ Inzwischen hatten sich die Schläger aber mit einer anderen Gruppe angelegt, schließlich sei die Polizei gekommen. Die Beamten konnten immerhin einen der Täter festnehmen.

Was also ist hier falsch? Hat vielleicht Alica Trovatello etwas falsch gemacht?
Zunächst noch einmal zum Zivilcourage einklagenden Rolling Stone. Dort steht zu lesen, eine Polizeisprecherin habe erklärt, bei dem Mann handle es sich "um einen polizeibekannten 24-jährigen deutschen Staatsbürger". Außerdem: "Von einer Seite erhielten die Angreifer sogar Lob: Pro-NRW-Vize Dominik Roeseler verhöhnt Alica Trovatello auf seiner Facebook-Page. Weil ihr Vater mit den Bläck Föös gegen u.a. Pegida auftrete, habe es 'bei dem Vater die richtige getroffen'."
Können Sie dem zivilcouragierten Gazettlein folgen, das nicht einmal hinreichend Magerstufen-Courage besitzt, um den Gorilla auf der Hollywoodschaukel zu erwähnen?

Klar, das Blatt folgt seinerseits nur Bild, wo exakt dasselbe zu lesen steht: fünf Männer, deutscher Staatsbürger. Anders der Express: "Gegen Yussuf B. (24, Name geändert) liegen laut Polizei bereits über 20 Einträge, darunter schwere Körperverletzung, vor." Nochmals: Was ist falsch?

 Ist es:
a) dass Yussuf B. (Name geändert) nicht schon lange im Gefängnis saß? Oder
b) dass der Express nicht Holger B. (Name geändert) geschrieben hat und dafür eine Rüge des Presserats verdient? Oder
c) dass sich Alica Trovatello nachts allein und ohne züchtige Kopfumhüllung in der Öffentlichkeit herumtreibt? 
Schicken Sie Antwort a) und c) bitte an das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, z.Hd. Gen. Meiko Haas, Mohrenstraße 37, D-10117 Berlin; Antwort b) an den Deutschen Presserat, Fritschestr. 27/28, 10585 Berlin;

Drei
Man liest ja so vieles nicht, aber das ganz besonders gern nicht: "Die Konstruktion des Anderen in der postmigrantischen (sic!) Gesellschaft", heißt der Titel eines Buches der Historikerin Fatima El-Tayeb. Die Autorin nähere sich "den aktuellen Diskussionen um die deutsche Identität durch ihre historische Kontextualisierung und deren Lücken", heißt es im Ankündigungstext, und sie untersuche "die Auswirkungen dieser einseitigen Geschichtsaufarbeitung anhand dreier rassifizierter Gruppen – Schwarze, Roma und Muslime – als 'undeutsch'". – Nochmals Gómez Dávila: "Damit es nicht traurig ist, inmitten einer allzu dummen Meinung zu leben, ist es nützlich, sich jederzeit daran zu erinnern, daß die Dinge offensichtlich das sind, was sie sind, mag die Welt meinen, was sie mag."

Vier
Aber ein Stattdessen: morgens ein paar Goethe-Briefe, abends zwei, drei Gedichte, zum Beispiel altchinesische Lyrik, schon ist man gestärkt (statt informiert), angerührt (statt hysterisiert) und auf der Höhe der Zeit (statt auf dem Laufenden). Sela, Psalmenende. 

