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Mittwoch, 26. August 2020

Doof bleibt doof (da helfen keine Quoten)

„Keine Quote in Thüringen“. Zumindest nicht als gesetzliche Vorgabe für die Kandidatenlisten zu den Landtagswahlen. Derlei Nachrichten sollten nicht darüber hinwegtäuschen, daß der Angriff auf demokratische Grund- und Persönlichkeitsrechte in vollem Schwung ist. Er wird von Politikern aller Couleur mit Marx‘ und Engels‘ Zungen weiterbetrieben, flankiert von Gender- und anderen Opferidentitätsgruppen, die naturgemäß ebenfalls bald paritätische Rechte werden geltend machen wollen. Die marxistische Prämisse von der androzentrischen Ordnung, in der die Frau ausschließlich als Opfer des Mannes vorkommt, ist nicht nur Fundament und argumentatives Schwergewicht der (äußerst heterogenen) feministischen Bewegung. Diesem zu Beton erstarrten Marxschen Donnerhall scheinen sich inzwischen auch alle bürgerlichen Parteien unterworfen zu haben, die bislang nicht im Verdacht standen, sozialistische, feministische oder Regenbogenklientelpolitik zu betreiben: „Mit der Teilung der Arbeit [...] ist zu gleicher Zeit auch die Verteilung, und zwar die ungleiche, sowohl quantitative wie qualitative Verteilung der Arbeit und ihrer Produkte gegeben, also das Eigentum, das in der Familie, wo die Frau und die Kinder die Sklaven des Mannes sind, schon seinen Keim, seine erste Form hat.“ (Marx/Engels 1845/46, 32 – Hv. i.O.). Kein Wunder, daß die Frauenfrage im dialektischen und historischen Materialismus langfristig nur zum Nebenwiderspruch gereichte. Sie wurde nicht gelöst, sondern nach paternalistischer Art kurzerhand untergebuttert, und so arbeiten wir uns noch heute an ihr ab.
In einem seiner zahlreichen Briefe bemüht Marx später eine biologische Metapher für das Frauending: "[Es] zeigt sich sehr großer Fortschritt in dem letzten Kongreß der American „Labor Union“ darin u. a., daß er die weiblichen Arbeiter mit völliger Parität behandelt,[...] Jeder, der etwas von der Geschichte weiß, weiß auch, daß große gesellschaftliche Umwälzungen ohne das weibliche Ferment unmöglich sind.“
Ferment: ein „vorwärtstreibendes, beschleunigendes, gärendes Element“, mit dem Stoffe eines selbstregulierenden organischen Systems biochemisch verwandelt werden. Wer jemals einen Sauerteig beobachtet hat, weiß um die vitale Kraft eines solchen evolutionären Stoffwechselvorgangs. „Ohne Enzyme wäre kein Leben auf unserer Erde möglich. Sie kommen daher in allen Lebewesen, in Mikroorganismen, Pflanzen, Tieren und natürlich auch in jeder Zelle des menschlichen Körpers vor. Der Mensch etwa müßte bei vollem Nahrungsangebot verhungern, wenn nicht in seinem Darm vorhandene Enzyme für den Abbau der vielfältigen Nahrungsbestandteile sorgen würden.“.
Wenngleich es also gute Gründe gibt, Ferment als eine treffliche Analogie zur sozialen Funktion und Wirkungsweise von Frauen anzuerkennen und, nicht nur in Krisenzeiten, als unerschöpfliche allgemein menschliche Ressource in Anspruch zu nehmen, so schiebt der Begriff doch in der damaligen geschichtlichen Phase das Frauending einmal mehr auf, verschiebt es in den Bereich des Unverfügbaren.

Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt

Knapp 170 Jahre später ist die Biologie in Verruf geraten und mit ihr die Kontingenz der menschlichen Natur, die jegliche Quotenbestrebungen stets durchkreuzt, was von Quotenbefürwortern als großes Ungemach empfunden wird: „Schon ein flüchtiger Blick in den Berliner Bundestag und die Ministerien reicht aus, um festzustellen, daß ein Rückschritt jederzeit vorstellbar ist. Der Anteil der Parlamentarierinnen ist erstmals seit 1998 wieder deutlich gesunken, im 19. Bundestag sitzen seit 2017 nur noch 31 Prozent Frauen.“ Da ist wohl was schiefgelaufen mit der menschlichen Entwicklung, es müßen also härtere Kaliber her, z.B.: strengere Überwachung des Verschlechterungsverbots und der Einhaltung von Fristsetzungen für das Erreichen von Zielgrößen, wie sie im Quotengesetz für mehr Frauen in Führungspositionen (FüPoG, 2015) festgeschrieben sind. Den Rest sollen die bürgerlichen Parteien en passant erledigen. Ihr Rückhalt in der Wählerschaft schwindet eh ins Bodenlose. Da kommt der fahrende Zug der Identitäts- und Minderheitenpolitiken gerade recht zum Aufspringen, daß man sich fragt, ob nicht alle eigentlich immer schon grün hinter den Ohren waren.
Nach dem Willen der CDU-Frauen soll eine Bundestagskommission die Möglichkeit eines Paritätsgesetzes für das Parlament prüfen. Die CDU selbst strebt gegen den Widerstand aus den eigenen Reihen eine 50-prozentige Frauenquote für Parteiämter und Mandate an. Für die Opferidentitätsgruppe der Homosexuellen hat der Generalsekretär Paul Ziemiak sogar schon einen Entwurf vorgelegt, in dem es praktischerweise auch bereits eine Abkürzung für sie gibt. Danach sollen auch die "„Lesben und Schwulen in der Union“ (LSU) [...] künftig mit einem festen Platz innerhalb der Partei verankert werden. „Wir haben jetzt die Chance, unsere CDU in der gesellschaftlichen Realität ankommen zu lassen und uns endlich auch für die Rechte aller im Bereich LGBTQ einzusetzen“, heißt es in dem Papier. Die CDU zieht also den Grünen hinterher, für die „Quote und Doppelspitze immer noch ein Modell für die Zukunft [sind] – nicht nur für die Grünen, sondern grundsätzlich für die Gesellschaft, für Vereine und Unternehmen“. Die Grünen (sie selbst nennen sich inzwischen Grün*innen) haben schon seit 1986 eine Frauenquote von 50 Prozent, die sich strukturell so niederschlägt: „Die ungeraden Zahlen (und damit auch der Listenplatz 1) [sind] den Frauen vorbehalten.“
Sollte den Grünen zukünftig mehr Macht beschieden werden, gelangt vielleicht das „grüne Feminat“ von 1984 (ausgerechnet!), bei dem ausschließlich Frauen im Fraktionsvorstand landeten, zu neuer Blüte als „basisdemokratisches“ Vor- oder Zerrbild.

„Wir sind Feministinnen. Alle.“

So tönt es von der Netzseite der SPD zur Feier des 100. Internationalen Frauentags. Und was die Quote betrifft, so versucht Familienministerin Franziska Giffey (SPD) durch Androhung hoher Geldbußen, Großunternehmen zu ihrer Einhaltung zu zwingen.
Die Linke bringt gleich den übernächsten Sprengstoff mit, indem sie die „Einschränkungen von vielfältigen Lebensweisen [...] in der aktuellen Familien- und Sozialpolitik“ beklagt, und daß "durch den Ausschluss nicht verheirateter und/oder lesbischer Frauen von den Reproduktionstechnologien noch immer die heterosexuelle Familie bevorzugt“ wird. Es ist erschütternd, mit welcher Beiläufigkeit und Larmoyanz hier die Grundfragen menschlicher Existenz sowie Einzelschicksale skandalisiert werden, Fragen, für deren Kontemplation seit Menschengedenken so mancher große Geist seine gesamte Lebenszeit aufwendete, ganz zu schweigen von den unzähligen Völkerschlachten, die um ihretwillen verlustreich geschlagen wurden.

Miststücke, die wir brauchen

Als im Jahre 2012 einige bekannte Journalistinnen der Initiative Pro Quote die taz-Redaktion übernahmen, um eine Wochenendausgabe zu gestalten, mit der sie eine hochprozentige Frauenquote für die Medien bewarben, waren sie sich einig: „Quote - ja oder nein? Darüber wird hier gar nicht mehr diskutiert.“ Auf die Frage [...], ob jemand da sei, der gegen die Quote sei, meldet sich niemand. Die meisten hier, so der Tenor, wünschten sich, es ginge ohne, aber die Erfahrung habe anderes gelehrt: „Es ist ein Armutszeugnis für ein Land wie Deutschland“, faßt Hayali zusammen, „aber die Quote ist das Miststück, das wir brauchen“. Man hört derweil förmlich die anderen Miststücke am Hintereingang mit den Hufen scharren: Schwulenquote, Lesbenquote, Transgenderquote, Migrantenquote, Schwarzenquote usw., vielleicht gar eine Einäugigen- oder Linkshänderquote, mit deren Hilfe sich bald weitere gefühlt Benachteiligte querstellen können, mit sicherlich aufschiebender Wirkung für alle Entscheidungen zu den wirklich drängenden Problemen unserer Zeit.
Vor diesem Hintergrund wirkt die gesetzlich verankerte Quote als despotischer Streich auf dem Weg nach Sodom und Gomorrha. Sie macht aus mündigen Bürgern einer Demokratie augenblicklich ein Volk von Mitläufern und Duckmäusern, indem sie politische Akteure direkt, und das Volk indirekt zwingt, eine unerwünschte Diskriminierung durch eine vermeintlich weniger schädliche zu ersetzen. Das Ergebnis ist eine immer weiter zunehmende Polarisierung und Vergiftung der gesellschaftlichen Atmosphäre, wie wir sie zur Zeit schon allein im Kampf der reproduktionsfähigen Geschlechter beobachten können. Damit Frauen nicht mehr diskriminiert werden, wird der Spieß schon seit längerem qua „positive“ Diskriminierung (in den USA „affirmative action“ genannt) auf Männer umgedreht. Die sind eh schon zu lange am Ruder, wo sie ohnehin nur Mist gebaut haben, wie die Geschichte angeblich zeigt.

