"Wenn die Regierenden sich für die Sachwalter der ganzen Menschheit halten, nähert sich der Terror."
Nicolás Gómez Dávila
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Ein exemplarischer Dialog zur Migrationskrise.
Frage:
Wir werden ständig darüber belehrt, dass Europa Flüchtlinge aufnehmen
müsste, erstens um nicht selber demografisch zu erschlaffen, zweitens um
Afrika zu helfen. Aber wie viele sollten es denn sein?
Experte: Ungefähr 200 Millionen bis zum Jahr 2050.
Frage: Warum nicht 300 Millionen?
Experte: 200 Millionen sind realistisch.
Frage:
Wenn 200 Millionen Afrikaner sich zu 500 Millionen meist älteren
EU-Europäern gesellen, wird etwa jeder dritte Europäer schwarz sein. Ist
das erstrebenswert?
Experte: Die Hautfarbe spielt keine Rolle. Wir sind alles Menschen.
Frage:
Derzeit wächst die Bevölkerung Afrikas alle zwölf Tage um eine Million
Menschen. Die 200 Millionen, die wir in den nächsten 30 Jahren aufnehmen
sollen, werden also bereits um das Jahr 2030 dort nachgeboren sein. Wie
haben wir dann Afrika geholfen?
Experte: So kann man das nicht sehen. Wir haben dann 200 Millionen Menschen gerettet.
Frage:
Aber werden wir auch Afrika geholfen haben? Wäre es nicht besser, wenn
wir überhaupt niemanden einreisen lassen und all das Geld, welches die
Flüchtlinge hier kosten, direkt in Afrika investieren würden, wo es ein
Vielfaches bewirken könnte, um so die Afrikaner dabei zu unterstützen,
ihre Probleme selber in den Griff zu bekommen?
Experte: Wir dürfen uns nicht abschotten. Wir sind ein weltoffener Kontinent. (Beiseite, im Gehen: Und wovon würde ich dann leben?)
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Eine Idée fixe
der Linken lautet, in der Adenauer-Ära habe ein restaurativer Geist
geherrscht, der sich vor allem in den personellen Kontinuitäten zwischen
NS-Regime und früher Bundesrepublik manifestierte. Der Historiographie
gilt diese These angesichts des enormen, geradezu revolutionären Wandels
der deutschen Gesellschaft nach 1945 inzwischen kaum als diskutabel.
Ein konservativ-christliches, traditionsbewusstes, ständisch
organisiertes und relativ homogenes Volk hat sich binnen anderthalb
Generationen in eine liberale, parteiendemokratisch verwaltete,
multiethnische Bevölkerung transformiert, in der wenig Typisches,
geschweige irgendetwas Konservatives übriggeblieben ist und von der eine
Staatsministerin mit Migrationsbiographie nicht ganz grundlos behaupten
konnte, eine spezifisch deutsche Kultur sei kaum mehr erkennbar.
Was mich an der Kontinuitätsthese aber per se
und ungeachtet der tatsächlichen Transformation amüsiert, ist die
Unterstellung, wenn das Personal identisch bleibe, müsse dies auch für
die im Apparat herrschende Gesinnung gelten.* Gerade unter Deutschen hat
der spontane opportunistische Gesinnungs- und Frontenwechsel eine lange
Tradition. Diese biegsame Untertanenmentalität war wohl vor allem eine
Folge der Kleinstaaterei; jeder deutsche Miniaturstaatsbewohner musste
damit rechnen, dass sein Staatswesen plötzlich von diesem und später
jenem Fremdherrscher unterworfen wurde, das heißt, es bestand neben der
Loyalitätspflichtskonstante namens Regionalfürst eine
Loyalitätsvariable, die von der geopolitischen Großwetterlage bestimmt
wurde. Flexibilität garantierte den besten Schutz und den geringsten
Ärger. So etwas prägt die kollektive Mentalität.
Als Hitler 1933
die Macht übernommen hatte, drängten sofort Abertausende in die NSDAP;
das Spottwort "Märzgefallene" kündete davon. Nach 1945 war bekanntlich
niemand je ein Nazi gewesen, und außer Winifred Wagner gab es keinen
einzigen Deutschen mehr, der Hitler bewundert hatte (Winifred war ja
auch Engländerin). Aus den Nationalsozialisten wurden praktisch über
Nacht im Westen Demokraten und im Osten Kommunisten. Als die DDR
zusammenbrach, beschrieb der Terminus "Wendehals" die
Anschmiegbereitschaft vormals überzeugter Sozialisten an sich radikal
ändernde Machtverhältnisse. Anpassung ist eine allgemein menschliche
Eigenschaft und Opportunismus ein Menschenrecht, aber der brave deutsche
Mitmacher passt sich eine Nuance exzessiver und strebsamer an als
andere. Im Kleinen erlebt man es bei der aktuellen CDU, die praktisch
nur noch aus Kanzlerinnenclaqueuren besteht, obwohl diese fatale Person
jede Position geräumt hat, die zu ihrem Amtsantritt als
christdemokratisch galt.
