Hasnain Kazim ist kein Kind von Traurigkeit. So erklärte der langjährige SPIEGEL-Korrespondent in der Vergangenheit schon, warum die Meinungsfreiheit für „falsche“ Meinungen eine schlechte Idee sei. Auch hatte er gefordert, AfD-Wähler zu ächten und ihnen das Leben schwer zu machen. Ebenso freute sich Kazim auf den Tag, an dem Ausländer die Deutschen verdrängen und das Land für sich beanspruchen können.
Weil nun auch Vertreter des linken Mainstreams für ihre „falschen Meinungen“ attackiert wurden, war Kazim zum Umdenken bereit. So beunruhigte ihn,
daß vielen Schauspielern, die die aktuelle Corona-Politik der Bundesregierung kritisiert hatten, Gewalt oder berufliche Konsequenzen angedroht wurden.
Auch seine rassistischen Aussagen gegen Weiße fallen nun auf ihn selbst zurück. Ihm werde immer wieder vorgeworfen, nicht wirklich schwarz zu sein, beklagte er unlängst auf Twitter. Als Pakistaner sei er nur hellbraun. Daß er zudem mit einer weißen Frau verheiratet ist, bedeute für viele Anhänger der linken Identitätspolitik, daß er niemals „die Perspektive eines PoC einnehmen“ (People of Color – Farbiger) könne.
Vielleicht fällt in den politisch aufgeheizten Debatten dieser Tage vielen Linken und Migranten auf, daß sie selbst zum Opfer der Identitätspolitik werden können. Wie so oft verspeist die Revolution ihre Kinder.
Der Journalist Jan Fleischhauer hatte schon im vergangenen Jahr die schleswig-holsteinische Landtagsvizepräsidentin Aminata Touré (Grüne) gefragt, ob Türken die deutschen Schwarzen seien – also eine ähnlich marginalisierte Rolle einnähmen, wie die Afroamerikaner in den USA. Doch Touré bestritt das. Im Unterdrückungswettbewerb will eben jeder auf dem ersten Platz landen. Im Kampf um möglichst viele Opferpunkte kommt es daher mittlerweile auch unter den Nicht-Weißen zu Konflikten.
In den USA wollen Universitäten eine möglichst vielfältige Studentenschaft haben. Doch da Asiaten oftmals bessere Schüler als Schwarze sind, werden die Eignungstest für sie verschärft. Das ist eine glasklare rassistische Diskriminierung – die im linken Lager praktisch nie angesprochen wird. Ein Schwarzer, der sich der weißen Mehrheitsgesellschaft anpaßt und beispielsweise den typischen afroamerikanischen Akzent ablegt, muß mit dem Vorwurf leben, sich weiß zu verhalten („acting white“).
Wer als „Person of Color“ gilt, scheint derweil nicht eindeutig definiert. Die New York Times schrieb im vergangenen Jahr darüber, daß die gesellschaftlichen Eliten der USA nach wie vor nicht divers genug seien. Zwei republikanische Politiker libanesischer Abstammung wurden in der Auflistung jedoch als Weiße gezählt. Rashida Tlaib, Demokratin und erbitterte Trump-Gegnerin, gilt aufgrund ihrer palästinensischen Wurzeln jedoch als nicht-weiß.
Und ein Blogbeitrag, der sich sexistischen Denkmustern unter Afroamerikanern widmet, bezeichnete schwarze, heterosexuelle Männer als die „Weißen unter den Schwarzen“.
In den USA können Firmen das Label „von Minderheiten geführt“ erwerben. In heutigen Zeiten, in denen Kunden ihre antirassistische Gesinnung auch bei der Produktwahl zur Schau stellen wollen, ist das ein echtes Verkaufsargument. Zudem hoffen einige Ladenbesitzer dadurch auf einen gewissen Schutz; schließlich wurden während der „Black Lives Matter“-Ausschreitungen (BLM) in den USA viele Geschäfte vom schwarzen Mob in Brand gesteckt.
Der Weiße Ralph Taylor versuchte, sein Versicherungsunternehmen als „minderheitengeführt“ anerkennen zu lassen, schließlich locken staatliche Fördertöpfe. Er bezeichnete sich als nicht-weiß, denn ein DNS-Test attestierte ihm, zu sechs Prozent indianischer und zu vier Prozent afrikanischer Abstammung zu sein. Die Angelegenheit beschäftigt derzeit die Gerichte. Doch irgendwann wird es einen Präzedenzfall geben, der Grenzen definiert. Man fühlt sich an die Nürnberger Gesetze erinnert.
Die Hip-Hopperin und BLM-Unterstützerin Stormi Maya forderte Weiße via Twitter dazu auf, keine gemischtrassigen Kinder zu bekommen, da diese aufgrund ihres exotischen Aussehens fetischisiert würden. Das wiederum würde den Schwarzen suggerieren, weniger hübsch zu sein.
In der Filmbranche greift die neue „Rassenlehre“ ebenfalls um sich. An vielen schwarzen Schauspielern entzündeten sich in der jüngeren Vergangenheit Kontroversen, da sie nicht dunkelhäutig genug seien, um historische Persönlichkeiten zu verkörpern. Zoe Saldana geriet in die Kritik, da sie für ihre Rolle als Sängerin Nina Simone dunkler geschminkt wurde.
Die Critical Race Theory hat ihren eigenen methodischen Ansatz für Mischlinge. Dort spricht man von „light-skin-blacks“. Aaliyah Bah-Traoré hatte im vergangenen Jahr auf Instagram geklagt, daß hellhäutige Schwarze einen „Weichspül-Antirassismus“ vertreten würden und zu viel Medienaufmerksamkeit dafür bekämen. Sie fügte hinzu, keine Kommentare von „light-skinned people“ unter ihrem Beitrag lesen zu wollen. In der ZEIT warf Philipp Awounou „light-skinned Personen“ vor, ihre Privilegien nicht zu hinterfragen und „ähnliche Abwehrreflexe wie weiße Menschen in der Rassismusdebatte“ zu zeigen.
Malcom Ohanwe, der für den Bayerischen Rundfunk arbeitet und vom Massaker an den weißen Kolonialherren in Haiti schwärmt, denkt ähnlich. Er sei verstört, daß eine Quote Diversität nur vorgaukele, indem sie christliche oder atheistische „light-skin Schwarze“ mit deutscher Sozialisierung bevorzuge. Ohanwe, der nigerianisch-palästinensische Eltern hat, mag sich in dieser Debatte auf der sicheren Seite wähnen. Aber Vorsicht: Auch Palästinenser haben zum Teil europäische Wurzeln! Lukas Mihr
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