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Sonntag, 15. Januar 2023

Der "letzte" Medici

 

Der spinnt auch. Erstens ist er nicht der letzte, denn anders als er und sein Bruder, sind die Familienmitglieder des neapolitanischen Asts der Familie nicht kinderlos (es gibt sogar eine Medici dieses Zweiges, die im Chianti ein Restaurant hat). Und zweitens stammt dieser aufgeplusterte, in Barcelona lebende Medici nicht von den Medici ab, die Florenz groß gemacht haben, denn dieser Zweig ist Anfang des 18. Jhs. ausgestorben. Das weiß in Florenz jedes Kind. Drittens sind die Behauptungen dieses Hochstaplers, der die Flunkerei zum Geschäftsmodell gemacht hat, völlig unhaltbar, weil in Florenz an allen Ecken und Enden dankbar den Medici gehuldigt wird. Das war sogar so, als dort noch die Kommunisten großen Einfluss hatten! Die Familie Frescobaldi, die in Florenz bereits seit 400 Jahren Ansehen genoss, als die Medici ihren Aufstieg gerade begannen, und heute immer noch die angesehenste Familie der Stadt ist, arbeitete in den 80er Jahren sogar mit den Kommunisten zusammen, weil diese damals die einzigen waren, die sich um den Erhalt des architektonischen und künstlerischen Erbes von Florenz bemühten. Die Medici sind in Florenz in einem Maße präsent, der es jedem, der dort lebt, unmöglich ist, sich nicht irgendwann mit ihnen zu befassen. Wahr ist, dass man sich außerhalb Italiens nicht bewusst ist, in wie hohem Maße Florenz als eine der Wiegen - neben Athen, Jerusalem und Rom - der europäischen Kultur gelten muss.

Sehr bedauerlich, dass MERIAN die zirzensischen Schwindeleien dieses Schwätzers mitmacht bzw. dass diese einst recht seriöse Zeitschrift auf ihn reinfällt. Die Unseriösität des Artikels ist auch daran zu erkennen, dass ein Bild so beschriftet wird, als zeige es den berühmten Giovanni de' Medici, der als Leo X. Papst wurde. In Wirklichkeit handelt es sich bei der Abbildung um den Heerführer Giovanni dalle Bande Nere.

Wer sich für die Geschichte dieser Familie interessiert, der ganz Europa unschätzbar viel verdankt, der lese das Buch von George Frederick Young. Es gilt nach über 100 Jahren auch unter den florentinischen Historikern immer noch als unübertroffener Klassiker und bester Einstieg in die Materie. In Deutschland ist es nur im Antiquariat zu finden. Für wenig Geld, woran ersichtlich ist, wie wenig man sich in Deutschland für Geschichte interessiert. Leopold Rankes Bücher bekommt man ja auch zu Spottpreisen. Dasselbe gilt für Bismarck-Biografien. Baerbock und Roth suhlen sich in einer Höhlung, die während Jahrzehnten entstand, in denen sich dort jeder ostentativ wälzte, der sonst nichts zeigen kann.

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