Man kann sich darauf verlassen, dass die
Mehrheit der Deutschen dem gerade mächtigsten politischen Trend nicht
nur folgt, sondern ihm beflissen dient und eifrig vorausläuft. Und
deshalb könnten die Islam-Missionare dereinst hierzulande leichtes Spiel
haben, wenn nur erst einmal der Kipppunkt erreicht und der teutonische
Anpassungsmechanismus eingeschaltet ist. Freilich mit dem wiederum
amüsanten Nebeneffekt, dass sich selbst der hartgesottenste Salafist
umgucken wird, wenn erst einmal deutsche Konvertiten in großer Zahl mit
deutscher Gründlichkeit den Geboten des Islam zu folgen und die
Ungläubigen zu bekehren beginnen. (zusätzliche Detailles hier)
* Besonders drollig an diesem Kontinuitätsglauben ist, dass diejenigen, die am hartnäckigsten daran festhalten, dieselben sind, die diese Art von Kontinuität bei Muslimen nicht für möglich halten.
Hier ein letztes Mal der Deutschlandfunk, den ich noch 2014 oft sehr gerne hörte. Man kann ihn nicht mehr anhören. Er wurde seit 2015 endgültig zum Hippy- und Merkel-Propaganda-Sender, der 24 Stunden am Tag jedes Thema zu einem ganzheitlich-rotgrünen Propagandathema ummodelt.
Und a propos de Brexit:
Erstens: Johnson ist intelligent und hoch
gebildet. Er dürfte der belesenste und am meisten publizierende
Regierungschef Europas werden. Elite-Zögling der Eton-Schule, beste
Oxford-Universität, Studium der klassischen Altertumswissenschaft,
Vorsitzender des legendären Debattierclubs. Johnson ist weiträumig
belesen, startet als Bildungsbürger eine Journalistenkarriere, schreibt
für die "Times" und geht für den "Daily Telegraph" von 1989 bis 1994 als
Korrespondent nach Brüssel. Er steigt in den Führungskreis der Zeitung
auf und wird schließlich Herausgeber des Intellektuellenmagazins "The
Spectator". Er schreibt Essays, Romane und Leitartikel wie andere
Unterschriften an der Tankstellenkasse. Und wenn er die britische
Kolonialzeit verteidigt, dann macht er das schon mal mit einem Gedicht
von Rudyard Kipling.
Johnson ist ein Homme de lettres, ganz anders als der grobe Donald
Trump, dessen geistiger Horizont die Twitterlänge kaum überschreitet.
Wenn der Grobe aus Washington demnächst nach London kommen sollte, wird
"Boris", wie er in England allenthalben gerufen wird, ihm wahrscheinlich
einen Roman schenken mit dem Titel "Zweiundsiebzig Jungfrauen".
Das Buch erzählt vom Staatsbesuch eines US-amerikanischen Präsidenten
in Großbritannien und von dem perfiden Anschlag, den Islamisten zu
diesem Anlass planen; am Ende geht aber alles gut aus. Das Buch hat
Johnson selbst geschrieben.
Zweitens:
Johnson verfügt über Humor und Selbstironie - eine erschreckend seltene
Begabung unter Politikern. Er inszeniert sich lustvoll als Tollpatsch,
kultiviert eine zerknitterte, verwuschelte Erscheinung und macht sich
permanent über sich selbst lustig. Hunderte von heiklen politischen
Situationen hat er mit schlagfertigen Witzen und charmantem Humor
entspannt. Seine Sprache steckt voll saftiger Metaphern und wenn er
damit regelmäßig übers Ziel hinaus schießt, so macht ihn die Freiheit im
Denken und Sprechen doch zu einem narrativen Souverän des politischen
Betriebes. Sein Urteil über Hillary Clinton ist symptomatisch dafür:
"Sie hat blond gefärbte Haare, einen Schmollmund und einen stahlblauen
Blick, wie eine sadistische Krankenschwester in einer psychiatrischen
Klinik." Gerade weil sein Humor so inkorrekt daherplotzt, wird er im
Publikum geliebt und man verzeiht ihm seine offensichtlichen Schwächen
deshalb gerne, weil der schärfste Kritiker von Boris Johnson stets Boris
Johnson bleibt.
Humor, Selbstironie und Sprachoffenheit wirken
dabei wie ein subversives Signal für eine im britischen Publikum
gewünschte Widerständigkeit gegen einen allzu glatten Politikbetrieb,
der sich am liebsten auf einem Quadratmillimeter politisch korrekter
Mitte trifft. Legendär ist sein augenzwinkernd-freches Wahlversprechen:
"Wenn Sie die Konservativen wählen, bekommt Ihre Frau größere Brüste und
Sie haben bessere Chancen auf einen BMW M3."
Soeben hat Johnson
die Briten mit einem Bekenntnis über sein heimliches Hobby abermals
verblüfft: Er baue zur Entspannung gerne Modell-Busse aus alten
Weinkisten und richte sie für "glückliche Reisende" ein, hat Johnson im
Radio behauptet. Politikexperten urteilten hernach, das sei "so bizarr,
dass man davon wie hypnotisiert ist". Und der Autor Simon Blackwell
schrieb auf Twitter, Johnson meine im Klartext: "Ich kann jeden
unglaublichen Mist erzählen und trotzdem Premierminister werden."
