„Ich stehe wieder“, sagte François Fillon, Kandidat der
Konservativen, am Montag auf der Pressekonferenz vor 200 Journalisten.
Und er ist offensichtlich nicht gewillt, sich den anhaltenden
Anschuldigungen zu beugen. Den neuen Bericht der Satirezeitung Canard Enchainé, wonach seine Frau zusätzlich Abfindungen in Höhe von 45.000 Euro erhalten habe, bezeichnete er als „Lüge“.
Diese Summe sei in den Zahlen enthalten, die er am Montag auf seiner
Internet-Seite veröffentlicht habe. In einem Kommunique rechnete er am
Dienstag abend noch vor der Mittwoch-Nummer des Canard bis auf den Cent hinter dem Komma vor, was seine Frau wann erhalten habe. Diese Antwort wird von Zeitungen, selbst der FAZ, in der Meldung über die Vorwürfe des Canard verschwiegen.
Die neuen Vorwürfe dürften Fillon selbst in seiner Entschlossenheit
nur bestärken. Er befindet sich auf Wahlkampftour und sucht den Kontakt
zum Volk, um sein Programm und die Hintergründe der Affäre zu erklären.
In der Pressekonferenz am Montag hatte er eingeräumt, daß die Affäre um
die angebliche Scheinbeschäftigung seiner Frau ihn wie ein Schlag in die
Magengrube getroffen und er einige Tage gebraucht habe, um die
notwendigen Papiere, Gehaltszettel, Verträge, Notizen
zusammenzubekommen, mit denen er seine Unschuld beweisen könne.
Diese Papiere, „die Sie (die Journalisten) schon am ersten Tag
hatten“. Auch jetzt betont er, daß die Beschäftigung seiner Frau und
zwei seiner Kinder völlig legal gewesen sei. Aber während die
Beschäftigung von Familienangehörigen früher normal gewesen sei, stehe
heute für die meisten Franzosen ein moralisches Fragezeichen dahinter.
Das habe er nicht gesehen und dafür entschuldige er sich.
Das tat er heute auch in Artikeln in der Regionalpresse. Auf seiner
Internet-Seite legt er zudem Zahlen und Fakten über die Beschäftigung
seiner Frau vor. Sie habe im Schnitt 3.677 Euro verdient – „angemessen
für eine Person mit akademischem Abschluß“. Auch seine Besitz-und
Vermögensverhältnisse legte er offen. Sie sind ebenfalls auf seiner
Internetseite einsehbar. Demnach beläuft sich das Gesamtvermögen der
Fillons, inklusive des Herrenhauses in der Sarthe, einiger
Lebensversicherungen, Grundstücke und Bausparverträge auf rund 1,3
Millionen Euro.
Die Transparenz und Offenheit, auch die Entschlossenheit, mit der der
Kandidat für die Präsidentschaftswahlen im April und Mai gegen die
Affäre vorgeht, gilt nicht nur für die Pressekonferenz. Er sei „der
gewählte Kandidat und ich kandidiere, um zu gewinnen“. Die
Konservativen, die sich am Dienstag um ihren Kandidaten
scharten, hoffen, daß jetzt wieder über die Programme der verschiedenen
Lager diskutiert wird.
Fillon hatte noch während der Pressekonferenz die beiden Hauptgegner
genannt: die Vorsitzende des Front National, Marine Le Pen, und „den
Ersatzmann Hollandes“ im sozialistischen Lager, den früheren
Wirtschaftsminister Emmanuel Macron. Beide dürften nun unter Druck
geraten, ebenfalls ihre Besitzverhältnisse offenzulegen. Le Pen hat dies
bereits angekündigt.
Macron aber hat es zunächst mit anderen Verhältnissen zu tun. Ihm
wird nachgesagt, eine homosexuelle Beziehung zum Chef von Radio France,
Mathieu Gallet, zu unterhalten. Macron ging bei einer Wahlveranstaltung
am Montag abend darauf ein und machte sich darüber lustig. Seine Frau
(und frühere Lehrerin, die 24 Jahre älter ist und drei erwachsene Kinder
in die Ehe mitbrachte), mit der er Tag und Nacht zusammen sei, frage
sich, wie er so ein Doppelleben führen könne.
Das dürfte nicht das letzte Wort gewesen sein. Die Kampagne, die
schon bis jetzt reich an Überraschungen ist, dürfte noch einige weitere
bringen, und es ist zu hoffen, daß die Franzosen weniger über die
persönlichen Affären der Kandidaten als über deren Programme, mithin die
Zukunft Frankreichs, erfahren.
Während die Konservativen zu einer offiziellen Geschlossenheit
zurückfinden und sich selbst Gegner von Fillon wieder einreihen lassen,
scheint bei den Sozialisten der Kampf zwischen dem gewählten Kandidaten
Benoît Hamon und einer wachsenden Gruppe von Abgeordneten, die Macron
unterstützen, auszubrechen. Parteichef Jean-Christophe Cambadélis drohte
ihnen mit Partei-Ausschluß, was einer von ihnen, der Abgeordnete in der
Nationalversammlung Christophe Castaner, mit der Bemerkung quittierte,
wer sich von Drohungen Cambadélis‘ einschüchtern lasse, sollte besser
aus der Politik aussteigen. Jürgen Liminski
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