"Es
gibt nicht nur Menschenrechte, sondern auch Eselsrechte,
unveräußerliche Eselsrechte. Ein Grundrecht jedes Esels ist z.B. das
Recht auf einen toten Löwen, dem er nach Herzenslust Fußtritte versetzen
kann."
Carl Schmitt, Glossarium.
***
Das
deutsche Gefängnisgewerbe brummt, die Knäste sind voll, das Gold aus
den Schiffen füllt immer mehr Zellen. Viele Delinquenten müssen gar
nicht mehr einfahren, weil im Kittchen kein Platz frei ist. Freund ***
hat eine gute Idee, die Lage zu entspannen: Man sollte, schlägt er vor,
Vergewaltigung künftig einfach zur Ordnungswidrigkeit erklären. Außer
natürlich bei Canaillen mit falscher Hautfarbe wie Harvey Weinstein.
***
Ursula
von der Leyen, die restdeutsche Verteidigungsministerin, hat in der
Talkshow von Frau Illner über die Opposition in Polen gesagt: "Dieser
gesunde, demokratische Widerstand der jungen Generation, den muss man
unterstützen." Naturgemäß war man beim Nachbarn nicht amüsiert über
diese durchaus dummdreiste Äußerung einer ja immerhin – auch wenn man's
nicht glaubt – Ministerin, aber gottlob kommandiert Frau von der Leyen
nicht die Wehrmacht, sondern bloß einen Bund deutscher Mädel (und
neuerdings auch Muselmanen), so dass sich die Reaktionen in den Grenzen
von 1989 hielten und in dem Vorwurf erschöpften, die Moralherrenmenschin
mische sich in die inneren Angelegenheiten Polens ein. Als ob es so
etwas Anachronistisches wie innere Angelegenheiten noch irgendwo gäbe!
"Polens
rechtspopulistische Regierung tut schockiert und freut sich doch über
einen kleinen Ausrutscher von Verteidigungsministerin von der Leyen",
schrieb – beinahe hätte ich "berichtete" geschrieben, aber die drucken
ja nur noch Kommentare ab – Spiegel online. "Begleitet wurde
das Gezeter der nationalkonservativen Politiker von empörten Berichten
regierungstreuer Medien und der öffentlich-rechtlichen Anstalten." Na so
was. Regierungstreue Medien – Genossen, mal ohne Gezeter und Getue: Ist
das kein Pleonasmus? Doch davon ganz abgesehen: Stellen wir uns vor,
ein polnischer Minister hätte im TV gefordert, man müsse den
demokratischen Widerstand von Pegida und der Identitären Bewegung gegen
die permanenten Rechtsbrüche der Bundesregierung unterstützen – wie
wären die Reaktionen von CDUSPDFDPGrünen darauf wohl ausgefallen?
Zeternd? Aber das wäre ganz was anderes! Die
Bundeswehreffeminierungsministerin hat doch ausdrücklich vom "gesunden,
demokratischen" Widerstand gesprochen. In Deutschland ist die Regierung
gesund und demokratisch, die Opposition indes ist krank und alt, selbst
wenn sie jung ist, und missbraucht die Demokratie, indem sie mehr davon
einklagt. Widerstand leisten ausschließlich diejenigen, die sich diesem
opponierenden Pack engagiert entgegenstellen!
***
Zum Beispiel jenes
schneidige Dresdner Fräulein, das einen Mitschüler wegen "Hitler-Gruß
und Holocaust-Witzen" anzeigte und nun für ihre Zivilcourage mit einem
Preis geehrt wurde (eine ihr vorausgehende Preisträgerin bekam die
Auszeichnung übrigens für couragierten Widerstand gegen Pegida).
Regelmäßige Besucher meines kleinen Eckladens wissen, was ich von Hitler
und Holocaust-Witzen halte, sie wissen freilich auch, wie ich über die
Förderung von Petzen und Denunzianten denke. Man kann eine Plage
schwerlich durch eine andere bekämpfen, denn die bliebe am Ende übrig.
Letztlich ist dieser Fall aber ein Beleg dafür, wie friedlich es in
Sachsen noch zugeht, denn wenn es sich um den Antisemitismus von
Araberbuben gehandelt hätte, hätte sich das Mädel doch niemals getraut,
ihre Mitschüler anzuzeigen, die hätten der deutschen Schlampe schon
gezeigt, wo es langgeht, und außerdem wäre es ja ausländerfeindlich
gewesen.