Drittens:
Johnson ist von seinem Naturell her eigentlich ein weltoffener
Liberaler. Er wurde im Mulitkulti-London von 2008 bis 2016 zum beliebten
Bürgermeister gewählt und wiedergewählt - eine der buntesten,
offensten, tolerantesten Metropolen der Welt hat ihn zu ihrer
Galionsfigur erkoren. Auch während der Olympischen Spiele 2012 machte er
als weltoffener Gastgeber eine sympathische Figur. In der latent linken
Stadt gewann er so zweimal mühelos Mehrheiten, weil er - ganz entgegen
der derzeit verbreiteten Klischees - Toleranz leben kann. Johnson mag
ein Spieler-Naturell haben, aber ein Minderheiten-Hetzer oder dumpfer
Ausländerfeind ist er nicht.
Viertens: Johnson will einen umfassenden
Freihandelsdeal und eine neue, enge Partnerschaft mit Europa. Sowohl
sein Vater als auch seine Geschwister sind bis heute leidenschaftliche
Pro-Europäer. Sein jüngerer Bruder Jo trat darum sogar von seinem Amt
als Transportminister zurück. Johnson ist kein ideologischer
Europa-Hasser oder dumpfer Nationalist. Er hält die EU nur für dringend
reformbedürftig und in ihrem derzeitigen Zuschnitt für undemokratisch,
nicht akzeptanzfähig. Er will kein No-Deal-Chaos und keinen
Isolationismus, er will nur einen günstigeren Deal und umfassenden
Freihandel. Das wiederum ist auch im dringenden Interesse der deutschen
Wirtschaft. Daher könnte ihm nun der Umstand helfen, dass eine Deutsche
fortan die EU-Kommission führt. Johnson entstammt wie Ursula von der
Leyen einer dezidiert pro-europäischen Familie. Wie sie wuchs er in
Brüssel auf, wie bei ihr arbeitete auch sein Vater Stanley Johnson für
die Europäische Kommission. Er respektiert von der Leyen sehr und könnte
mit ihr leichter einen Brexit-Kompromiss finden als Theresa May mit
Jean-Claude Juncker.
Fünftens: Johnson
zivilisiert den Rechtspopulismus. Johnson könnte mit einem neuen
Brexit-Deal Millionen von Wählern, die bei der Europawahl dem
antieuropäischen Demagogen Nigel Farage gefolgt sind, wieder zu den
Tories zurückholen. Und womöglich einem zivilisierten
Neo-Konservativismus in ganz Europa einen Weg bahnen. Wenn der
Rechtsruck Europas sich nicht in aggressive, mit Ressentiment geladene
Nationalideologien wie bei Le Pen, Orban oder Salvini entlädt, sondern
in einen kulturell gefassten, reflektierten und selbstironischen
Konservativismus mündet, wäre viel gewonnen. Johnson könnte - wie "Die
Zeit" treffend analysiert - das "Abgleiten in einen toxischen,
wutbürgerhaften Chauvinismus" verhindern.
Ein Grund dafür liegt in
seiner eigenen Biografie. Johnsons Familie weist weit verzweigte
Verwandtschaften von Deutschland bis in die Türkei auf. Sein Urgroßvater
ist Ali Kemal, der letzte Innenminister des Osmanischen Reiches. Er
sorgte für die Verhaftung von Kemal Atatürk und wurde später ermordet.
Der Großvater von Johnson, Osman Ali, floh daraufhin nach Großbritannien
und lebte fortan unter dem Namen Wilfred Johnson. Boris trägt Weite und
Tragik der Empire-Geschichte als politisches Bewusstsein in sich. Er
kennt lange Linien der Geschichte und auch ihre Abgründe. Daher könnte
gerade der Mann, der den politischen Clown perfekt spielen kann, am Ende
der sein, der ein ernstes Brexit-Problem gut löst.
Boris Johnson
hat den Brexit nicht verursacht. Die Ursachen für den Ausstieg der
Briten sind tief und vielfältig und sie liegen auch in den
Konstruktionsfehlern der EU, sogar die selbstherrliche Migrationspolitik
Berlins hat ihren Schuldanteil. "Ohne die Migrationskrise von 2015 wäre
es nie zum Brexit gekommen", sagt ein hochrangiger, ansonsten
Boris-kritischer Diplomat aus London. Der Brexit wäre auch ohne ihn
gekommen, er habe nur in ihm seine Personifizierung gefunden. Es sei
zwar unwahrscheinlich, dass Johnson mit Brüssel einen guten Weg in den
Brexit finde, aber in diesem Prozess passiere ständig das
Unwahrscheinliche. Auch die Wahl Johnson zum neuen Premier. Er selbst
hatte einmal seine Aussichten aufs Amt des Premierministers so taxiert:
Das sei "etwa so wahrscheinlich, wie Elvis auf dem Mars zu begegnen oder
meine eigene Reinkarnation als Olive". N-TV
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