Michael Tsokos ist Deutschlands bekanntester Rechtsmediziner. Er schrieb Bestseller,
hat Hunderttausende Follower in den sozialen Medien und produzierte
Dokumentarfilme über Rechtsmedizin, etwa mit dem Schauspieler Jan Josef Liefers.
Seit 2007 leitete Tsokos unter anderem die Rechtsmedizin der Berliner
Charité, Ende 2023 gab er diese Funktion auf. Die Berliner Zeitung
sprach mit ihm über die Überlegung in Ungarn zu lehren, über die Corona-Politik,
Leichen, denen die Gesichter wegfließen, über Ritter Kahlbutz und den
mysteriösen Tod von Whitney Houston und Kurt Cobain.
Herr Professor Tsokos, Sie haben schon etliche Interviews gegeben. Welche Frage hängt Ihnen zum Hals raus?
Eigentlich
keine. Aber wenn ein Gesprächspartner davon ausgeht, dass ich Pathologe
bin, dann könnte ich eigentlich schon das Gespräch abbrechen. Rechtsmedizin und Pathologie sind zwei völlig unterschiedliche Facharztausbildungen.
Wann haben Sie Ihren ersten Toten gesehen?
Im
Winter 1978, da war ich elf Jahre alt. Bei der Schneekatastrophe in
Schleswig-Holstein kam ein älterer Herr auf mich und meine Mutter zu,
fasste sich an die Brust und fiel um. Meine Mutter war Ärztin und hat
versucht, ihn zu reanimieren. Das war sehr eindrucksvoll.
Warum sind Sie nicht Hausarzt geworden oder ein anderer Facharzt, um den Lebenden zu helfen?
Ich
helfe ja den Lebenden. Rechtsmediziner machen auf viele Erkenntnisse
aufmerksam. Ob das bei Verkehrsunfall-Untersuchungen ist oder es darum
geht, keine Kordeln mehr an Kapuzen zu machen, weil sich Kinder an
Klettergerüsten erhängen könnten. Ich habe wie alle anderen unter der
Prämisse das Studium gestartet: Ich möchte Menschen helfen. Damals hätte
ich mir Chirurgie gut vorstellen können, bin dann aber in der Vorlesung
Rechtsmedizin regelrecht geflasht gewesen und dachte: Wow, wie spannend
ist das denn! Das hat mich dann nicht mehr losgelassen.
Sie waren damals bei der Bundeswehr und auch gar nicht so gut in der
Schule. Durch einen Medizinertest kamen Sie an das Studium. War das ein
glücklicher Zufall, oder sind Sie superintelligent?
Mit
Sicherheit war es ein guter Tag für mich, und es griff alles ineinander.
Man muss räumliches Vorstellungsvermögen haben, eine gute
Kombinationsgabe, man muss ein gutes Gedächtnis haben, um sich
Zahlenfolgen zu merken. Irgendwie hat an dem Tag alles gepasst. Und ich
glaube auch, der entscheidende Grund dafür war, dass ich da völlig ohne
Druck rein bin. Weil ich eigentlich gar nicht Medizin studieren, sondern
nur zwei Tage freihaben wollte von der Bundeswehr, um bei meiner
Freundin in Kiel zu sein. Ich habe später im Leben auch gemerkt: Wenn
man ohne Druck an etwas rangeht, wird’s viel besser, als wenn man sich
im Vorfeld völlig verrückt macht.
Heißt das nicht im Grunde, dass die Zugangsvoraussetzungen zum Medizinstudium falsch sind?
Ja,
total. Ich habe mein Abi mit 3 gemacht. Ich war ein unmotivierter und
fauler Schüler – was aber an den Lehrern lag. Der Stoff war spannend,
aber das waren verstaubte Siebziger-Jahre-Lehrer.
Im Prinzip kommt man heute nur noch ans Medizinstudium, wenn man einen Abi-Durchschnitt von 0,9 oder 1,0 hat.
