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Donnerstag, 4. Juli 2024

Grüne Karriere

 Wenn ich daran denke, dass mir vor 30 Jahren eine Regierung vorschwebt, in der Schäuble der Kanzler sein sollte und Joschka Fischer der Außenminister... es läuft mir eiskalt den Rücken runter:



Hat da jemand lange mit sich gerungen, den inneren Kampf zwischen Loyalität zur grünen Partei und dem inneren politischen Wandel geführt? Kann schon sein. Sagt die Frau ja selbst – nachdem der Kampf entschieden ist und sie auf der sicheren Seite gelandet ist. Melis Sekmen ist nicht den Grünen davongelaufen, sondern der CDU hinterhergelaufen. In langen, geheimen Verhandlungen. Das Sportliche des inneren Kampfes lässt sich auf einer anderen Ebene auch anders deuten. Der Kampf kann auch ein anderer Begriff für Kalkül sein. Berechnung. Ein Aspekt ist „Follow the Money“, folge dem Geld. Bei den Grünen hatte Frau Sekmen keine politische Karriere mehr gehabt. Der Drops war gelutscht. Weder im Parlament noch innerhalb der grünen Partei ist sie groß aufgefallen. Unter „ferner liefen“. Ihr fehlte die Extrovertiertheit und die Rotzigkeit. Grüne Hinterbank eben.

Frau Sekmen ist seit über einem Jahrzehnt für ein Bachelorstudium an der Ruprecht-Karls-Universität in Heidelberg eingeschrieben und hat noch nicht einmal den Klickerabschluss erreicht. Bei den Grünen ist das normal. Melis Sekmen ist so viel Volkswirtschaftlerin wie Ricarda Lang Juristin wie Annalena Baerbock Völkerrechtlerin. Sie hat, wie viele bei den Grünen, ihr Bafög durch ein Bundestagsmandat verzehnfacht. Bei der Union hätte diese Nummer nicht gezogen – bei den Grünen mit Frau und Migration aber schon. Ihre diversen Pöstchen bei Unternehmen und Institutionen im Raum Mannheim hat sie wegen ihrer Arbeit bei der Grünen-Stadtratsfraktion erhalten, nicht wegen ihres erfolglosen Studiums. Da gab es Aufsichtsratsmandate, da gab es Einfluss und Sitzungsgelder – da wurde die Lust auf mehr geweckt.

Melis Sekmen hat vieles, was ihre neue Partei, die CDU, sucht und braucht. Jung, weiblich, Bildungsversuche bis zum Umstieg in die Politik, Migrationshintergrund vor allem. Aufsteigen mit den Grünen, aber oben bleiben mit der CDU: Das ist das Ergebnis des inneren Kampfes mit sich selbst. Melis Sekmen hat in den letzten Wochen klug verhandelt. Die Union bereitet die Aufstellung der Direktkandidaten für die Bundestagswahl vor. Ging ein Mannheimer Wahlkreis wegen der Stimmen für die Grünen an die SPD verloren, soll Sekmen dies ändern. Das Kalkül der CDU ist: Sekmen wird Kandidatin, redet viel von ihrem inneren Kampf mit sich selbst, stellt ihre Person in den Mittelpunkt und holt den Wahlkreis. Zusätzlich sorgt die Parteiführung für einen sicheren Listenplatz. Einkommen gesichert. Studium und Qualifizierung ab auf die lange Bank. Die Grünen sind verärgert. Klar. Eine Vorzeigemigrantin weniger in der Fraktion. Eine, die sich getraut hat, zu gehen, eine, die sich vom woken Klima- und Geschlechterwechsel-Getue keine Zukunft mehr verspricht. Diese Überlegung war richtig.

Die Verärgerung der Grünen ist auch nachvollziehbar. Wir haben sie doch erst zu dem gemacht, was sie ist. So eine Undankbarkeit, so die Mannheimer Grünen. Das ist so richtig wie banal. Dazu ist festzustellen: Dankbarkeit ist keine politische Kategorie, ist es nie gewesen. Auf dem sinkenden Regierungsschiff sucht sich jeder selbst seine Rettungsinsel. Gut möglich, dass es im Parlament noch einige gibt, die an ihre finanzielle und politische Zukunft denken. Und wer gut verhandelt, aus dem richtigen Landesverband kommt – wer weiß? Die Tentakeln gehen auf Tuchfühlung.

Die CDU hat einen politischen Coup gelandet. Unbestreitbar. Grün und schwarz sind gar nicht so weit auseinander, ist gar nicht schlimm, tut auch nicht weh. Diese Botschaft geht an die Wähler, und Melis Sekmen ist der Beweis. Braucht es da noch eine Debatte über eine schwarz-grüne Koalition? Wenn die Grünen der CDU beitreten? Fusionieren statt koalieren. Die grünen Bildungsabbrecher kommen doch von selbst – wenn Mandat und Sicherheit gegeben sind. Deutlicher geht es nicht: Wer CDU wählt, bekommt die Grünen gleich mit. Frank Wahlig

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