Stationen

Mittwoch, 30. März 2016

Süddeutsche Lügenpresse

Nun ist die Erkenntnis dank einer Buchrezension der Süddeutschen Zeitung auch offiziell im Mainstream angekommen: der „Große Austausch“ ist, wie Renaud Camus schrieb, „keine Hypothese, kein Konzept, keine Theorie, sondern die simple Feststellung einer Tatsache“.
Allerdings eine, die nach den Autoren des frisch erschienenen Buches „generation mix“ (sic) ebenso „unumstößlich wie wünschenswert“ sein soll. Wer hätte das gedacht? Wer wundert sich darüber? Wohl nur diejenigen, die immer noch nicht verstanden haben, auf welches Ziel das Ideal des „bunten“ Deutschland hinsteuert.


Doch nach der Reihe. Im Vorwort zu dem Band „Revolte gegen den Großen Austausch“ von Renaud Camus habe ich drei Haltungen zu dem Phänomen des laufenden Bevölkerungsaustausches skizziert:

Auf Stufe 1 wird seine Realität schlichtweg geleugnet. Derlei – natürlich „kruden“ – Unfug denken sich demnach nur ein paar rechtsradikale, rassistische Spinner und Verschwörungstheoretiker aus (so die französische Wikipedia, die wie ihre deutsche Schwester von einschlägig motivierten Kettenhunden bewacht wird, was bestimmte politische Themen betrifft). Ein Beispiel wären die Äußerungen unserer feingeistigen Groupies auf „Starke Meinungen“ und die von ihnen nur durch Nuancen unterschiedenen Linksextremisten wie diese hier (Achtung, Leckerbissen):
Die Halluzination vom “Großen Austausch”… Der tatsächliche Inhalt des aktuellen Flyers ist schnell zusammengefasst und klingt entweder nach einer rassistisch motivierten Science Fiction Story oder aber nach einer nicht weniger menschenverachtenden Verschwörungstheorie. (…) Dahinter steht die krude Idee von einem angeblichen Bevölkerungsaustausch.
Auf der zweiten Stufe befinden sich die schlauen Pseudologiefabrikanten, die zwar in der Regel mehr oder weniger zugeben, daß der Bevölkerungsaustausch stattfindet (etwa indem sie anerkennen, daß Deutschland immer „bunter“ oder auch in der Highbrow-Version: „pluralistischer“ oder „komplexer“ werde), daß er aber eine unerhebliche Sache sei, da Völker, Rassen und ethnische Identitäten ohnehin nur „Konstrukte“ seien, also keine eigentliche Existenz hätten oder in Zeiten der Globalisierung keine Rolle mehr spielen würden.

Wer Gegenteiliges behauptet, sei aber ein „Rassist“ oder schlimmeres. Auf dieser Stufe sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt, und beliebige Kombinationen aus Begriffsdichtung, gedanklichen Kurzschlüssen, taktischen Kehrtwendungen und emotionalisierenden Vernebelungen möglich.

Der Übergang zur letzten Stufe, auf der sich grüne Politiker oder antifantische Demonstranten offen über und auf den „Volkstod“ freuen, ist fließend. Hier finden sich auch Prominente wie eine Anetta Kahane, die allen Ernstes erklärte, es sei „die größte Bankrotterklärung der deutschen Politik nach der Wende“ gewesen, daß sie zugelassen habe, „daß ein Drittel des Staatsgebiets weiß blieb“ und quasi ein Update des „Generalplans Ost“ vorschlug. Oder, um im Genre der alten Genossen aus der volksfreundlichen DDR zu bleiben, ein Gregor Gysi, der sich unverhohlen darüber freute, daß die Deutschen „zum Glück“ aussterben.
 