Das
ist völlig bescheuert. Deshalb studieren ja auch fast nur noch Mädchen
Medizin, weil die ein viel besseres Abi machen. Mädchen sind fleißiger,
haben bessere Noten. Aber ich sehe an mir, dass die Schulnote nicht
unbedingt ausschlaggebend ist, ob man ein guter Mediziner wird. Ich kann
Ihnen aber auch nicht sagen, wie man das machen soll. Auch in
Auswahlgesprächen findet man die Eignung nicht heraus. Ich hatte 1986
ein Auswahlgespräch bei der Freien Universität Berlin, da bin ich
krachend gescheitert.
Die haben gesagt: „Sie werden nie ein guter
Mediziner, Sie sind völlig ungeeignet.“ Da saßen Professoren, die
Fragen stellten. Und irgendein anderer, der Hertha-Fan war, hat seinen
Studienplatz gekriegt, weil er mit dem richtigen Trikot reinkam. Am Ende
des Tages findet man tatsächlich erst nach dem Studium heraus, ob die
Leute gute Ärzte werden.
Sie leiteten seit 2007
das Institut für Rechtsmedizin der Charité. Ende Dezember des
vergangenen Jahres haben Sie aufgehört. Was ist passiert?
Es
gibt mehrere Gründe. Ich bin der Meinung, Medizin darf nie politisch
sein, und das ist leider bei der Charité in den letzten Jahren zunehmend
der Fall. Sie ist in meinen Augen eine in vielerlei Hinsicht politische
Institution geworden, die den Strömungen des Zeitgeistes für meinen
Geschmack etwas zu sehr folgt. Aber das ist nicht meine Auffassung von
unabhängiger Hochschulmedizin. Ich habe nicht eine akademische Laufbahn
als Hochschullehrer eingeschlagen, um im Gleichschritt zu marschieren.
Aber da gibt es noch viel mehr Gründe, die mich bewogen haben,
schließlich unter das Kapitel Charité einen Schlussstrich zu ziehen.
Was sind die anderen Gründe?
Gerade
in der Corona-Zeit hat insbesondere das Dozent-Studenten-Verhältnis
gelitten. Es wurde uns schon vorher immer mehr Lehrzeit weggenommen. Ich
habe die universitäre Laufbahn eingeschlagen, weil es mir Spaß machte,
Wissen zu vermitteln und die Leute mitzunehmen. Das ist meine Auffassung
von Hochschullehrer-Sein. Aber leider ist in den 17 Jahren, die ich an
der Charité war, der Gedanke einer vernünftigen studentischen
Ausbildung, zumindest was die Rechtsmedizin betrifft – für die anderen
Fächer kann ich das nicht beurteilen – fast bis zur Unkenntnis
verkommen.
Ist es nicht andernorts auch so?
Ich
war Anfang des letzten Jahres an die Universität Pécs in Ungarn
eingeladen und habe da gesehen, wie intensiv das Verhältnis zwischen
Dozenten und Studenten sein kann: in kleinen Lerngruppen gemeinsam Dinge
erarbeiten. So etwas gibt es hier nicht. Die Charité ist nur noch ein
anonymer Großbetrieb, der leider auch sehr fiskal gesteuert ist – und
Sie können eine Rechtsmedizin nicht wie ein Profit-Center führen.
Ich
habe in den letzten Jahren zunehmend darunter gelitten, dass die Lehre
immer weiter beschnitten wurde. Als ich 2007 an die Charité kam, hatte
ich zwölf Vorlesungen im Semester à 90 Minuten zu zwölf verschiedenen
rechtsmedizinischen Themen. Irgendwann wurde das Studium reformiert, es
gab einen Modellstudiengang. Der Rechtsmedizin sind unheimlich viele
Stunden weggenommen worden. Am Ende hatte ich nur noch drei Vorlesungen
im Semester, aber immer wieder zu demselben Thema.
Wie ändern Sie das für sich?