Mir hat heute ein Journalist erzählt, dass es bei der
Berliner Polizei eine Anweisung "von oben" geben soll, auch
antisemitische Straftaten von Muslimen unter "Rechtsextremismus" zu
rubrizieren. Ist unter den Lesern vielleicht der eine oder andere
Beamte, der das bestätigen oder dementieren kann?
***
Die
Wahrheits- und Qualitätsmedien versuchen derzeit mit erhöhtem Druck,
Ängste zu schüren und die Bevölkerung zu hysterisieren, indem sie den
Klimawandel als menschengemacht und als größte Gefahr für das
Menschengeschlecht darstellen. Das Motiv ist klar, man will die ungleich
größere Gefahr, die von der Bevölkerungsexplosion in den
zivilisatorisch etwas zurückgebliebenen Weltgegenden ausgeht, und die
daraus resultierende Völkerwanderung kleiner ausschauen lassen. Während
ein minimaler Anstieg der Durchschnittstemperatur oder der
Kohlendioxidkonzentration Anlass für Alarm ist und auch Veränderungen
bei der zweiten Stelle hinter dem Komma mit Schreckensrhetorik
kommentiert werden, gelten Grenzwerte bei der Einwanderung als inhuman,
bewegen sich zweistellige Prozentzuwächse bei den importierten
Vergewaltigern, Räubern, Gefängnisinsassen, Sozialhilfebeziehern und
Analphabeten im tolerablen Bereich. "Jeder regt sich über die
Klimaerwärmung auf, aber keiner kümmert sich um die sinkende
Intelligenz", wundert sich seinerseits Hadmut Danisch, und recht hat er.
***
Leser
*** bedenkt mich regelmäßig mit Links auf aktuelle Narreteien und
schreibt sarkastische Kurzkommentare dazu. Das sieht dann beispielsweise
so aus:
"Auch das
ist Buntheit. Völker sind wertekonsensfähige Solidargemeinschaften.
Bevölkerungen sind hingegen sterile Konstrukte kalter, misstrauisch
nebeneinander her lebender und konkurrierender Völker. Hat man
Ausweichmöglichkeiten, zieht man um. Hat man keine, setzt man sich
entweder durch oder unterwirft sich den Wertvorstellungen der
Konkurrenz. Und die neue Konkurrenz definiert 'Menschlichkeit' wohl
etwas enger."
"Wir halten fest: Eine legale Schusswaffe war schon wieder erforderlich um den Einsatz einer illegalen Schusswaffe zu beenden.
Amokläufer bevorzugen deshalb die 'gun-free Zone', wissend, dass die
Durchschnittsankunft der Polizei in den USA bei 11 Minuten liegt. In
diesem Zeitraum sind sie die absoluten Herrscher des Chaos, sehr zum
Leid ihrer wehrlosen Opfer. Es sei denn, ein mündiger, bewaffneter
Bürger schreitet ein und gewinnt das Feuergefecht."
"Es handelt sich hier
lediglich um gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, Hass und
Vorurteile. Wer denkt, wir verlieren hier etwa endgültig den
öffentlichen Raum und werden schleichend zum Dritte-Welt-Staat, der ist
ein Angstmacher und Gesellschaftsspalter.
Es ist aber nicht so, als würde man nichts dagegen tun."
***
Ich
bin teilnahmsvoll gespannt, was die mit dem Grundgesetz bekanntlich
vollrohr kompatible Scharia zu dem neuen dritten Geschlecht sagt,
welches das Bunte Verfassungsgericht soeben abgesegnet und damit in den
behördlichen Gebrauch eingeführt ein.
***
Die bizarren Zustände bei der Berliner Polizei haben es heute sogar in die Tagesschau
geschafft, wo irgendein SPD-Senator (wahrscheinlich für Inneres) gesagt
hat, jetzt würden sämtliche arabisch- und türkischstämmigen Polizisten
"unter Generalverdacht gestellt" (wer tut das? man muss jedem, der diese
Formulierung verwendet, zutiefst misstrauen). Bei Berliner Politikern
weiß man nicht, ob sie selber irgendwo mit drinhängen oder ob sie
vielleicht erpresst und bedroht werden, ansonsten versucht der Mann
nichts weiter, als seine Verantwortung zu verleugnen und einen auf
Rassismus-Detektor zu machen; man hat bei den jahrelangen Gruppen- und
Massenvergewaltigungen im englischen Rotherham gesehen, wie weit solche
Figuren beim Verleugnen und Rassismus-Unterstellen gehen. Die
öffentlich-rechtliche Spitzentörin A. Reschke schlug hier
ähnliche Töne an: "Es ist schon absurd, was derzeit in Berlin passiert.