Ganz so garstig drücken sich die Autoren der Eloge auf „die superdiverse Zukunft unserer Städte“ Jens Schneider, Maurice Crul und Frans Lelie zwar nicht aus, aber sie befinden sich wohl schon eher auf der dritten als auf der zweiten Stufe. Was die SZ über das Buch dieser „Identitätsforscher“ zu berichten weiß, klingt wie ein seitenverkehrt gelesener Renaud Camus:
Schon lange geben in New York nicht mehr weiße Angelsachsen den Ton an. Die Stadt ist, genau wie Los Angeles und Miami, eine „Majority-Minority-City“. Auch Amsterdam, London, Brüssel und Genf sind zu solchen „Mehrheitlich-Minderheiten-Städten“ geworden.
Und genau so, darauf weisen der Migrations- und Identitätsforscher Jens Schneider und seine Mitautoren Maurice Crul und Frans Lelie in ihrem Buch hin, wird es bald Frankfurt am Main, Augsburg und Stuttgart ergehen: Sie werden ihre deutsche „Mehrheitsgesellschaft“ verlieren. Anders gesagt: Die ethnisch deutsche Bevölkerung wird zu einer von mehreren Minderheiten werden.
Wie gesagt, lassen die Autoren „keinen Zweifel daran, dass sie diese Entwicklung für ebenso unumstößlich wie wünschenswert halten“, und zwar deshalb, weil sie große „Chancen“ (uff) für mehr „gesellschaftliche Gerechtigkeit“ wittern. Darunter stellen sie sich etwa folgendes vor:
Wenn nämlich die bisherige Mehrheitsgesellschaft ihre dominanten Positionen verliert und damit – ein Beispiel – vielleicht das Gymnasium in Deutschland seine Rolle als Statussymbol, das manche Eltern nicht mit Fremden, noch dazu aus anderen Schichten, teilen wollen.
Bildung und soziale Herkunft, der alte deutsche Zusammenhang, könnte sich ebenso auflösen wie die Gewissheit vieler Einheimischer, sie blieben auch in einer rasch alternden Gesellschaft noch in der Mehrheit und damit gewissermaßen Eigentümer des Landes.
Frappant ist, was man hier unter „gesellschaftlicher Gerechtigkeit“ versteht, und wie hier das Positive und Wünschenswerte einer solchen Entwicklung begründet wird: nämlich weniger mit dem Wohl der Zuwanderer, als mit der Aussicht, die „Ur-Deutschen“ (so die SZ) zu erniedrigen, indem man sie entmachtet, ihren sozialen Status senkt, ihren „alten deutschen Zusammenhang“ und ihre „Gewißheit“ auflöst (also: ihre Identität), ihnen systematisch ihre Rückzugsräume nimmt und sie von dem dünkelhaften Irrglauben befreit, sie wären noch in irgendeiner Weise „Eigentümer“ ihres Landes (so auch der vielsagende Titel des Artikels in der Netzadressleiste: „Die neuen Eigentümer“).

Enteignung, Entmachtung, Statusverlust, Identitätsschwächung, „Auflösung der Mehrheitsgesellschaft“, also des deutschen Volkes (und aller Völker) in seiner historischen Form: damit ist klar, wohin der Hase läuft, und nichts anderes habe ich schon 2011 in dem Büchlein „Die Verteidigung des Eigenen“ beschrieben. Aber weil ich dieses Vorhaben nicht nur für fahrlässig, sondern für infam halte und diese Dinge als gezielt eingesetzte politische, gewissermaßen „kolonialistische“ Waffen betrachte (man schlage nach bei Frantz Fanon) werde ich mit einem anderem Maßstab gemessen als die Apologeten der „Superdiversität“.

Es ist schon witzig, in der Süddeutschen Zeitung ohne kritische Kommentierung einen Satz zu lesen, der wörtlich aus einem identitären Flugblatt stammen könnte:
Die ethnisch deutsche Bevölkerung wird zu einer von mehreren Minderheiten werden.
Wenn unsereiner einen solchen Begriff wie „ethnisch deutsche Bevölkerung“ benutzt, wird er schnell mit allerlei aggressiv vorgebrachten Einwürfen beschossen: „Was soll denn das heißen: ethnisch deutsch?“ „Was soll denn das heißen: deutsch?“ „Was soll denn das heißen: ethnisch?“ Und so weiter, und flugs ist man wieder ein „Rassist“ mit „Reinheitsphantasien“ und so weiter.

Ich habe auf diesem Blog schon vor zwei Wochen festgehalten, daß ich die überstrapazierte Diskussion um die „ethnische Homogenität“ für Nebelwerferei halte. Da ich ihr Buch nicht gelese haben, weiß ich nicht, ob sich das Autorentrio Schneider/Crul/Lelie lange mit elaborierten Definitionen aufhält, wer denn nun ein „ethnisch deutscher“ Bevölkerer ist und wer nicht. Aber das ist eigentlich nicht nötig, denn in Wahrheit versteht jedermann, welche Bevölkerungsschichten, die „zu einer von mehreren Minderheiten werden“, gemeint sind. Das wissen jene, die ihnen angehören, und erst recht jene, die deren Identität „dekonstruieren“ wollen, um sie über ihre Interessen zu täuschen und wehrlos zu machen.

