Letzten Sonntag war es in der Ukraine relativ ruhig, die
Griechenland-Krise machte Pause und Sebastian Edathy bereitete sich auf
den zweiten Verhandlungstag am Landgericht in Verden unweit von Bremen
vor, wo die Polizei grade ein Islamisches Kulturzentrum durchsucht, aber
nichts Verdächtiges gefunden hatte.
Das war dann auch die erste Meldung in den RTL-Nachrichten um 18.45
Uhr. Es folgte ein Bericht über Klagen von Lehrern, wonach an den
Grundschulen „jedes fünfte Kind“ nicht für die Schule geeignet und
therapiebedürftig sei.
Wer an diesem Tag die „Bild am Sonntag“ gelesen hatte, wusste
bereits, worum es ging. Der Präsident des Bayerischen Lehrerverbandes
hatte der BamS ein Interview gegeben, in dem er den Eltern vorwarf, ihre
Kinder nicht zu erziehen, sondern zu verziehen. Sie würden „zu Hause
alles bekommen und dürfen, ohne etwas dafür zu tun“. Jedes fünfte Kind
sei „schwer“ oder gänzlich „unbeschulbar“.
Irgendetwas an dieser Meldung kam mir bekannt vor. Also googelte ich
„Jedes fünfte Kind“ und wurde fündig. „Jedes fünfte Kind in Deutschland
ist von Armut bedroht“, so das Fazit einer Untersuchung des
Sozialwissenschaftlichen Instituts der Hans-Böckler-Stiftung aus dem
Jahre 2014.
„Jedes fünfte Kind in Deutschland ist zu dick“, klagte die grüne Verbraucherschutzministerin Renate Künast bereits 2003.
„Jedes fünfte Kind zeigt psychische Auffälligkeiten“ meldete DIE WELT
im Sommer 2013 und bezog sich dabei auf eine Untersuchung der
Rostocker Universitätsklinik für Psychiatrie im Kindes- und Jugendalter.
„Jedes fünfte Kind lebt mit süchtigen Eltern“, so fasste die SZ Ende
2011 den Jahresbericht der Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht
zusammen.
Und laut einem Bericht der Berliner „taz“ über „das letzte familiäre
Tabu“, dürfte „jedes fünfte bis zehnte Neugeborene“ in Deutschland „ein
Kuckuckskind“ sein.
Wie soll man sich diesen Gleichklang erklären? Ist die Gruppe der
Kuckuckskinder identisch mit der Gruppe der übergewichtigen, von Armut
bedrohten, psychisch auffälligen Kinder, deren Eltern ein Suchtproblem
haben? Oder sind es fünf Teilgruppen, die zusammen 100% ergeben?
Die Antwort könnte Licht in das letzte Tabu der Statistik bringen.
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