Polizeiausbilder verunglimpfen Polizeischüler mit
Einwanderungshintergrund in rassistischer Weise, und das wird – und das
ist das wirklich Absurde – von weiten Teilen der Politik und den Medien
wie ernstzunehmende Sachkritik 'geprüft'. Geprüft heißt hier, dass den
anonymen Vorwürfen von angeblichen Polizeiausbildern nachgegangen
wird."
Hadmut Danisch hat die Sache in seinem Blog beharrlich verfolgt (hier, hier und hier) und ist auf die bemerkenswerte Tatsache aufmerksam geworden, dass es zwischen der NDR-Redaktion, die zur Verfolgung der Whistleblower
aufruft, und einem sog. Bildungswerk, das Migranten mit defizitären
Fähigkeiten (jedoch womöglich anderen Fertigkeiten, von denen erst vage
Vorstellungen bestehen) in die Berliner Polizei schleust, personelle
Verbindungen bestehen:
"Dieses Bildungswerk hat also direkt
die Finger drin, Migranten, die jetzt in der 'Bestenauslese' nicht so
dolle Karten haben, zusammen mit der Berliner Polizei in die Ausbildung
zu hieven. Die machen ihr Geschäft damit, das ist eine GmbH, irgendwoher
muss das Geld ja kommen. Und jetzt geht die Sache schief, es gibt einen
Skandal, noch dazu geht es um Prüfungsbetrug und Drohungen gegen
Prüfer, mangelnde Deutschkenntnis, mangelndes Allgemeinwissen. Und was
passiert? Ein Absolvent dieses 'Bildungswerks' hockt bei Reschkes Panorama
und hetzt frontal gegen 'besorgte Bürger', die seien das Problem der
Polizei, nicht Migranten. So sieht’s aus beim NDR. Und dann empören die
sich, dass jemand denken könnte, sie würden politisch gesteuert. Wer
glaubt denen noch was?"
Tatsächlich wird es im
NDR-Propagandakorps bald so aussehen, dass die Reschkes nicht mehr die
Banditen schlimm finden, sondern die Erwähnung von deren
ethnisch-kultureller Herkunft (wir sind doch alles Menschen!), wie man
das ja in Schweden, dem sozialdemokratischen Musterland, schon erleben
kann. Nicht der Vergewaltiger ist dann der Schuft, sondern die Frau, die
eine rassistische Täterbeschreibung abgibt.
***
"Sehr geehrter Herr Klonovsky,
Ihre
Ausführungen zum Goethe-Jahr 1999 und die beigefügten Fax-Dokumente
haben mich an eine Talk-Show aus diesem schon lange zurückliegenden Jahr
erinnert, die bei mir einen bleibenden Eindruck hinterließ. Die Gäste
waren damals bekannte Personen aus Politik und Kultur, je zur Hälfte mit
DDR- und BRD-Herkunft, deren Namen ich leider vergessen habe, bis auf
zwei: Elisabeth Noelle-Neumann und Rolf Schneider. Es ging um Goethe und
um eine Bestandsaufnahme der Kenntnisse über ihn: Lebensdaten, seine
bekanntesten Werke, Geschichtliches. Eine Frage an die
Gesprächsteilnehmer lautete: Können Sie ein Gedicht, eine Passage aus
einem seiner Werke oder auch nur ein kurzes Zitat auswendig hersagen?
Während
die gewesenen DDR-Bürger ihren Goethe noch recht gut kannten, waren die
Kenntnisse der BRD-stämmigen Personen erschütternd dürftig. Eine
Literaturwissenschaftlerin! äußerte sich sogar abfällig zum
Auswendiglernen von Gedichten. Sie könne dessen Nutzen nicht erkennen!
Rolf Schneider erwiderte darauf, daß ihm ein kleiner Gedichtband unter
seiner Uniform während seines Fronteinsatzes im WK 2 mehrfach über die
schwersten Stunden in dieser schrecklichen Zeit hinweggeholfen habe.
(...)
Als wir (meine Familie) Anfang 1990 von der damals noch
existierenden DDR in die BRD übersiedelten, war meine jüngere Tochter
gerade im 8. Schuljahr. Sie wurde durch den Direktor eines Dortmunder
Gymnasiums nur widerwillig in dessen Schule aufgenommen. Ob es unbedingt
das Gymnasium sein müsse, die Realschule würde doch auch genügen.
