Dienstag, 3. März 2015
Bambergs Hexensoap
Gestern im ZDF - Die Seelen im Feuer
Auch dies Mal kommt bei diesem Thema nichts als üble Pöbelei gegen die katholische Kirche zustande und somit ein völlig verzerrtes Bild.
Die Intervention Urbans VIII. zu Gunsten von Dorothea Flock wird mit keinem Sterbenswörtchen erwähnt.
Regisseur Urs Egger hat die Stirn, sich folgendermaßen zu äußern: "Ein Anliegen war überdies, zu zeigen wie die katholische Kirche die Hexenprozesse im Kampf gegen das aufkommende Bürgertum und für die Gegenreformation politisch instrumentalisiert hat."
Ein Lümmel aus der calvinistischen Schweiz, der sich bei den lutherisch gedrillten bundesdeutschen Damen anbiedern möchte, speist uns mit ein bisschen Vulgärmarxismus und antikatholischer Hetze ab. Zum Kotzen. In Wirklichkeit war einer der Befürworter der Hexenprozesse der ach so gepriesene Martin Luther, und die Prozessführer des 17. Jahrhunderts beriefen sich ausdrücklich auch auf ihn. Blockwart Urs Eggers aber geht es nur darum, das zu tun, was ohnehin mittlerweile alle TV-Kommentatoren, Tatortfolgen und Talkshows vormachen: alle diejenigen in ein schiefes Licht rücken, die das Potential besitzen könnten, sich zu einem biederen Lebensstil zu bekennen.
Das Beste am Film sind noch die paar Szenen, die an den Junius-Brief anknüpfen. Da wird dieses Machwerk flacher gynozentrischer Rhetorik, trotz der Unfähigkeit und den selbstgefälligen Eseleien der Autoren, ein paar kurze Minuten lang schlüssig, angemessen und glaubwürdig.
Die Hauptschuldigen an dieser unsäglichen Kreatur sind vermutlich die Drehbuchautoren Annette Hess und Stefan Kolditz, falls nicht schon die Autorin des Romans Sabine Weigand sich die Dinge zurechtlog.
Die Idee, einen Atheisten, Wissenschaftler und Arzt als aufgeklärten Fürsprecher beim Kaiser intervenieren zu lassen, ist der Gipfel der Absurdität. Aus der damaligen Zeit ist uns kein einziger atheistischer Gelehrter bekannt. Selbst Kepler, der seine eigene Mutter gegen die Anklage, eine Hexe zu sein, verteidigen musste, war ein frommer Christ (und nebenbei auch Astrologe). Die Gegner der Hexenprozesse waren meist selber Theologen, besonders an der Universität Tübingen gab es derer viele. Und zu den Gegnern der Hexenverfolgung gehörte auch die Inquisition.
Wahr ist, dass besonders die katholischen Städte Würzburg und Bamberg sich damit hervortaten, dem Aberglauben durch Brutalität Herr zu werden (und dass sie dies selbstverständlich im Rahmen der Gegenreformation taten). Aber bei diesen Exzessen seitens zweier katholischer Städte handelte es sich um Ausnahmen.
Die Hexenprozesse wurden von weltlichen Gerichten angestrengt (auch in Würzburg und Bamberg, wo die Fürstbischöfe als weltliche Herrscher agierten), und in protestantischen Regionen waren die Praktiken besonders grausam, weil man sich nicht an die Verordnungen des (katholischen) Kaisers halten wollte.
Die Würzburger und Bamberger Brutalität ist also nicht so sehr römisch katholischer Brauch (die Opfer der Inquisition waren immer vergleichsweise sehr wenige gewesen und wurden sehr gezielt ausgewählt; übrigens in der Absicht Exzesse, wie zum Beispiel diese Hexenverfolgungen, zu verhindern!), als viel mehr germanischer Brauch. Schon die Sachsen wurden mit Gewalt bekehrt. Der hartnäckige Widerstand der Päpste gegen den Protestantismus und die verzweifelten Bemühungen um Vermittlung von Erasmus erklären sich auch durch die realistische Ahnung dessen, der weiß, dass aus Pandoras Büchse Unheil entweicht, sobald man den Deckel abnimmt.
In Italien wurden die Christen verfolgt, bis dann die Italiener selbst - immer gewaltlos - zu Christen wurden. Aber einmal bekehrt nahmen sie als Christen keine Zwangsbekehrungen vor, obwohl auch bei ihnen ein Großteil der Bevölkerung natürlich weiterhin an die alten Götter der antiken Mythologie glaubten und selbst heute noch heidnische Praktiken, Aberglaube und Wunderglaube geduldet und sogar gepflegt werden und viele Schutzheilige wie ein Nachhall antiker Gottheiten wirken.
In Germanien wurden nie die Christen verfolgt, sondern umgekehrt, von Anfang an, wurden - wie so oft bei Konvertiten zu beobachten - die neuen Christen zu besonders eifrigen Verfolgern der Heiden und Abergläubischen (und manchmal der arianischen Christen). Und die römischen Inquisitoren sahen dem Treiben im Barbaricum des 17. Jahrhunderts entsetzt und machtlos zu.
Siehe auch Goethes und Bachs Zeit
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