Ich bin tatsächlich am Überlegen, mit der Universität Pécs. Die sind nach wie vor an mir interessiert. Aber Sie
kommen aus Berlin nicht vernünftig nach Ungarn, weil es keine
Direktflüge gibt, was unglaublich ist. Was auch noch hinzukam: Im
letzten Jahr sind meine Eltern gestorben. Das war ein einschneidendes
Erlebnis, und ich wollte auch an meinem Leben etwas ändern. Ich war an
einem Punkt, wo ich daran dachte, in vielerlei Hinsicht noch mal neu
anzufangen und Sachen hinter mir zu lassen, mich von einem Job zu
trennen, der mich nur runterzieht. Ich möchte Bücher schreiben, wieder
mehr Vorträge halten, mehr Zeit für die Familie haben. Und ich habe
jetzt wieder mehr Zeit, die ich im Sektionssaal verbringe, wo ich das
machen kann, was ich am liebsten tue, nämlich sezieren, anstatt mir von
Controllern, die von Rechtsmedizin keine Ahnung haben, Zielvorgaben
machen zu lassen.
Inzwischen können Sie freier reden. Bei unserem Interview vor zwei Jahren
haben Sie sich etwas gewunden um die Frage, ob in der Corona-Pandemie
zu wenig obduziert wurde, um herauszubekommen, ob jemand mit oder
an Corona gestorben war.
Obduktionen hätten nichts geändert.
Dass alle zu den Corona-Toten gezählt wurden, die zum Todeszeitpunkt
zwar „Corona positiv“ waren, aber bei einem Verkehrsunfall starben oder
auch ertrunken sind, ist ja schon völlig irrsinnig. Man hätte einen
klaren Blick dafür haben müssen, ob mit oder an – das hatte die Politik bewusst nicht. Es sollten die Zahlen erhöht werden.
Das wird jetzt alles durch die RKI-Files klar,
und es ist gut, dass die Berliner Zeitung da einen kritischen Blick hat
und sich auch selbstkritisch infrage gestellt hat. Denn die hat ja
damals mit ins Horn geblasen, dass diese ganzen Maßnahmen notwendig
seien. Die Diskussion, ob mehr Obduktionen oder nicht, war schon damals
sinnlos. Denn am Ende haben Politiker entschieden. Und die Mediziner
sind mehrheitlich im Gleichschritt mitmarschiert, um das Bild nochmals
zu bemühen.
Ich würde widersprechen, denn die Berliner Zeitung war schon am Anfang zum Teil skeptisch.
Zum Teil, natürlich. Aber es gab kaum Medien – die
Berliner Zeitung ab und zu mal –, die da was infrage gestellt haben. Es
kommt immer mehr heraus, dass das Ganze politisch gesteuert und weit weg
von der Gefährlichkeit des Virus war.
Sie waren mehr als 15 Jahre Leiter der Rechtsmedizin. Welche
Fortschritte hat Ihr Feld in der Zeit gemacht? Ich denke da an die
Analyse von Haaren und die virtuelle Autopsie mittels Computertomograf,
mit dessen Hilfe man einen Leichnam zerstörungsfrei untersuchen kann.
Das
Verfahren der Haaranalyse ist bei Ermittlungsbehörden und
Gerichten mehr in den Fokus gerückt. Durch die Untersuchung der Haare
kann man Rückschlüsse darauf ziehen, wie das Drogenkonsum- oder
Abstinenzverhalten eines Menschen in den letzten Monaten war. Was sich
tatsächlich geändert hat, ist, dass die virtuelle Autopsie, die
computertomografische Untersuchung, Standard geworden ist – zumindest in
Berlin. Das hat uns bei vielen Fällen geholfen. Ob das bei der
Obduktion der beim Attentat vom Breitscheidplatz Getöteten war oder bei den Opfern des Anschlags vom Sultan-Ahmed-Platz 2016 in Istanbul, die wir hier obduziert haben.
Als wir uns 2012 über
das neue Gerät unterhielten, sagten Sie, Sie würden damit gern Ritter
Kahlbutz untersuchen, die Mumie, die in einer Gruft im brandenburgischen
Kampehl zu besichtigen ist.
Ich bin auch ein paarmal
hingefahren und habe mir den angeschaut. Den braucht man nicht durchs CT
zu schieben. Das ist ein Fall von sekundärer Mumifizierung. Der ist so
schnell mumifiziert, dass er vorher nicht relevant verfault ist.
Wahrscheinlich lag der Leichnam in einer zugigen Gruft, wo die
Fäulnisprozesse nicht stattfanden. Ritter Kahlbutz ist also kein
medizinisches Wunder.
