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Freitag, 6. März 2015

Stachus

Stachus ist der volkstümliche Name des Karlsplatzes in München. Warum heißt er Stachus? Weil dort ein Gastwirt namens Eustachius Föderl seit 1755 - das war ein Jahr vor Mozarts Geburt - einen Biergarten hatte, den er Stachusgarten taufte. Warum heißt er Karlsplatz? Weil im 18./19. Jahrhundert in ganz Europa in den meisten Städten auf Grund der angewachsenen Sprengkraft von Feuerwaffen, Sprengsätzen und Bomben die Befestigungsmauern geschleift wurden und an ihrer Stelle Ringstraßen und Plätze entstanden und diese Umgestaltung in München von einem herausragenden Mann in die Wege geleitet wurde. Dieser Mann war der Kurfürst Karl Theodor von der Pfalz, dem Mannheim seine Blütezeit verdankt (z.B. die von Mozart so gelobten Musiker), und der seit 1777 als Karl II auch Kurfürst von Bayern war, weil die bayrische Linie der Wittelsbacher in diesem Jahr ausstarb und Karl Theodor Bayern dadurch erbte. Er war es, der Idomeneo in Auftrag gab! Er blieb ziemlich unbeliebt in München, was vielleicht auch erklärt, weshalb der Karlsplatz immer noch auf eine Weise bezeichnet wird, die einen eher an Dornen und Stiche denken lässt (und auch Karl Theodor wäre sicher lieber in Mannheim und Schwetzingen geblieben; musste aber nach München umziehen und verpasste so 1782 Schillers Debüt in Mannheim mit „Die Räuber“). Das Lied Ein Jäger aus Kurpfalz könnte auf ihn gemünzt sein, wird neuerdings vermutet.




Dieses Portrait von Karl wurde von der Malerin Anna Dorothea Therbusch gemalt!

Kurfürst Karl-Theodor setzt auf Voltaire

Nur durch das Karlstor vom Stachus getrennt, fängt gleich daneben die Neuhauser Straße an, und in dieser steht vor dem Jagd- und Fischereimuseum die Bronzeskulptur eines sitzenden Keilers. Wie bei so vielen Dingen in München - man denke nur an die Feldherrnhalle, die eine Kopie der Loggia dei Lanzi in Florenz ist - ist auch diese Skulptur leider ein Symbol deutscher Fantasielosigkeit und Imitationslust, denn es handelt sich ebenfalls um eine Kopie eines Werkes aus dem Mittelmeerraum, und zwar um die Kopie einer Bronzeskulptur, die genau wie das Vorbild der Feldherrnhalle in Florenz steht.

Die Bronzeskulptur in Florenz wurde von Cosimo II dei Medici in Auftrag gegeben und 1633 von Pietro Tacca ausgeführt. Seit 1640 steht sie am Mercato Nuovo, wo Ferdinando II sie in einen Brunnen umwandeln ließ (zur Sicherheit ist es seit 2004 nur eine Kopie, das Original ist jetzt im Museo Bardini).



Die Kopie in München ist nur eine von sehr vielen Kopien weltweit, z.B. in Sidney und in Aix-en-Provence. In Herrmann Görings Landsitz stand auch eine.
Im Gegensatz zu der Kopie in München, hat die Skulptur von Pietro Tacca eine sehr interessante Basis, auf der Pflanzen und kleinere Tiere abgebildet sind!



Man wird sich fragen, was ein Krebs inmitten von Wiesenfauna wie Schnecke, Frosch und Blindschleiche zu tun hat. Die Blindschleiche und der Frosch sind auf meinem Bild zwar nicht zu sehen, aber ich versichere euch, es ist auch eine sich durchs Gras schlängelnde Blindschleiche dabei und mindestens ein Frosch.
Nun, das Interessante ist, dass ganz in der Nähe von Florenz in Rinnsalen, bei denen es sich um Zuflüsse des Arno handelt, und die im Sommer fast völlig austrocknen, tatsächlich diese Krebse zu finden sind, die kaum jemand kennt. Mir ist sogar mal einer dieser Krebse in der Nähe des Baches "Mensola" bei einem Waldspaziergang über den Weg gelaufen, und ein Freund von mir glaubte, er sehe nicht recht, als er eines Sommerabends vor der Haustür beim Wein saß und er plötzlich hinter sich etwas knastern hörte. Es war der Krebs, der an der steinernen Türfassung emporkletterte!
Es handelt sich bei diesem Krebs wohl doch nicht um eine Landkrabbe, wie ich früher vermutet hatte, weil das einzige Tier, das sich in Grzimeks Tierleben fand, das diesem Krebs ähnlich ist, eine Landkrabbe ist, die im Ballastwasser von Schiffen aus China nach Europa gelangt ist. Aber ich konnte auch im Internet keine Landkrabbenart finden, die wirklich so aussieht wie dieser Krebs, und so stieß ich auf den Potamon fluviatile. Nachfragen bei der Sopraintendenza delle Belle Arti und beim Zoologischen Institut waren erfolglos. Was ich herausfand, verdanke ich ausschließlich dem Internet.

Erstaunlich ist, dass diese Art seit Jahrhunderten in Rinnsalen überlebt, die, wie der Bach "Mensola" im Sommer oft fast völlig austrocknen, was mich anfänglich bestärkt hatte, es müsse sich um eine Landkrabbe handeln.




Die Bronzeskulptur von 1633 in Florenz ist eigentlich auch wieder eine Kopie, denn als Vorbild diente eine Marmorskulptur, die in den Uffizien steht.
Dieses Vorbild aus Marmor, das man in den Uffizien betrachten kann, und das Pius IV dem Großherzog Cosimo I. geschenkt hat (weil dieser eine für beide wichtige Schlacht gewann) stammt wahrscheinlich aus dem 1. Jahrhundert nach Christus und ist wie viele römische Marmorskulpturen aus augusteischer und postaugusteischer Zeit sicherlich eine Kopie eines griechischen, endgültig originalen Originals aus hellenistischer Zeit.

Dieses ständige Kopieren ist wie das Weiterreichen einer Staffette durch die Jahrhunderte und Jahrtausende hindurch, wobei sich die Staffette am Ende vervielfacht. Auf dieselbe Weise sind alte Schriften wie die Caesars bis zu uns gelangt.



Das Wildschwein war den Kelten heilig und wurde in den Mittelmeerkulturen oft mit dem Tod in Zusammenhang gebracht: bei den Griechen war es ein Symbol des männlichen, heldenhaften vor nichts zurückschreckenden Mutes, die Etrusker sahen in ihm ein Tier, das mit den Gottheiten der Unterwelt in Verbindung stand, und sie veranstalteten Treibjagden bei Nacht oder im Morgengrauen mit Netzen und Flötenspiel. Dieses Geschenk von Pius IV. war also nicht nur ein sehr schönes Geschenk, sondern auch eine sehr schöne symbolische Geste.

In der Geschichte des Kalydonischen weißen Ebers entfesselt Artemis aus Wut über König Oineus (=Weinmann, offenbar eine Art Winzer und vielleicht Säufer) die verwüstende, entzivilisierende Naturkraft ihres wildesten Wildschweins.

In Berlin gibt es von Louis Tuaillon eine schöne Bronzeskulptur von Herkules, der den Erymanthischen Eber fängt.

Einer der drei wichtigsten germanischen Götter war der Fruchtbarkeitsgott Freyr (Bruder von Freya), der einen von einem Zwerg geschaffenen Eber mit goldenen Borsten namens Gullinborsti ritt.

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