Die eingefleischten Leser unserer Verlagsproduktion kennen ihn als den Autor der Erzählung Die Leuchtkugeln. Sie erschien zusammen mit der Skizze Auf den Hügeln vor Moskau in der Literaturreihe nordost bei Antaios und bildete zusammen mit Jean Raspails Sieben Reiter den Auftakt dieses verlegerischen Nebenpfads.
Die Leuchtkugeln sind fast vergriffen. Sie galten dem Dramatiker Zuckmayer als die wohl beste Erzählung aus dem Zweiten Weltkrieg. Horst Lange schrieb diesen Text, während er mit einer schweren Augenverletzung im Lazarett lag. Er hatte als Pionier den überraschenden und hastigen Rückzug vor Moskau mit abgesichert und war bei einer Sprengung verwundet worden.
Lehnert und ich werden Langes Leben anhand biographischer Skizzen, Tagebücher und einer vollständigen Übersicht über sein Werk vorstellen. Lange war Schlesier, wurde 1904 geboren und starb 1971 in Bayern, wohin er kurz vor Kriegsende 1945 abkommandiert worden war.
Er war Teil einer anspruchsvollen Künstlergruppe, die sich um den Verleger V.O. Stomps und die Zeitschrift Die Kolonne sammelte und eines der vielen Sprachrohre der durch Kriegsniederlage und Systemversagen haltlosen und "ordnungsfanatischen" Generation. Eine hervorragende Beschreibung dieser Gemengelage bietet der Sammelband Das gespaltene Bewußtsein des Germanisten Hans Dieter Schäfer (hier erhältlich), aus dem in der Neuausgabe bei Wallstein ausgerechnet und leider der Aufsatz über Horst Langes Tagebücher gestrichen wurde. Dennoch ist der Band unbedingt empfehlenswert: Wer das Durch- und Nebeneinander literarischen Schreibens im Dritten Reich und kurz davor und weit danach begreifen will, kommt an Schäfers Thesen und Detailstudien nicht vorbei.
Lange jedenfalls arbeitete ab 1930 programmatisch und künstlerisch zugleich. Zu seinen Freunden gehörten Günter Eich und Elisabeth Langgässer, Peter Huchel und Wilhelm Lehmann. Verheiratet war er mit Oda Schaefer, einer Lyrikerin und Erzählerin, deren Werk in unserem Gespräch einen Nebenzweig bilden wird. Schaefers Erinnerungen sind in bibliophiler Ausgabe zu haben (Band eins bis Februar 1945, Band zwei ab der Flucht aus Berlin)
Viel ist von Lange nicht mehr lieferbar: Von seinem Hauptwerk, dem Roman Schwarze Weide, gibt es in der "Vergessenen Bibliothek" eine Ausgabe (hier zu haben), zu der ich vor rund fünfzehn Jahren ein Nachwort beisteuern konnte. Dieses Nachwort basiert auf einem Autorenporträt, das in Sezession 7 zum hundertsten Geburtstag Langes erschienen war (hier kann man es lesen).
Langes Tagebücher aus dem II. Weltkrieg habe ich oben schon erwähnt, sie sind ein authentisches und mutiges Dokument, das im zweiten Teil die Zerstörung Berlins und das Grauen des Bombenkriegs auf intensive Weise dokumentiert. Diese Tagebücher sind hier als Nachdruck erhältlich. Lange war ein hellwacher Beobachter und ein an der intellektuellen Auseinandersetzung seiner Zeit beteiligter Autor. Er wollte etwas, hatte etwas vor, urteilte scharf und bestimmt.
Zweite Garde? Das hätte nach dem Erscheinen der Schwarzen Weide (1937) und der Ulanenpatrouille (1940) niemand über ihn gesagt. Sein Roman war ebenso ein literarisches Ereignis wie Der Vater von Jochen Klepper, und jemanden wie ihn aus der Vergessenheit zu holen, ist für Lehnert und mich eine großartige Aufgabe. GK
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