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Montag, 29. Juli 2024

Olymp

Schon bei Jan van Bijlert sieht es nach Blasphemie aus

 Sehr interessante, sehr bedeutsame Ambivalenz. Man könnte auch sagen, ein sehr bedeutsames, sehr interessantes Missverständnis, von dem man nicht wissen soll, ob es gewollt ist oder nicht, oder ob es unbewusst gewollt ist. Es ist jedenfalls ein Akt der Selbstvergöttlichung, volens oder nolens (volens!!). Ein Trans-Abendmahl ist es explizit vielleicht nicht*, aber ein maskiertes Trans-Abendmahl ist es eben doch. Denn Jan van Bijlerts "Fest der Götter", auf den es sich beruft, ist ja bereits eine blasphemische Bezugnahme auf Leonardo da Vincis Abendmahl. Auf jeden Fall tritt uns Neopaganismus vor die Augen, und hinter der Maske der Ironie ist dieser Neopaganismus gnadenlos brutal. Denn gleichzeitig reckte an einem anderen Ort die geköpfte Marie-Antoinette ihr Haupt aus dem Fenster, auch da mit vorgetäuscht spielerischer Ironie, hinter einem roten Blutschleier und mit Gojiras gellendem Getöse, sozusagen karnevaleske Selbstherrlichkeit hinter vorgetäuschter Selbstironie.  Das Neue daran ist aber eigentlich nur, dass der Ort spartanischer Hochleistungsobsessionen, der seit Jahrzehnten zwar durchtrainierte Körper zeigte, die aber nur bei Mark Spitz und ein paar anderen auch Sex Appeal besaßen, jetzt plötzlich ein zeitgeisterndes Image annimmt und der seit langem vorherrschende Zeitgeist sich plötzlich an diesem Ort in eine heidnische Orgie kristallisiert. Die Regisseure können für sich beanspruchen, dass sie mit dem Olymp ernst machen (es fehlt nur noch ein Hermaphrodit, oder habe ich ihn übersehen?), und dass Leonardo da Vincis Bild mit Jesus (und Johannes, dem "Apostel, den der Herr liebte", an seiner Brust) nichts, aber auch gar nichts mit den olympischen Spielen zu tun hat. Umso interessanter ist es, dass dieses Bild dennoch als Verhöhnung des Heiligen Abendmahls empfunden wird, also auch von Leuten, die Jan van Bijlerts Proxy nicht kennen. Das rührt von dem Unbehagen, dass die Unbefangenheit der schamlosen Orgiasten weckt, und daher, dass zwar niemand Bijlert kennt, aber Leonardo da Vinci sehr wohl.


 

*Doch, das ist es sehr wohl


Man muss Huebl an der Wurzel packen. Philipp Huebl denkt vorbildlich klar, aber er denkt die Dinge nie zu Ende, und sobald er sich in den Bereich des Unwägbaren begibt, endet er dezidiert (und perfide) in linker Propaganda und verleumdet mit geschickten Verdrehungen den Konservatismus. Es ist schlimmer als bei Richard David Precht. Ekel ist seiner Ansicht nach überwiegend bei Konservativen und Rechtsextremisten zu finden. In Wahrheit ist nur der explizite als solcher deklarierte Ekel überwiegend bei ihnen zu finden. Grosso modo kann man sagen, dass Konservative sich mehr vor dem Künftigen ekeln, wenn es ihnen fremd ist (und das auch sagen), während Progressive sich mehr vor der Vergangenheit ekeln (aber dies nicht als Ekel zur Sprache bringen - außer DeutschlanddumiesesStückScheißeClaudia -, sondern als Moralpredigt) und vor dem, was ihnen allzu vertraut ist. Progressive denken immer an Morgen, Konservative immer an Übermorgen! Ich bin, abgesehen von dieser Unterscheidung, die vielleicht epochenbedingt ist, im Übrigen seit 1978 davon überzeugt, dass grundsätzlich am Anfang jedes Moral- und Rechtssystems ein Ekelgefühl stand. Egal ob bei Moses, Solon, Stalin, Hammurabi, Sargon von Akkad, Adolf Hitler, Mélonchon, Tony Blair oder Jutta Ditfurth. Philipp Huebl wird, falls überhaupt, noch viele Jahrzehnte brauchen, bis er zu dieser Weisheit gelangt. Übrigens ekele ich mich vor ihm! Aber nicht etwa, weil er mir fremd wäre, sondern weil er mir nur allzu vertraut ist!! Die Verlogenheit, mit der er "Wissenschaftlichkeit", "Objektivität" und wie die Zauberworte alle heißen, suggeriert und sanft lächelnd "Empathie" signalisiert und ständig zu verstehen gibt, etwas mit unanfechtbaren Statistiken belegen zu können, kennen wir alle langsam zur Genüge; und den Typus des ideologisch vernagelten, unbelehrbaren, in Ausflüchten spezialisierten Missionars für pseudokritisches Denken, der glaubt, ständig andere aufklären zu müssen, den kenne ich seit vielen Jahrzehnten nur allzu gut. Neu ist nur der treuherzige Hundeblick, das gescheite Geschwafel darüber, dass Männer immer weiblicher werden und dass Huebl einer ist, der sich allgemeinverständlich ausdrückt und seine Zuhörer nicht mit Abstraktionen benebelt und auch nicht versucht, mit Wortungetümen zu imponieren, sondern seine Mystifikationen lieber in elegante Gedankenwindungen verkleidet und hinter subtilen Behauptungen versteckt, die Unerfahrene nicht durchschauen können und die kaum jemand Zeit hat zu überprüfen. Die Besten sind manchmal die Schlimmsten, und er ist meisterhaft.

Im Gegensatz zu van Bijlert ist das Bild von van and Balen und van Kessel nicht blasphemisch, sondern nur frivol.



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