Mittwoch, 11. März 2015
Lucke pokert hoch
Was wirtschaftliche Prinzipien und währungspolitische Regeln angeht, hat Lucke völlig recht. Und dass Italien mindestens für die nächsten zwei Jahrzehnte besser zur Lira zurückkehrt, ist auch meine Überzeugung, denn Italien ist durch die Kommunisten - auch kulturell - derartig herabgewirtschaftet worden, dass es sich nur noch erholen kann, wenn es so auf die Schnauze fällt, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Ich weiß nur nicht, ob es klug ist, sich in einer Situation, in der Russland alles tut, um EU-Länder abzuwerben und Europa zu spalten, auch von Frankreich zu trennen, nachdem es uns endlich gelungen war, in Deutschland und Frankreich zwei legitime Nachkommen Karls des Großen und Daniels des Kleinen zu sehen. Denn ohne diese beiden Säulen, sehe ich bisher keine Chance für Europa.
Andererseits ist Frankreich eben auch ein mediterranes Land, und es wäre im Interesse Deutschlands, Italien nicht sich selbst, Sizilien, Tunesien, Marokko und Ägypten zu überlassen. Mir graut bei diesem Gedanken nur vor der pangermanisch-panslawischen Homogenisierung Mitteleuropas. Es ist schon widerwärtig genug, wie einfallslos wir in Mallorca einfallen. Aber man kann eben nicht alles haben.
Wer soll nach Luckes Ansicht eigentlich in der Eurozone bleiben? Dürfen die Verbliebenen, Hinterbliebenen und Zurückgebliebenen einen gemeinsamen Verteidigungsminister und Außenminister haben oder nicht? Nein? Glaubt Lucke nicht, dass die Gefahr im Osten und die Gefahr die vom IS ausgeht, wenigstens ein Kerneuropa zusammenschweißen sollte? Nein?
Dass kein Europaheer entstehen kann, ohne die Zuständigkeitskompetenzen der NATO und dieses Heers zu klären, ist natürlich richtig. Aber Lucke lässt den Eindruck entstehen, er stecke den Kopf in den Sand, was die Verteidigungsfähigkeit Europas angeht einerseits und die Gefahr, dass Putin Keile ins UE-Gefüge treiben könnte, andererseits.
Angela Merkel hat gerade ihre Teilnahme am Weltkriegsgedenken in Moskau abgesagt, obwohl der Bruch des Waffenstillstands noch zu viert missbilligt wird. Die Zeit arbeitet weiterhin für Putin. Serbien beteiligt sich nicht an den Sanktionen und freut sich über Gemüseexporte nach Russland. Zehn Jahre militärische Kooperation wurden auch vereinbart. Das Wort Pontifizierung bekommt einen ganz neuen Sinn.
Ich habe unterdessen an Gauck geschrieben:
Sehr geehrter Herr Bundespräsident!
Bitte sorgen Sie dafür, dass so schnell wie möglich ein Europäischer Fernsehsender ins Leben gerufen wird und - das ist noch dringender nötig - solange es dieses "arte für alle" noch nicht gibt, jede Woche zur selben Zeit eine zweistündige Diskussionsrunde in ganz Europa (über Eurovision) gesendet wird, in der die besten Journalisten Europas, die, die in ihren eigenen Ländern einflussreich und besonders angesehen sind, diskutieren! Und zwar nicht untereinander, oder nicht nur untereinander, sondern vor allem mit den führenden Politikern. Also mit Renzi, mit Hollande, mit Merkel...
Ich lebe seit langem in Italien und schaue mir seit Jahren tagtäglich deutsches und italienisches Fernsehen an und kann Ihnen versichern, dass sich die beiden Völker gegenseitig so gut wie nicht kennen (so wie erst durch Ihren Besuch in Marzabotto in Deutschland einen Hand voll Leute endlich mal erfuhren, was einst dort geschah).
Ich kann Ihnen aber auch versichern, dass viele Italiener ganz anders über Deutschland dächten, wenn Angela Merkel in den italienischen Wohnzimmern und Küchen (und gleichzeitig überall in Europa) live zugehört und zugesehen werden könnte, wie sie ihre Politik erläutert und motiviert.
Also bitte verwenden Sie sich für die Einrichtung dieses jeden Montag europaweit auszustrahlenden "Hart aber fair"!!!!
Bevor es zu spät ist!
Nichts ist im Moment dringlicher. Und nichts könnte einer Annäherung, die zu einem europäischen Außenministerium und Verteidigungsministerium führen könnte, dienlicher sein. Europa muss jetzt zusammenstehen.
Mit den besten Wünschen und Grüßen, hochachtungsvoll,
epitimaios
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