PS: Sehr geehrter Herr Klonovsky,
zu Ihrem Eintrag vom 8. Februar 2016 möchte ich Sie auf Folgendes aufmerksam machen:
(...)
Der Begriff „postmigrantisch“ wird seit langem verwendet. Muss ich aus der Tatsache, dass Sie hinter diesen Begriff ein „sic!“ setzen, schließen, dass Ihnen das – ebenfalls - unbekannt ist? Mein Eindruck ist, dass Ihnen dieser Begriff nicht nur unbekannt ist, sondern dass Sie ihn auch missverstehen. Auch wenn Leute wie Sie offensichtlich schon in ihren hermeneutischen und intellektuellen Fähigkeiten von ihren politischen Affekten so beeinträchtigt sind, dass Sie hier Ihrem Wunschdenken auf den Leim zu gehen scheinen, meint der Begriff nicht das Ende von Migration, sondern den Zustand nach der erfolgten Migration, also den Zustand, den Ihre Frau seit langem auf eine sehr erfolgreiche und bewundernswerte Art und Weise erreicht hat. Übrigens: El-Tayeb weist in Ihren Publikationen auch darauf hin, dass als „undeutsch“ heute andere Identitäten diskursiviert werden als etwa in der Zeit vor 1945. Da war „undeutsch“ zeitweilig fast synonym mit „jüdisch“. Das beweist die historische Dimension (nicht nur) der deutschen Identitätspolitik und die besondere Bedeutung, die Formen des (zumal rassifizierenden) Ausschlusses daraus dabei haben; Einsichten, über die Sie sich in Ihrem Post lustig zu machen oder die Sie intellektuell zu überfordern scheinen. Ich gehe fest davon aus (und würde Ihnen dabei ausnahmsweise einmal zustimmen), dass Sie jedem, der das Deutschsein Ihrer Frau, auf jeden Fall aber das Ihrer gemeinsamen Kinder in Frage stellen würde, auf die Nase geben würden.

Den gesunden Menschenverstand gegen die These des Buchs zu beschwören, wie Sie es mit Ihrem Davila-Zitat nahelegen, ist die Rhetorik derjenigen, die keine Argumente haben. Ich konstatiere Ihnen gerne eine gewisse sprachliche Qualität in der Artikulation Ihrer Argumentlosigkeit. Das scheint Ihnen ja sehr wichtig zu sein, wenn man Ihre Anmerkungen unter „Allerlei“ betrachtet. Es ist schön, dass Sie so nach Anerkennung lechzen. Das macht Sie berechenbar. Ich bin sicher: wenn die konservative Revolution (oder von welcher Sie auch immer träumen mögen) ausfällt, wird sich jemand finden, der Ihnen über den Kopf streichelt, Sie in den Arm nimmt und Ihnen tröstend ins Ohr flüstert: „Du hast aber wirklich schön geschrieben!“ Ich bin sicher, dass Sie danach irgendwann Ruhe geben, zumindest solange man es täglich wiederholt.
(...)
Schreiben Sie ruhig weiter. Ihre „15 Minutes of Fame“ sind bestimmt bald vorbei. Wer wird dann Ihre Texte noch für schön befinden?

Mit freundlichen Grüßen
Ein Leser MK am 8. 2. 2016



9. Februar 2016

"Was diese KonstruktivistInnen alles zusammenkonstruieren", schreibt Leser ***, auf den Brief vom Vorabend Bezug nehmend. "Ich bin in Deutschland geboren, aber sicher kein Deutscher. Wie könnte ich? Warum sollte ich? Und das muss, weil überhaupt kein Problem, auch nicht besonders 'diskursiviert' werden..."

Nein, geehrter Herr ***, das muss es in Ihrem Fall nicht, dergleichen intellektuelle Turnübungen werden ausschließlich für jene ethnischen Gruppen veranstaltet, deren Angehörigen der gesellschaftliche Aufstieg signifikant häufig versagt bleibt. Was stets weniger an den besagten Gruppen, ihren Sitten, Bräuchen oder, hui!, Genen liegt, sondern weit mehr an den weißen Aufnahmegesellschaften. Also Ostasiaten bleiben einstweilen von der Unterstellung verschont, ihre Fremdheit sei von den deutschen Lantenzrassisten "konstruiert", weil sie aus eigener Kraft aufsteigen und keine intellektuellen Fürsprecher benötigen. Für Letztere ist das Spiel recht simpel: Sie können sich als Tugendhelden aufführen, wenn sie Partei ergreifen für die Diskriminierten bzw. Sich-diskriminiert-Fühlenden dieser Erde, dem je angesagten linken Theoriedesign sich anschmiegend, und zugleich lassen sie sich via Staatsknete von ihren latenzrassistischen Landsleuten alimentieren, denn in der rauhen Luft der Marktwirtschaft wären diese Tanten beiderlei konstruierten Geschlechts ja nicht besonders überlebensfähig.

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