Stationen

Montag, 7. Juni 2021

Subspecies Hominum sapientium sativorum

 "Wenn die Völker einander besser kennen würden, würden sie einander auch mehr hassen." Ennio Flaiano


In China entstanden um die Wende zum 20. Jahrhundert utopische Rassenmischungsvorstellungen, die an heutige progressistische Phantasien von einer einheitlichen globalen Mischethnie erinnern. Der Revolutionär Kang Yowei wollte die gelbe und weiße Rasse vereinen, um eine global dominante Elite zu züchten. „Die Stärke der Weißen ist ohne Frage gewaltig und in ihrer Art unerreicht; auf der anderen Seite aber sind die Gelben zahlreicher und ihnen an Weisheit überlegen”, postulierte er. Nur „die Braunen und die Schwarzen” seien „himmelweit verschieden” und ließen sich „schwer amalgamieren”.

Das maoistische China entsandte in den 1970er und 80er Jahren 250.000 Vertragsarbeiter nach Tansania und Sambia, um die schwarzen Völker im Kampf gegen den weißen Kolonialismus zu unterstützen, speziell beim Bau der Tan-Sam-Eisenbahn. Die Gastarbeiter mieden alle persönlichen Kontakte zu den Einheimischen, schlossen weder Freund- noch Liebschaften, und als sie abzogen, ließen sie keine Nachkommen dort zurück. War das nun einfacher, sozusagen Holzklasse-Rassismus, oder struktureller? – und wenn ja, seitens der Asiaten oder der Schwarzen?

Umgekehrt verließen fast alle Afrikaner, die Anfang der 1960er Jahre zum Studium nach China gegangen waren, das Land rasch wieder. Chinesinnen, die sich mit Afrikanern angefreundet hatten, erhielten ausnahmsweise die Erlaubnis, mit ihnen zu gehen. „Binnen Jahresfrist kehrte ein Teil der ausgewanderten Bräute nach China zurück und beklagte sich öffentlich darüber, daß das afrikanische Essen ungenießbar sei. Zudem habe sich in Afrika herausgestellt, daß die Ehegatten jeweils schon mehrere Frauen hatten”, schreibt Frank Böckelmann in seinem Buch „Die Gelben, die Schwarzen, die Weißen” (Erstausgabe 1998 in Enzensbergers „Anderer Bibliothek”). Antiasiatischer oder antischwarzer Rassismus?
In Japan kam nach 1945 eine sechsstellige Zahl von Kindern zur Welt, deren Väter amerikanische Besatzungssoldaten waren, und viele davon hatten naturgemäß schwarze Väter. Die Mütter solcher Mischlinge setzten die Kinder entweder einfach aus, versuchten, sie irgendwo abzugeben – oder sie wurden aus dem Land getrieben; von Letzteren emigrierten viele nach Brasilien. Ein Teil der Mischlingskinder wurde von amerikanischen oder europäischen Familien adoptiert. Kein einziges Kind fand japanische Adoptiveltern. Ein halbes Jahrhundert später führte Böckelmann für sein erwähntes Buch, dem ich dieses düstere Faktum entnahm, zahlreiche Interviews mit in Deutschland lebenden Asiaten. Seine Gesprächspartner, erfuhr er, empfänden den Eintritt eines Schwarzen in eine japanische Familie wahlweise als Katastrophe oder als Schande. Sie würde „weinen bis zum Tod, wenn ihre Tochter mit einem Neger nach Hause käme”, gab eine der befragten Frauen zu Protokoll. Böckelmann zitiert einen japanischen Anthropologen mit den Worten: „Humanismus ist eine Sache, der physiologische Widerwille vor bestimmten Menschen eine andere.”

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