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Dienstag, 31. Mai 2022

Die NZZ behauptet einfach, der Roman sei ressentimentgeladen und schlecht geschrieben

 "Die Deutschen sind das dümmste Volk der Welt" Schopenhauer (im Antico Caffè Greco... es gibt keinen schriftlichen Beleg für dieses fast nur mündlich und jedenfalls nur im ganz kleinen Kreis hochgebildeter Italiener überlieferten Schopenhauerwort)


Selten hat sich die deutschsprachige Literaturkritik so schamlos zu einer Jagdgemeinschaft zusammengeschlossen wie im Fall Tellkamp mit den Verrissen seines neuen Romans „Der Schlaf in den Uhren“. So freimütig, dass der Tagesspiegel ausrief: „Wird das Buch trotz schlechter Kritiken ein Bestseller?“ Übersetzt: Ist es tot, das Biest?

Zugegeben, es muss eine frustrierende Erfahrung gewesen sein, diesen wuchtigen Roman-Brocken, der da in unserem fantasiearmen Flachland steht wie der Monolith aus Kubriks „Odyssee im Weltraum“, nach „Stellen“ zu durchblättern und das unter Zeitdruck, schließlich will man der/die erste sein, der/die Meldung erstattet… und nichts findet, rein GARNICHTS auf 904 Seiten, nicht eine Stelle, an der man die Zielperson der Fremdenfeindlichkeit etc. überführen könnte, und also schließlich doch wieder zurück zu jenem einzigen Satz in der Diskussion mit Durs Grünbein muss, in dem er die vorwiegend wirtschaftlichen Interessen der Syrien-Flüchtlinge thematisiert hat.

Also, liebe Freunde der italienischen Oper, findet euch ab mit einem Meisterwerk, einer vielarmigen erzählerischen Krake, die die Leser nicht mehr loslassen wird in dieser Mischung aus Bildungsroman, Fantasy und Slapstik.

Bekannte Gesichter, gemischte Gefühle: Diesmal war es die frisch bestallte Feuilletonchefin der FAS, also noch unter Bewährungsdruck, die die Jagdgemeinschaft anführen und unbedingt den Kalauer loswerden wollte, dass sich nicht hinter jedem Gedankenstrich auch ein Gedanke verberge. Im „Spiegel“ signalisierte schon das Wörtchen „rechts“ im Vorspann, dass man diesen Roman als Machwerk eines Abweichlers mit der Zange direkt in die Tonne zu befördern habe. Die NZZ behauptet einfach, der Roman sei ressentimentgeladen und schlecht geschrieben.  Matussek

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