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Mittwoch, 1. November 2023

Was für eine Farce

Scholl-Latour war der einzige im deutschsprachigen Raum, der bei dem verlogenen, heuchlerischen Geschwafel, das auf beiden Seiten dieses Konflikts herrscht, normalerweise eigentlich nicht mitmachte. Aber die Mauer, mit der Israel sich vor Terroristen schützt mit der Mauer zu vergleichen, mit der die DDR ihre eigenen Bürger einsperrte, disqualifiziert auch ihn. 2011 im Advent hörte ich zum ersten Mal in einer Direktübertragung aus Bethlehem, wie ein Palästinensischer Araber gegenüber dem Deutschlandfunkjournalisten die israelische Schutzmauer mit der Berliner Mauer verglich und war entsetzt, dass der Journalist ihm nicht die Ohren lang zog. Dass Scholl-Latour sich ähnlich äußerte, finde ich noch schlimmer, denn er fügte auch noch hinzu, 2 Millionen Palästinenser seien eingesperrt, um zu erläutern, weshalb Israel einen enormen Prestigeverlust erleide...

Hierzu ist zu sagen, dass ein Blick auf die Landkarte genügt, um festzustellen, dass Gaza nicht nur an Israel grenzt, sondern auch an Ägypten und ans Meer. Da Gaza seit langem enorme Summen von Geldern erhält, hätte es längst einen Schiffsverkehr damit etablieren können, um nicht "eingesperrt" zu sein. Außerdem könnten die Palästinenser Gaza verlassen, wenn Ägypten sie einreisen ließe. Warum wird dann aber immer Israel dafür verantwortlich gemacht, dass die Gazaner "eingesperrt sind", Ägypten, das nicht ständig mit in Gaza gebastelten Raketen beschossen wird, aber nicht?? Noch erstaunlicher war Scholl-Latours Äußerung, die Hamas sei demokratisch gewählt. Meines Wissens kam die Hamas 2007 durch einen Putsch an die Macht, nachdem sie Jahre zuvor 40% der Stimmen bekommen hatte, aber 6 Jahre später ist Scholl-Latour nicht darüber im Bilde. Er war ein sehr luzider Greis, der ein Jahr später starb. Aber immer wenn er über Khomeini und andere islamische Protagonisten sprach, machte er merkwürdig zweideutige oder, wie in diesem Fall, unverständliche Bemerkungen.

Der Gipfel der Eselei ist jedoch Scholl-Latours Behauptung, der Asymmetrische Krieg sei das, was man früher Guerilla nannte. Nein, Asymmetrischer Krieg ist ein abwegiger Begriff für Schlamper, in den alles hineingeworfen wird, was nicht "konventioneller Krieg oder Atomkrieg ist. Ausschlaggebend ist, dass wir uns in der Ära der Sabotage befinden. Im Dschungel gibt es Sabotage eigentlich nicht. Aber die Palästinenser beweisen seit Jahrzehnten, dass die Erzeugung von Chaos Voraussetzungen für Erpressung schafft, wenn wir in einer technologisch erschlossenen Umgebung leben: Flugzeugentführungen, Terroranschläge, Raketenhagel, Selbstmordattentäter... und immer mit der Aura des Schwächeren (obwohl man gerade als Saboteur am längeren Hebel sitzt. Mit der Guerilla hat die Hamas nur gemeinsam, dass sie sich (und die Artillerie!) hinter der Zivilbevölkerung versteckt (etwas, was kein Heer kann). Hiermit hat Scholl-Latour möglicherweise (aber nicht unbedingt) Erfahrungen gemacht im Indochinakrieg. Aber er spricht nicht darüber! Es kommt zwangsläufig zu Massakern, wenn sich Guerilleros "im Volk wie ein Fisch im Wasser" bewegen. War er dabei? Hat er nur davon gehört? Die Frage ist hier nicht interessant. Scholl-Latour hat, kurz gesagt, Guerilla mit Sabotage verwechselt, auf eine Weise, die nach Aufschneiderei riecht.

Dass Scholl-Latour in diese Einer-gegen-Alle-Position hineingelockt wurde und dann noch bei einem Tanz um das Goldige Weib eben diesem gegenübergesetzt wurde, ist selbstverständlich eine Gemeinheit, steht aber auf einem anderen Blatt. De Lorenzo hätte es sich sparen können, hervorzuheben, Scholl-Latour habe ja seinen Standpunkt klar darlegen können, fair ist es nicht, jemanden in so einer exponierten Aufstellung zum Darlegen aufzufordern und dann noch offenbar unangekündigt, also ohne ihm die Möglichkeit gegeben zu haben, sich vorzubereiten. Mit sachlicher Debatte hat das nichts zu tun, schon gar nicht, wenn eine junge, unerfahrenen Frau den erfahrenen Mann unterbrechen und zur Rede stellen darf und mit Pathos Bilder heraufbeschwört, statt zu argumentieren. Was uns mit Luisa Neubauer heute ständig zugemutet wird, wurde vor 10 Jahren zum ersten Mal in dieser Sendung ausprobiert. Pfui Deibel. Aber faire Debatte hat es seit Bestehen des Fernsehens in D nie gegeben. Man kann ja noch froh sein, dass Scholl-Latour im Alter häufig eingeladen wurde!! Denn vor 50 Jahren geschah dies äußerst selten.

Vor der unausweichlichen Konsequenz schreckte auch er zurück: dass nur der Stärkere gewinnen kann und dass die Muslime nur deshalb eine so große Klappe haben, weil sie auf riesigen Mengen Erdöl sitzen, das der nach dem 2.WK zahm gewordene bzw. erschöpfte Westen ihnen nicht wegnahm, weil ihm der Kolonialismus mittlerweile Gewissensbisse bereitete; wobei die Gründung Israels - ausgerechnet kurz bevor sich die Europäer aus ihren Kolonien zurückzogen - seitens, aus eben diesem Europa herbeiströmender, jüdischer Kolonisten natürlich ein besonderer Affront für die Araber Palästinas sein musste, die dadurch auch noch zur Minderheit im eigenen Land wurden, das ihnen zwar noch nie gehört hatte, wo sie aber wenigstens die Mehrheit gewesen waren. Die gebildetsten Araber sind, dank Israel, heute aber die palästinensischen.

Es sieht nicht gut für Israel aus. Die USA verließen Afghanistan fluchtartig. In der Ukraine werden sie dasselbe tun. Schon in Vietnam haben sie außer dem Ruin des eigenen Rufs nichts erreicht. Wenn der antisemitische Groll, der sich in den USA angestaut hat, noch mehr anschwillt, was nicht auszuschließen ist, da der Wokeismus immer hemmungsloser wird, dann könnten die USA auch Israel sich selbst überlassen.

Erst wenn die Afrikaner die Europäer bitten, Afrika wieder zu kolonisieren, wird auch Israel in einem anderen Licht gesehen werden; falls es dann noch existiert.

 




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