Alle gegen „toxische Männlichkeit“

Das Gift der steilen These aus den 1970ern, daß jeder Mann ein potentieller Vergewaltiger sei, hat sicher zur schleichenden Diskreditierung von Männern beigetragen und befördert die feindliche Atmosphäre zwischen den Geschlechtern weiter, wie auch die aktuellen Ausbrüche von Bilderstürmerei zeigen, die sich insbesondere gegen den „alten weißen Mann“ richten. Der gilt pauschal als Rassist und Sklaventreiber, Sexist sowieso, und hat das heutige Elend der Welt zu verantworten. Besser spät als nie soll er zur Rechenschaft gezogen werden. Unter dem Stichwort Intersektionalität kulminieren verschiedene Diskriminierungsformen, gegen die ein Amalgam aus Feminismus, LBGTQI, Black Lives Matter u.a. mit hohem moralischem Eifer zu Felde zieht. So ist wohl zu erklären, warum unlängst kulturgeschichtliche Zeugnisse von aufgebrachten Mobs weltweit vom Sockel gestoßen wurden, warum Unbekannte Christoph Kolumbus über Nacht symbolisch köpften, und warum George Washington vom Ein-Dollar-Schein verschwinden soll. Im Vordergrund steht wohl dabei nicht, aus der Geschichte zu lernen, wie Zukunft besser gehen könnte, sondern sie an heutigen Maßstäben zu messen und am Besten gleich rückwirkend umzuschreiben.

Wie alles anfing

Die Quote hat viele Stiefgeschwister, allen voran das Gender-Mainstreaming. Dadurch werden ebenfalls stets neue Diskriminierungen geschaffen, um Gleichstellung zu erreichen. GM, und mit ihm eng verflochten die Quote, wirkt schon lange in Rechtsvorschriften und Regelungen hinein (nicht nur in Deutschland, sondern weltweit).
So wohlfeil die Perspektive der Geschlechtergerechtigkeit ist, so wenig trägt sie zur grundsätzlichen Lösung der immer noch ungelösten „Frauenfrage“ (sowie der Einbeziehung von Minderheiten und Außenseitern in demokratische Prozesse und Strukturen) bei.
„Den Menschen so herzustellen oder wiederherzustellen, wie er sein soll, war von jeher der Anspruch der orthodoxen Inquisition. Die Prozentsätze an Unverbesserlichen, die es dabei nicht schaffen, schwanken, aber ihr Los ist im wesentlichen immer das gleiche. Es ist das Los des Menschen, nicht so zu sein, wie er sein soll; wie er jedenfalls in den Augen der Gerechten sein soll. Und wenn die Gerechten regieren, hat er nichts zu lachen."
(Carl Amery, „Der Intellektuelle und die Tabus“)

„Liebe Menschen!"

