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Samstag, 12. Juni 2021

Mutig und stringent

Nach Norbert Hofers überrschendem Rücktritt hat er, den viele als geheimen Kopf hinter dem Parteierfolg bezeichnen, selbst das Steuer übernommen. In diesen wenigen Tagen zeigte Herbert Kickl bereits eine großartiges Musterbeispiel für die Einstellung zum rechten Vorfeld und das Verhalten gegenüber linken Journalisten. Jeder FPÖ- und  AfD-Politiker sollte sich das zum Vorbild nehmen.

Was ich von Herbert Kickl halte, dürfe klar sein. Seit ich die Entwicklung der FPÖ konstruktiv-kritisch begleite, war er immer das Lehrbuchbeispiel des idealen Politikers. Bisher hat Kickl diese hohe Wertschätzung nie enttäuscht. Sei es sein mutiger Auftritt am Kongreß „Verteidiger Europas“, oder seine klare Haltung am Höhepunkt der „Identitärenverfolgung“ in Österreich - seine Linie war stets mutig und stringent.

Es zeichnet ihn aus, daß er dabei auch nie übertrieb oder sich zu großspurigen Äußerungen und Versprechungen verleiten ließ, die er später nicht einhalten und von denen er nachher abrücken mußte. Wie ich in einer Analyse seiner Politik und Persönlichkeit im Jahr 2019 vermutete, ist Kickls Kommunikation stets kontrolliert, strategisch und folgt einem langfristigen Plan. Wir wollen nun seine Reaktion auf den „IB-Keil“ analysieren, der von der linken Presse sofort nach Kickls Amtsantritt angelegt wurde.

Als eine der ersten Fragen konfrontierte man ihn mit dem ominösen „Unvereinbarkeitsbeschluß“ gegen die Identitäre Bewegung. Dieser Beschluß hat wenig inhaltliche Substanz, sondern war vor allem eine symbolische Abgrenzung gegen die IB in der Hochzeit der Repression. Als seine Väter können Strache, Hofer und Haimbuchner gelten. Letzterer befolgte ihn gerade in Oberösterreich konsequent und ließ Berichten zufolge sogar kontrollieren, was einzelne FPÖ-Mitglieder auf Facebook anklickten.

Konkret läßt der Beschluß einen großen Interpretationspielraum. Man kann ihn als emphatische inhaltlich und moralisch aufgeladene Distanzierung verstehen, die bis ins kleinste gegen jeden Sympathisanten der IB vollstreckt werden muß. Oder man kann ihn als nüchterne und sachliche Trennung zwischen zwei Organisationen verstehen, die nichts über weltanschauliche Gemeinsamkeiten oder Diskrepanzen aussagt.
Kickl tat Dienstagfrüh im ORF-Report genau das, indem er den Beschluss als eine" technische Notwendigkeit“ bezeichnete.
Anders als Hofer, der bei solchen Gelegenheiten sofort eilfertig seine tiefempfundene Abneigung gegen die IB im allgemeinen und mich im besonderen zur Schau stellte, lobte Kickl im selben Atemzug, die „patriotische Gesinnung“ und den vorpolitischen Aktivismus.

Dennoch lautete die erste Schlagzeile: „FPÖ-Beschluss zu Abgrenzung von Identitären bleibt“, was bereits zu erstem Unmut im idealistisch-rechtsaktiven Lager führte. Ich war davon kaum irritiert und äußerte mich dazu erstmal gar nicht, da ich vermutete, daß Kickls Kommunikation einem Plan folgte. Ich wurde nicht enttäuscht.

Als ersten Akt seiner Obmannschaft den Beschluß vor den sensationslüsternen Augen der Presse aufzuheben, wäre taktisch äußerst unklug. Es hätte Kickl in der Auseinandersetzung mit den instabileren Teilen der Partei geschwächt. Es hätte sogar jene Protest- und Spaltungswelle entfachen können, welche die Presse jetzt herbeischreiben will.

Die Partei braucht nun aber vor allem Stabilität. Der „IB-Keil“, den die linken Medien 2019 mit williger Billligung der ÖVP in die schwarzblaue Koalition getrieben haben, sollte nun die FPÖ selbst in zwei Lager spalten. In seiner ersten Reaktion wirkte der neue Obmann hier beruhigend und stabilisierend, auch wenn es vermutlich nicht die Antwort war, die sich viele im Vorfeld wünschten. Dennoch wurde ein großer Fokus auf die „IB-Frage“ und damit die Spaltungstaktik der Presse erst einmal vereitelt.

Am nächsten Tag, als mit OE24 und Puls4 zwei weitere Sender auf den Zug aufsprangen und den „IB-Keil“ ansetzten, überraschte Kickl wiederum viele, als er sagte:

„Die Identitären sind für mich so etwas wie eine NGO von rechts. So eine echte NGO die diesen Namen auch verdient, weil sie nämlich kein Geld vom Staat bekommt. Ich halte das zum Beispiel für ein interessantes und unterstützenswertes Projekt, so wie das in der Vergangenheit der Fall gewesen ist, wenn hier eine Gruppe auftritt und sich gegen die Wahnsinnigkeiten des UN-Migrationspaktes ausspricht. Da gibt es ja eine inhaltliche Überschneidung – ja warum denn nicht?“

Auf die Frage ob er sich vom „rechten Rand abgrenzen“ würde, tat er das einzig Sinnvolle und attackierte die Prämissen dieses Verhörs. „Was ist der rechte Rand?“, hielt er dem Befrager entgegen und bestärkte erneut seinen Standpunkt: rechter Aktivismus und rechte NGOs sind völlig legitime Bestandteile einer demokratischen Gesellschaft. Wenn sie kriminalisiert und dämonisiert werden, schafft sich die Demokratie selbst ab und entlarvt sich als von linken Kräften gesteuerte Simulation.