Außerdem wollte man sie in das 7. Schuljahr zurückversetzen, da man in
der DDR die Einsen doch geschenkt bekommen habe und ihr gutes
DDR-Schulzeugnis ihn daher nicht beeindrucke. Er prophezeite uns die
Versetzungsgefahr. Wir ließen uns nicht einschüchtern, und am
Schuljahresende war unser Kind unter den drei Klassenbesten.Die
Lehrinhalte waren, abgesehen vom Fach Französisch, im Vergleich zur
DDR-Schule, nicht besonders anspruchsvoll, weshalb meine Tochter in der
Folge ein anderes Gymnasium besuchte, wo sie u. a. endlich Latein lernen
konnte und im Jahr 1995 ein Bestabitur ablegte. Bis zum 9. Schuljahr
kamen im Fach Deutsch keine Klassiker vor. Dafür wurde sechs Wochen lang
das Stück 'Kinder vom Bahnhof Zoo' behandelt, was dann noch mit dem
Besuch der entsprechenden Theateraufführung in Dortmund 'gekrönt' wurde.
Goethe, Schiller, Lessing, Heine – Fehlanzeige. Unsere erste Tochter
(DDR-Abiturjahrgang 1989) erhielt auf ihre Bewerbung zum Studium der
Biochemie an der Universität Tübingen vom Kultusministerium in Stuttgart
die zurückweisende Antwort, es fehle die Anerkennung ihres
ausländischen Abiturs, obwohl das DDR-Abitur inzwischen von
bundesdeutscher Seite offiziell anerkannt worden war.
Der
Widerspruch zwischen dem für uns offensichtlichen Mißbrauch des
Unterrichtsfaches Deutsch und dieser arroganten Begründung hat uns
seinerzeit sehr beschäftigt. Unsere Töchter haben trotzdem studiert und
ihren Weg gemacht. Aber vergessen will ich es nicht, womit ich zum
zweiten Teil ihrer sonntäglichen Einträge komme, nämlich dem
Klaus-Kleber-Vortrag an der Universität Heidelberg. Auch mich
beschäftigen die Verhaltensweisen der gegenwärtigen deutschen
Studentenschaft, wobei ich über deren Inaktivität, politischen
Irrglauben, Desinformation, Einzelgängertum, mangelnde Urteilskraft und
daraus folgende Manipulierbarkeit einfach nicht hinwegkomme. Aber ist
das nicht furchtbar? Ich hatte während meines Berufslebens (als
Chemikerin) vielfach Gelegenheit, Praktikanten und Absolventen dieses
Faches anzuleiten und einzuarbeiten und bin dabei, bis auf eine
Ausnahme, immer wieder auf politisches Desinteresse und erschreckende
diesbezügliche Kenntnislücken gestoßen. Nun ist die Chemie gottseidank
weitgehend unabhängig von den jeweils herrschenden politischen
Verhältnissen. Dafür ist die Verdummung in den Geisteswissenschaften
besonders gravierend. Man hat das Gefühl, daß die Gehirne dieser
Studenten (heute darf man ja nur noch Studierende sagen) mit der
Immatrikulation konditioniert werden."
Recht haben Sie, gnädige
Frau! Schon Kinder besitzen eine naturhafte Freude am Reim und am
Selberreimen. Die meisten Gedichte lernt man nicht auswendig, sondern
man erinnert sich ihrer. Gedichte sind Türen – Fluchtwege – in andere
Welten. An Menschen, die keine Gedichte auswendig wissen, ist jede Mühe
verschwendet. MK am 8. 11. 2017
Dasselbe habe ich in den 70-ern auch durchgemacht. Wir lernten in der Schule nicht nur nicht Gedichte, man wurde auch noch mit spöttischen Bemerkungen zum Schweigen gebracht, wenn man sich für das Auswendiglernen von Gedichten, Merkversen, Sprichwörtern, Aphorismen oder klugen Zitaten aussprach. Das sei nur "totes Wissen". Keiner widersprach. Die Lehrerin, die uns dieses Weltbild am engagiertesten eintrichterte, ließ uns ein einziges Gedicht tatsächlich eines Tages auswendig lernen. Es handelte sich um Uhlands "Schwäbische Kunde", die wir an einem schwäbischen Gymnasium - offenbar um es uns besser abzugewöhnen - plötzlich auswendig lernen sollten. Dass wir Volkslieder als unzeitgemäß und überholt empfinden sollten, besonders, wenn darin das Wort "Treue" vorkam, hatten wir bereits Jahre vorher verinnerlicht und keiner von uns hätte je einen Einwand erhoben, selbst dann nicht, wenn er jedesmal einen Stich spürte, wenn die Herabsetzung von etwas Überliefertem. das sich einstmals völlig selbstverständlich und sehr lange bewährt haben musste, inszeniert wurde. Und nun war Uhland dran. Wir erfuhren nichts, absolut nichts über ihn (und