Die unterschiedlichen natürlichen Voraussetzungen der beiden reproduktiven Geschlechter zu ignorieren oder Versuche als rückständig zu diskreditieren, mit denen dem „kleinen Unterschied“ und seinen „großen Folgen“, z.B. durch Sozialleistungen, Rechnung getragen werden soll, ist leider ein politischer Verhaltensstandard, der den Graben zwischen den Positionen nur noch mehr vergrößert: „Der Bundesrat hält die Einführung eines Betreuungsgeldes für verfehlt, weil es Kinder vom Bildungsangebot der Kindertagesstätte abhält und überholte Rollenvorstellungen über die Aufteilung von Familien- und Erwerbsarbeit verfestigt.“ .
Feminismus-, Gender-Mainstreaming- und Quotenlobbys können nur spärlich die Fratze des Totalitarismus verdecken. Die Subversivität des Genderdogmas, deren Vertreter den offenen Diskurs von Anfang an scheuten, hat Dale O‘ Leary in ihrem Bändchen „The Gender Agenda“ von 1997 anschaulich beschrieben. Ursprünglich wurden in UN-Dokumenten die Begriffe „sex“ und „gender“ synonym verwendet. Seit der Weltfrauenkonferenz in Peking 1995 bezieht sich „gender“ auf die radikalfeministische Doktrin von der „sozial konstruierten Geschlechterrolle“. Gender-Mainstreaming wurde nach dem Muster einer feindlichen Übernahme auf der Konferenz gegen den Willen von Delegierten aus Entwicklungsländern und z.B. Vertretern einer Koalition für Frauen und Familie besiegelt. Beim Umdeuten oder Austauschen von unliebsamen Begriffen zeigt Genderlobby auch heute noch keinerlei Interesse an der Herstellung von Übereinstimmung mit Andersdenkenden oder etwa an politischer Legitimität durch den Souverän. Im Gegenteil.
Städte und Gemeinden, Universitäten, öffentlich-rechtliche Medien präsentieren sich über die Köpfe der Bürger hinweg immer aufdringlicher im angeblich freiwilligen Gendersternenglanz einer Öffentlichkeit, die dem GM nachweislich ablehnend gegenüber steht. Angeblich diskriminierende Begriffe sollen ausgemerzt werden (z.B. Milchmädchenrechnung), „inklusive“ Formulierungen wie „Liebe Menschen!"  sollen Anreden wie „Sehr geehrte Damen und Herren!" ersetzen. Für die Genderlobby stellt Ergebnisoffenheit eine Gefahr dar, deshalb läßt sie ein Sowohl-als-auch nicht zu. Entweder-oder ist die Maxime. Was zeitgemäß ist, entscheiden Parteifunktionäre und ein aufgeplusterter Beamtenstadl.

Die Quote verletzt die Menschenwürde

Artikel 1 des Grundgesetzes bedeutet, daß alle Menschen gleich wertvoll sind — egal welchen Geschlechts sie sind, welchem Glauben sie anhängen, ob sie arbeiten oder nicht, ob sie gesund sind oder krank usw. Selbst Kriminellen wird die Menschenwürde zugestanden. Die Quote zwingt Frauen in einen Opferstatus. Eine Quotenfrau kann niemals aus eigener Kraft eine eigenständige Position behaupten, denn der Quotenstatus ist ein modriges Fundament. Dieser Zustand nimmt jeder Quotenfrau die Würde von vornherein. Die Quote ist ein unmittelbarer Angriff gegen die Autonomie von Subjekten als Träger des freien Willens.

Die Quote verletzt die Vereins- und Koalitionsfreiheit

Wo, wenn nicht in totalitären Systemen, bekommt man Ergebnisgleichheit per Dekret? Die Quote macht aus einer lebendigen Demokratie im Nu ein Potemkinsches Dorf. Vor dem Gesetz sind alle gleich. Sich im Sinne von Ideologien nicht nur der Gesetze, sondern auch der Sprache zu bemächtigen und Begriffe umzudeuten bzw. durchzutauschen, ist eine bewährte Strategie von Autokraten wie auch von radikalen Feministinnen. Die reden schon lange nicht mehr von Chancengleichheit, sondern nur noch von Gleichstellung. Dadurch ist Ergebnisoffenheit — eins der entscheidenden Kriterien in einer Demokratie — zunichte gemacht.
Stimmenvielfalt, nicht Einstimmigkeit, Kontingenz, nicht Notwendigkeit, Einfälle und Zufälle sind konstituierende Elemente lebender Systeme. Wer sie nicht zuläßt, bringt den Tod. Dekrete werden in Demokratien lediglich ausnahmsweise ausgerufen — im Notstand. Um der Quote zu genügen, sollen aber Männerchöre Frauen aufnehmen. Weigern sie sich unter Berufung auf die Vereins- und Koalitionsfreiheit, müssen sie den Verlust der Gemeinnützigkeit und damit steuerliche Nachteile in Kauf nehmen.