Die neue Schlagzeile „Identitäre für Kickl unterstützenswert“, sorgte für Begeisterungsstürme im idealistischen Kern des rechten Lagers. Die „vermittelnden Instanzen“ in die bürgerlich-liberale "Mitte", welche für die FPÖ in den Talkshows der Mainstreams die Prügelknaben geben, können sich aber immer noch gegen die linke Entrüstungswelle auf Kickls Aussage vom 8.6. und den „bestehenden Beschluss“ beziehen. Damit ist die Grundlage des Verhältnisses von Partei und Bewegung geklärt: „unterstützenswert aber außerhalb“ ist eine stabile Haltung, mit der man bei gegenseitigem Respekt getrennte Wege in eine gemeinsame Richtung gehen kann.

Ebenso wie „Greenpeace“ und „Die Grünen“ logischerweise unterschiedliche Struktur und eine sachliche Trennung aufweisen, können sie für gemeinsame Ziele arbeiten. Die teils radikalen Aktionen von "Greenpeace" unterschieden sie auch von der Grünen Parteijugend und machen eine direkte Zusammengehörigkeit untunlich und schädlich. Trotz der Ähnlichkeiten und Überschneidungen fiele aber keinem Mainstreamjournalisten ein, die Grünen zu einer Rechtfertigung zu nötigen, wenn „Greenpeace“ wieder einmal ein Banner auf einem Gebäude hißt, Hektoliter an Farbe auf eine Kreuzung gießt oder hunderte Autoschlüssel „entwendet“.

Der Grund dafür ist klar: linke oder umweltpolitische NGOs passen in die Agenda der globalen Eliten, rechte NGOs und patriotischer Aktivismus nicht. Diesen Doppelstandard, der ein wichtiges Beweismittel für die Abschaffung der Demokratie ist, gilt es vonseiten rechter Politiker anzusprechen, wenn sie zu einer „Distanzierung“ genötigt werden. Kickl gibt in seinen Antworten, die jeder Jung-, vor allem aber die Altpolitiker in der AfD auswendig lernen sollte, die richtige Technik vor.

Ich taufe sie hiermit den „Kicklschen Dreischritt“: Nach einem nüchternern Verweis auf eine sachliche Trennung (1), eine Betonung der gemeinsamen Werte und ein Anerkennung der vorpolitischen Arbeit an sich (2), um im selben Atemzug zur Attacke gegen die Heuchelei und den undemokratischen Doppelstandard anzusetzen (3). Diese simplen drei Schritte sind von jedem, der in der rechten Politik etwas darstellen will zu verinnerlichen.

Identitärer Aktivismus liegt somit selbstverständlich nicht im Verantwortungsbereich der FPÖ, auch wenn sie sich zu ungerechtfertigter Repression äußern kann und muß. Daß eine Person während und solange sie Sprecher oder offizieller Leiter einer NGO ist, nicht gleichzeitig ein Amt in der Partei bekleiden kann, versteht sich von selbst.

Auch von unserer Seite gibt es hier einen Konsens. Wir wollen als Aktivisten frei bleiben und dazu gehört auch die Möglichkeit, die Partei zu kritisieren, wenn das angebracht ist. Diese impliziert aber keine moralische Ächtung oder inhaltliche Ablehnung der Werte unserer "patriotischen NGO". Wenn Personen ihre Amtszeit als Vertreter derselben beendet haben, sollte ihnen hingegen auch ein Parteiamt offen stehen, wie das auch bei "Greenpeace" und den "Grünen" der Fall ist .

Ebenso ist jede andere Art von Unterstützung, wie Teilnahme an Demos, öffentliches Lob, Spenden oder Einladungen zu Veranstaltungen, natürlich nicht als Verstoß gegen diesen Beschluß zu verstehen. Eine Revision und Klarstellung in diese Richtung wird in den nächsten Jahren wohl noch erfolgen.

Wenn Kickl diese einfache Linie hält, und beharrlich den "Dreischritt" weitergeht, wovon ich ausgehe, wird der „IB-Keil“ mit jeder Thematisierung und jedem Ansatzversuch abstumpfen, bis er am Ende wirkungslos ist. Kickl hätte damit auch den von Hofer und Co. ersehnten Zustand erreicht, nämlich, daß man als FPÖ-Politiker nicht mehr ständig mit dem IB-Keil konfrontiert wird.

Das taten die Journalisten bisher vor allem, weil diese Technik beim "Typus Hofer" perfekt funktionierte und jedesmal Unruhe und Spaltung in die freiheitlichen Reihen brachte. Wie bitter nötig es ist, den „Kicklschen Dreischritt“ im Umgang mit dem „IB-Keil“ der Presse zu erlernen, zeigt auch ein neues Presseerzeugnis gegen die AfD, in dem Meuthen sich wie ein ertappter Schulbub verhören läßt.

Unter Kickl dürfte es so etwas nicht mehr geben und das ist gut so! Er hat es die letzten Tage vorgemacht, der Rest muß es ihm nur gleichtun.   Martin Sellner

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