Die
Ursache ist doch völlig klar: Er soll einen Schäfer erschlagen haben,
weil seine Magd dem Ritter das Recht der ersten Nacht verweigert hatte.
Vor Gericht schwor er: „Wenn ich doch der Mörder bin gewesen, dann wolle Gott, soll mein Leichnam nie verwesen.“
Genau. Und dann lag er glücklicherweise da, wo es zugig und luftig war.
Wie viele Sektionen haben Sie in Ihrem Leben schon durchgeführt?
Selbst
geschnitten habe ich über 50.000. Das habe ich mal nachgerechnet, weil
ich vorher schon zehn Jahre in Hamburg war. Unter meiner Verantwortung
als Direktor beider Institute gab es im vergangenen Jahr bis Dezember
2500 Obduktionen, wobei ich bei dem Großteil als zweiter
Obduzent beteiligt war. Insgesamt habe ich einige hunderttausend Leichen
gesehen, wenn Sie allein den Tsunami 2004 im Indischen Ozean
miteinbeziehen. Da lagen 100.000 Leichen in den Tempelanlagen. Dann sind
da noch die ganzen Leichenschauen in den Krematorien.
Welcher Fall hat sich Ihnen eingeprägt, von dem Sie Ihren Enkeln noch erzählen werden?
Das
sind zwei in schwarze Samtgewänder gekleidete Leichen, die an einem
wahrscheinlich selbstgezimmerten Gerüst hingen, denen das Gesicht
weggeflossen ist.
Wie bitte?
Das
Gesicht ist runtergeflossen wie Wachs. Ich habe so etwas noch nie
gesehen, es ist in keinem Lehrbuch beschrieben. Bei beiden war der
Schädel skelettiert, das Gesicht hing herunter wie ein Bart. Der Mann
und die Frau waren mit ihren schwarzen Gewändern identisch gekleidet.
Den Fall habe ich auch mit Entomologen diskutiert, da bin ich noch dran,
das rauszufinden, weil das wissenschaftlich interessant ist.
Wie könnte so etwas passieren?
Temperatur, Tiere, da spielt vieles eine Rolle.
Die Toten hingen wohl schon eine Weile ... Die Todesursache ist unklar?
Das wird ein Suizid gewesen sein.
Sie betonen in Interviews
immer wieder den professionellen Abstand, den Sie wahren. Sie sprechen
von der Leiche als leerer Hülle, aus der der Pilot raus ist. Und
trotzdem habe ich den Eindruck, dass die lange Zeit als Rechtsmediziner
etwas mit Ihnen gemacht hat. Als ich 2017 Ihr neues Buch „Die Zeichen
des Todes“ las, hatte ich den Eindruck, dass Sie dünnhäutiger wirkten
aufgrund der Brutalität, mit der Sie es zu tun haben. Ich denke da an
die schonungslosen, detailgenauen Beschreibungen im Fall des
sechsjährigen Volkan, den zwei Kampfhunde zerfleischt hatten. Und diese
brachiale Beschreibung, wie der Piraten-Politiker Gerwald Claus-Brunner sein Opfer regelrecht kaputtmachte und sich dann mit Strom umbrachte. Da hatte ich den Eindruck, da muss was raus. Oder ist das der normale „Tsokos“, den man so kennt?
Ich denke, dass ich über die Jahre nicht härter geworden bin, aber …
… angefasster?
Ich
versuche, Rechtsmedizin zu vermitteln. In den letzten 20 Jahren wurde
das Tabuthema Tod brutal geöffnet. Sie können sich auf Instagram oder
YouTube Hunderte Videos angucken, wo Menschen sterben. Aber das ist
Voyeurismus. Mir liegt es nicht daran, das Voyeuristische zu bedienen,
sondern die medizinische Denke – wie gehen wir ran? Wir ermitteln nicht,
wer es war, sondern wir untersuchen: Was ist passiert? Und dazu gehört
Detailgenauigkeit.
Sie sind jetzt schon
wieder bei der sachlichen Beschreibung Ihrer Arbeit. Ich bin seit 2001
Kriminalreporter, und meine Haut wird dünner statt dicker.