Wenn nun etwa Meister Nassehi als derzeitiges rechtes Hauptprojekt die Bewahrung der ethnokulturellen „Homogenität“ ansieht (wie man nicht oft genug wiederholen kann, die Grundvoraussetzung des noch bestehenden deutschen Nationalstaats, seiner Grenzen und seiner Verfassung), und als linkes den „Umbau der Gesellschaft“, dann sollte er nicht vergessen, daß dieser linke Umbau zu der rechten, vorwiegend reaktiven Position komplementär ist und heute überwiegend genauso aussieht wie in „generation mix“ gepriesen: das Ziel ist ein symbolisch-kultureller wie handfest demographisch-biologischer Abbau der real vorhandenen ethnischen Mehrheit (vulgo des sog. „homogenen“ Volkes) zugunsten einer Umwandlung der „Gesellschaft“ in eine Art Vielvölkerstaat oder Vielvölkergemischstaat, den dann Menschenrechte, Sozialleistungen und Konsum irgendwie zusammenhalten sollen.

Man kann nun vielleicht wie Nassehi behaupten, daß beide Projekte „keine Alternativen“ sind, aber das besagte Schlachtfeld ist alles andere als illusorisch, und einen dritten Weg kann ich im Moment nicht erkennen, auch keine Möglichkeit, das Schlachtfeld semantisch umzudeuten.

Jedenfalls: die handfesten Beispiele für Metropolen oder Stadtviertel, in denen die Stammbevölkerung zur Minderheit geworden ist, laden bekanntlich kaum zur Nachahmung ein, um es gelinde zu sagen. Die Lebensqualität von London, Paris, Frankfurt, Berlin, Stockholm, Malmö, Rotterdam, Brüssel etc. ist insgesamt nicht gerade gestiegen; eher ist sie aus Gründen, die auf diesem Blog wohl nicht wiederholt werden müssen, drastisch gesunken. Bald wird man die Länder und Menschen, die man in diesen Städten sucht, nicht mehr wiederfinden. Und wer noch freiwillig wählen kann, an einem Ort zu leben, in dem seine Gruppe in der Mehrheit ist, wird das mit Sicherheit tun, aus Gründen, die man ebenfalls kaum erläutern muß.

Hinzu kommt, daß sich die erwartete fröhlich-bunte Mischung trotz jahrzehntelanger Einwanderungsströme und „Integrationsbemühungen“ nirgendwo wirklich eingestellt hat; vielmehr sind Raumnahme, Identitätsverlust (auf beiden Seiten), Orientalisierung, Afrikanisierung und Islamisierung der europäischen Städte zu beobachten, wobei die besonders belasteten Stadtteile in der Regel durch Kriminalität, Arbeitslosigkeit, Verwahrlosung und Verfall gekennzeichnet sind. Und daß sich gerade in nahezu komplett „ausgetauschten“ Stadtteilen wie St. Denis oder Molenbeek Hochburgen des islamischen Terrorismus gebildet haben, ist wohl auch nicht gerade ein Zufall.
Insofern hat es schon eine gewisse Komik, wenn nach den letzten Attentaten in Paris und Brüssel ein Buch erscheint, das derart dreiste Märchen verkaufen will, wie sie der Autor der Süddeutschen zusammenfaßt:
Integration funktioniert, das macht der lesenswerte Band deutlich, wenn ein Land Anspruch auf seine Einwanderer erhebt. Ein richtiges Einwanderungsland akzeptiert die Menschen, es sorgt für umfassende Bildungsangebote, durch die neu Hinzukommende leichter Arbeit finden und die Einwandererkinder von klein auf prägen.
Was auf Samtpfötchen und mit den üblichen bunten „Diversity“-Männchen auf den Cover daherkommt, ist natürlich eine grenzenlose Perfidie. Es ist allerdings gut, wenn das Anliegen so deutlich ausgesprochen wird. Wird man hinhören oder sich einlullen lassen?
Mit Renaud Camus kann ich nur sagen: Revoltiert! In seinem Buch kann man nachlesen, was der „Große Austausch“ wirklich bedeutet.  Martin Lichtmesz

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