Die Quote ist ein direkter Eingriff in die unternehmerische Freiheit

Die Quote ist ein frontaler Angriff auf die Eigentumsrechte von Unternehmern und die Vertragsfreiheit aller Wirtschaftsakteure. Sie hebt den freien Wettbewerb auf und mißachtet die Prozeßhaftigkeit organisationaler Strukturen mit ihren branchen- und unternehmenstypischen Besonderheiten. Geben Quoten vor, wer eine freie Position bekleiden darf oder nicht, können sich weder Frauen noch Männer zwischen verschiedenen Möglichkeiten und entsprechend ihren Neigungen für einen Lebensweg entscheiden. Die Quote hebt den Leistungswettbewerb auf, diskriminiert Männer und zementiert den Opferstatus von Frauen. Sie kostet Vertrauen und die Bereitschaft der Akteure, Eigenverantwortung zu übernehmen, von den Erfüllungskosten für den bürokratischen Aufwand ihrer Einführung und Kontrolle ganz zu schweigen. Die Quote macht alle zu Verlierern. In Zeiten des Wirtschaftswunders galten Unternehmer als Hoffnungsträger und Garanten des Wachstums „Made in Germany“. In Zeiten von staatlicher Regulierungswut im Interventionsstaat werden sie zu Sündenböcken für die soziale Ungerechtigkeit der Welt. Der ökonomische und ökologische Niedergang des Realsozialismus scheint seine abschreckende Wirkung eingebüßt zu haben — insbesondere in Zeiten von Corona, wo der Staat als Krisenmanager auftritt, der auf Schritt und Tritt mit uferlosen Alimentierungsprogrammen aufwartet. Die Quote diskreditiert unternehmerisches Handeln und befeuert das Stereotyp des rücksichtslosen, ausbeuterischen oder gar korrupten Profitmaximierers mit der Begründung, die Selbstverpflichtung zur Beteiligung von Frauen habe nichts gebracht. Damit wird ihnen die ganze Last der Ergebnisoffenheit natürlicher Kontingenz aufgebürdet.

„Recht braucht Menschen, die das Recht verteidigen“

Die Quote beschämt alle: Zunächst die Frauen, die durch ihre Stellvertreterfunktion zu bloßen Platzhaltern für die Gleichstellungsideologie instrumentalisiert werden, und deren Bemühen, einen gangbaren Mittelweg zu finden, als "Teilzeitfalle" gebrandmarkt wird. Dann auch jene Frauen, die kein Interesse an einer beruflichen Karriere haben, sondern ihre Rolle eher in der Familie sehen, sei es als Mutter ihrer Kinder oder Musen ihrer Männer oder beides. Zuletzt beschämt die Quote alle Kreativen, alle Gestalter, die ihr Leben aus eigenem Antrieb meistern ...
Die Grundrechte schützen Bürger nicht nur voreinander, sondern auch vor dem Staat, der diese zu garantieren hat. Sie sind einklagbar. Aber wo kämen wir nur hin, wenn wir den Rechtsstaat engherzig auslegen und uns allzu leichtfertig auf das Recht zum Einlegen von Rechtsmitteln berufen? Ist es nicht vielmehr so, wie der Sozialrechtler Hans F. Zacher in „Freiheitliche Demokratie“ 1969 schrieb, „daß Freiheitsrechte die Frage des Pluralismus nicht überflüssig machen, sondern nur Hilfsmittel sind, um den Pluralismus zu verwirklichen. Werden sie nicht mit pluralistischem Menschen-, Gesellschafts- und Staatsverständnis erfüllt, werden sie unschwer bloßes Papier. Auch hier gilt, daß es nicht auf die Normen ankommt, sondern auf die Menschen, die sie handhaben. Diese Menschen sind aber nicht etwa nur die Verfassungsrichter. Die Menschen, welche die Freiheitsrechte handhaben, sind vielmehr in ganz besonderem Maße wir alle: auf der einen Seite, weil es darauf ankommt, wie wir uns unserer eigenen Freiheiten bewußt sind, wie wir sie gebrauchen und verteidigen; auf der anderen Seite, weil es darauf ankommt, ob und wie wir die Freiheit des anderen ertragen oder nach Gesetzgeber, Polizei und Richter rufen, wenn andere etwas tun, was uns nicht paßt.“
Hervorhebungen in Zitaten kursiv durch den Autor.

Sabine Mertens ist Systemischer Berater, Coach und Kunsttherapeut in eigener Praxis sowie Bildender Künstler, Leiter eines Weltmusik-A Capella Ensembles und Schlagzeuger. Sie leitet die AG Gendersprache im Verein Deutsche Sprache (VDS) und lehnt die Rechtschreibreform von 1996 ab, u.a. weil dadurch das geliebte ß zum Waisenkind wurde und die Verringerung seines Gebrauchs zu häßlichen Dreifach-s-Verbindungen führte.

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