Stationen

Mittwoch, 8. November 2023

Zärtliche Entschlossenheit

 

 
Vor einiger Zeit habe ich mit einem Deutschtürken unterhalten. Junger Typ, 3. Generation. Sagt er zu mir: "Im Herzen fühle ich mich nicht als Deutscher, sondern als Türke." Und das hat mich gewundert, weil er hier geboren ist, akzentfrei deutsch spricht, gebildet ist und einen guten Job hat. Ich habe ihn gefragt: „Warum fühlst Du dich nicht als Deutscher?“ Da sagt er zu mir: „Ihr Deutschen redet ständig von Integration. Aber in was genau sollen sich die Menschen denn hier integrieren? In ein Land, das sich eigentlich selbst nicht leiden kann? In eine Gesellschaft, die jede Form von Patriotismus sofort mit Nationalismus gleichsetzt?
Ein Land, das seine Identität aus einem tief verwurzelten Schuldkomplex zieht, ist nicht sexy. Wenn ihr Deutschen noch nicht einmal selbst stolz auf Eure Errungenschaften seid, wie könnt ihr dann hoffen, dass es Einwanderer sein wollen?“   (Vince Ebert)


Ich selber bin noch in Polen geboren, mit 5 Jahren kam ich nach Deutschland und lebte dort 23 Jahre. Kindergarten, Grundschule, Gymnasium, Universität...ich habe die deutsche Staatsangehörigkeit (auch die polnische), und sollte in Zukunft Rechtsanwalt werden. Doch nach dem 1. Staatsexamen bin ich zurückgegangen, nach Polen, und lebe nun seit 2013 in Warschau. Oft wird mir die Frage gestellt, wieso ich zurück nach Polen gegangen bin, nach so vielen Jahren. Die Antwort war nicht so einfach, insbesondere, da ich gerne über mich sage, dass mein polnisches Herz das Blut ins deutsche Hirn pumpt. Ich hatte nun genügend Zeit um mir auch darüber genauer Gedanken zu machen. Letzten Endes ist es so ähnlich, wie mit dem Deutschtürken: Deutschland konnte mir das Gefühl der Zugehörigkeit überhaupt nicht vermitteln. Es gab keinen Grund, warum ich mich "Deutsch" fühlen sollte. Alles war herzlos, ohne Stolz und Zusammenhalt. Das heißt nicht, dass ich Deutschland nicht dankbar bin. In Polen hätte ich solche Möglichkeiten nicht gehabt. Doch es kam irgendwann die Zeit, da möchte man etwas mehr vom Leben und wenn man bedenkt, dass Vaterlandsliebe und soziale Zugehörigkeit Dynamik entwickelt, dann wurde ich in Deutschland "ausgeschaltet". Das ist in meinen Augen nichts positives. Dieser Schuldkomplex ist extrem anstrengend und verursacht mehr Schaden, als sich die deutsche Gesellschaft und Politiker überhaupt vorstellen können. 
    (ein halbwegs deutscher Pole)
 
 

Das Angenehmste an David P. Goldman ist, dass er nicht judäozentrisch ist.

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