HAMBURG. Verlag und Management der österreichischen Kabarettistin Lisa Eckhart haben ein Angebot des Harbour Front Literaturfestivals abgelehnt, per Videoschalte an einem Wettbewerb für Autoren von Debütromanen teilzunehmen. Eine solche virtuelle Teilnahme „über den Umweg einer Videolesung“ lehnten Verlag und Management ab, sagte der Verlagsleiter von Zsolnay, Herbert Ohrlinger, am Montag der Welt. Es gebe dabei keine Chancengleichheit. Auch weiteren Vorschlägen, etwa die Austragung des Wettbewerbs an einem neuen Veranstaltungsort, sei man nicht zugetan.
Zuvor hatte das Harbour Front Literaturfestival vergangene Woche mitgeteilt, Eckart solle nun doch an dem Wettbewerb für den „Klaus-Michael-Kühne-Preis“ teilnehmen dürfen, nachdem sie vergangene Woche ausgeladen worden war.
Ohrlinger begründete die Entscheidung auch damit, er müsse die junge Autorin schützen, zumal es auch Versuche von politischer Vereinnahmung gebe. Beispielsweise habe die AfD Hessen ein Foto Eckhart für eine politische Stellungnahme verwendet. „Sowohl Lisa Eckhart als auch der Paul Zsolnay Verlag weisen diesen plumpen Versuch der Instrumentalisierung zurück und betonen, die Inhalte und Ziele dieser Partei entschieden abzulehnen“, teilte der Verlag mit.
Unterdessen verteidigte der Mitbegründer der Literaturveranstaltung, Nikolaus Hansen, die Einladung Eckharts. „Für uns war der Text von Lisa Eckhart in den ‘Mitternachtsspitzen’ kein Anlaß, sie nicht einzuladen. Ihr Debütroman ‘Omama’ war der Anlaß, sie einzuladen“, sagte der Verleger der FAZ. „Aufgrund der Situation, die sich um Lisa Eckhart gebildet hat, können wir den Wettbewerb, wie wir ihn vorhatten und seit zehn Jahren gestalten, leider nicht mehr machen. Mich erinnert das an Weimarer Verhältnisse. Wir weichen einer Gewalt, aber es gibt auch keinen eleganten Weg, der Gewalt nicht zu weichen.“
Eckhart war zuvor gebeten worden, nicht an dem Wettbewerb in Hamburg teilzunehmen. Dies lehnten Verlag und Management jedoch ab. Die Betreiber der im September geplanten Lesung im Lokal „Nochtspeicher“ führten „Sicherheitsbedenken“ an und hatten befürchtet, der linksextremen „Schwarze Block“ werde die Veranstaltung sprengen. In einer dem Spiegelvorliegenden E-Mail hatte es geheißen, im „bekanntlich höchst linken Viertel“ würde eine solche Veranstaltung nicht geduldet, auch Polizeischutz werde nicht in Erwägung gezogen, weil „die Situation dann sogar noch eskalieren und gar zu Straßenscharmützeln führen“ könne.
Eckhart sollte zusammen mit zwei Co-Autoren aus ihrem Buch „Omama“ vorlesen, für den sie in der Kategorie des besten deutschsprachigen Romandebüts nominiert war. Allerdings weigerten sich die anderen Schriftsteller, mit der in Leipzig lebenden Österreicherin aufzutreten. Einer begründete dies laut FAZ mit einem Auftritt Eckharts in der ARD-Kabarettsendung „Mitternachtsspitzen“ im September 2018.
Dort hatte sie in der Rolle ihrer Kunstfigur Vorurteile gegen verschiedene gesellschaftliche Gruppen vorgetragen. Zudem wurde der 28jährigen Antisemitismus vorgeworfen, als sie sich in ihrem Programm mit dem inzwischen verurteilten Sextäter Harvey Weinstein beschäftigt hatte.
In einem nun veröffentlichten, aber bereits vor der Ausladung in Hamburg stattgefundenen Gespräch mit der Welt am Sonntag, kritisierte Eckhart die aus ihrer Sicht feministischen und linksliberalen Widersprüche. „Drag hat Konflikte mit Trans. Body-Positivity wird von links gegen Transgender ausgespielt. Von wegen: Wer sich operieren läßt, unterwirft sich einem Diktat der Schönheitsindustrie“, verdeutlichte sie.
„Die Revolution frißt laufend ihre Kinder. Ich will keine Antworten liefern. Ich will nur zeigen: Das, was ihr da macht, ist problematisch. Euer moralisch-hierarchisches Korsett.“ Alle würden ständig ermahnt, Haltung zu zeigen. Dies sei aber schwierig. „Die Gefahr, daß ich, wenn ich die Linken kritisiere, Beifall von rechts bekomme, sehe ich. Nur, was ist die Alternative? Ich weiß auch keine optimale Antwort“, räumte die Künstlerin ein.
Ihrem linksliberalen Publikum wolle sie Lustschmerzen bereiten. „Ich sage nicht, daß es nicht auch notwendig wäre, gegen rechts anzugehen. Aber der Markt ist gesättigt. Es ist für mich keine sonderliche Herausforderung, gegen rechts zu sein. Ich möchte ein Publikum beschimpfen, das mich danach trotzdem noch liebt.“
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