Es bietet sich dieser Tage allen halbwegs wachen Zeitgenossen die Gelegenheit, die ‚Zwölf Jahre’ endlich einmal erschöpfend richtig zu begreifen. Wer seine Eltern oder Großeltern nicht mehr fragen kann, warum sie damals alle brav den rechten Arm hoben, der frage jetzt seinen Nachbarn, warum er den Händedruck verweigert, der frage die Kirchenchorleiterin, warum sie die eigenen Kinder nur noch mit Maske ins Elternhaus lässt, der frage den Vereinsmusiker, warum er einen Netzstrumpf über das Blasinstrument stülpt, der frage den Pfarrer, warum er die Maske zur Predigt absetzt, jedoch zum Gesang, nachdem er sich allein in die hinterste Ecke des Chores zurückgezogen hat, wieder aufsetzt, der frage die Steuerberaterin, warum sie nichts dabei findet, am vorgeblich schönsten Tag ihres Lebens mit einem Stofffetzen (mit seidener Spitze!) im Gesicht vor den Altar zu treten, der frage schließlich alle diese Leute in zwanzig Jahren, wenn der ‚Konsens’ ihres bräsigen Milieus ein anderer sein wird, ob man das denn nicht schon seinerzeit habe wissen können, stelle sich aber schon einmal auf herabfallende Mundwinkel, versteinernde Mienen und selbstgerechte Empörung ein.
Dienstag, 29. Juni 2021
Deutscher Mitmacheifer live
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