Das
stelle ich bei mir nicht fest. Die Perspektive ist vielleicht eine
andere: Dass man die Leute noch mehr mitnehmen möchte zu dem, was man
macht. Deshalb gibt es meinen Instagram-Kanal
oder meine Bücher und Veranstaltungen. Da bin ich schon offener
geworden. Man zeigt Dinge, die man vielleicht vor 15 Jahren nicht
gezeigt hat.
Laufen Sie dabei nicht Gefahr, auch den Voyeurismus zu bedienen?
Es
unterscheidet sich beträchtlich von den Unfallgaffern, weil es einen
Erzählfaden gibt, wo sich die ganzen Stücke zusammenfügen. Wenn man
Rechtsmedizin präsentiert, geht es nicht darum, Horrorfantasien zu
bedienen, sondern zu zeigen, dass wir Menschen der Wahrheit zu ihrem
Recht verhelfen können.
Zum Beispiel?
Ein
Kind wird morgens tot im Bett gefunden. Da kommt alles Mögliche in
Betracht. Wir haben Fälle, wo ein Kind mit Methadon vergiftet wurde, um
es ruhigzustellen. Letztens gab es einen furchtbaren Fall in Berlin, wo
ein Kind erstickt wurde, weil der Vater in Ruhe Computer spielen wollte.
Aber es gibt eben auch Babys, die am plötzlichen Kindstod sterben, und
Verwandte oder Nachbarn beschuldigen die Eltern, es umgebracht zu haben.
Rechtsmedizin kann Leute von Vorwürfen auch entlasten. Das ist es, was
ich in meinen Büchern, Vorlesungen und Vorträgen versuche,
rüberzubringen.
Hat es funktioniert, die Rechtsmedizin aus ihrem Schattendasein herauszuholen?
Definitiv.
Wobei sich viele Fachkollegen nach wie vor daran stoßen, was ich mache,
und sagen, das gehöre nicht in die Öffentlichkeit. Aber natürlich
gehört das in die Öffentlichkeit! Die Menschen haben ein Recht zu
wissen, was wir machen. Um zu verstehen, warum die Obduktion einer
Tochter nötig ist, die bei einem Unfall ums Leben kam. Oder wenn sich
jemand mutmaßlich das Leben genommen hat. Es geht ja nicht darum,
jemanden zu zerschneiden, sondern zum Beispiel auch Drogen nachzuweisen.
Einerseits gibt es das Interesse an der Rechtsmedizin, andererseits
ist der Tod nach wie vor ein Tabuthema. Ist das nicht seltsam?
Solange
es den Tod der anderen betrifft, ist es kein Tabuthema. Aber sobald er
zu nahe kommt, möchte man damit weder konfrontiert werden noch auf den
Gedanken kommen, dass man selber oder Angehörige mal sterben werden.
Oder dass jemand, den man liebt, Opfer eines Verkehrsunfalls oder
Tötungsdelikts werden kann.
Wie bekommen Sie nach Feierabend all diese Geschichten aus dem Kopf?
Das
haben mich schon ganz viele gefragt. Ich glaube, man muss da einfach
für geboren sein, eine Veranlagung haben, dass man das nicht zu sehr an
sich rankommen lässt. Über diese Fähigkeit muss man verfügen, denn sonst
wird man irgendwann wahnsinnig.
Was mir im Sektionssaal auffiel, ist dieser Geruch. Er erinnert mich an ein Schlachthaus. Der Geruch nach Gedärm.
Es
ist Blut. Und Verwesung. Aber im Sektionssaal riecht es gar nicht. Es
riecht da nur, weil daneben der Leichenkeller ist. Da liegen Leichen,
die sind hochgradig fäulnisverändert.
Wie kriegen Sie diesen Geruch aus der Nase? Andere haben ihn nach Stunden noch nicht weg.
Ich
habe ihn nicht in der Nase. Ich nehme ihn gar nicht mit. Man darf nicht
empfindlich sein. Es gibt Menschen, die reagieren da vegetativ drauf
und übergeben sich. Die könnten nicht in der Rechtsmedizin arbeiten, das
kann man nicht trainieren. Berliner Zeitung
Leute wie Tsokos und Preinfalk und Zoz braucht das Land. Denn die Lage ist eine Schieflage.
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