so gut wie nichts über Barbarossa außer ein paar abstrakten Umrissen zum Machtgefüge zwischen Nordsee und Mittelmeer), aber wir wussten, dass wir sein Gedicht als lächerlich empfinden oder wenigstens belächeln sollten (so wie wir Brecht und vor allem Kafka als Offenbarung ansehen sollten), dass wir es nicht zum Anlass einer Kontextualisierung nehmen sollten, durch die wir eine andere Epoche und die in ihr vorherrschende Mentalität, ohne uns über sie zu erheben, erschließen könnten und dass wir mit diesem Gedicht auch dessen Dichter lächerlich finden sollten und auf seine Epoche und damals übliche Gefühle (und am besten auch auf Gefühle im Allgemeinen; das "Bauchgefühl" war damals noch nicht rehabilitiert, bzw. noch nicht geboren) von der hohen Warte unserer Gegenwart herabsehen sollten und auch das Bürgertum - an das Uhland seine Verse angeblich richtete (obwohl seine Verse sich hervorragend eignen, um einfachen Menschen ein gutes Deutsch vorzuführen und in ihnen wachzurufen) - im allgemeinen lächerlich und überholt finden sollten und vor allem das Auswendiglernen von Gedichten sollten wir als unnütz und verdummend empfinden, so wie wir Kafkas Parabeln dagegen als aufklärend ansehen sollten. Wir wurden zu kritischem Verstand ermahnt, aber wehe, wir hätten gewagt, kritischen Verstand zu zeigen. Wir wurden manipuliert und gehirngewaschen. Einer, der diese Gehirnwäsche bis aufs Mark verinnerlicht hat und heute förmlich vor Ekstase quiekt, wenn er sich enthusiastisch über Kafka - den teuflischsten aller Entzauberer, die die Graue Muse auf den Plan gerufen hat - zu äußern hat, ist Dennis Scheck. Ein intelligentes Schwein, das sich exhibitionistisch im Dreck wälzt, um seine Perversionen in aller Freiheit auszuleben, ächtet die Verlegenheit.
Besonders schlimm war, dass wir 14 Jahre alte Kinder nicht einschätzen konnten, ob das alte Gedicht nur komisch auf uns wirkte und von Uhlands Zeitgenossen womöglich als bedächtige Anekdote, die dem Pathos seiner Zeit entsprach, empfunden wurde oder ob die Komik dem verschmitzten Humor des Autors entsprach und beabsichtigt war. Zu fragen traute sich niemand, obwohl keiner wusste, was Schwabenstreiche sind und im Gegensatz zu den Nachkiegsdichtern von nach 1945 und nach 1648 wurde Uhland weder "interpretiert" noch erläutert.
Aber damals war die Indokrination wenigstens noch nicht boshaft, machthungrig und je nach dem duckmäuserisch oder denuntiatorisch, sondern nur idealistisch und dumm. Aber es war dennoch für uns Schüler nicht möglich, gegen den allgemeinen Trend anzukommen, da selbst die konservativen Lehrer außer spießigen Unmutsbekundungen wenig Brauchbares vorweisen konnten, was man dem hätte entgegensetzen können und unsere Eltern (und in meinem Fall die einer anderen Generation angehörenden Geschwister) zu ungebildet waren, um uns helfen zu können.
Die Dummheit der neuen Indoktrinateure und die Dummheit der altbackenen historischen Verlierer hielten sich die Waage, wobei erstere jedoch den Zeitgeist und die Literaturpreisträger auf ihrer Seite hatten. Mich beschäftigte infolgedessen z.B. die Frage, was an Schillers Gedicht "Die Glocke" zeitlos ist und was nicht, Jahre lang immer wieder. Später las ich mit diesem Kriterium den Faust und Dantes Commedia.
Man mache die Probe aufs Exempel und lese die Glocke heute, vor dem Hintergrund des Genderwahns. Was ist an der Glocke zeitlos, was nicht? Meine These ist, das sich heute die gesellschaftliche Praxis weiter vom Zeitlosen entfernt hat als Schillers der "Glocke" zugrunde liegende Annahmen. Aber auch, dass diese Entfernung zusammen mit der Gentechnologie und der ideologischen Hartnäckigkeit der Weltverbesserer sich phylogenetisch niederschlagen und als "neue Zeitlosigkeit" stabilisieren und verewigen könnte.
Aus heutiger Sicht bin ich froh, dass wir die schauderhaften Gedichte, die wir damals interpretieren sollten, nicht auch noch auswendig lernen mussten. Aber dass ich in all den Jahrzehnten nie einem Deutschen begegnen würde, der die Klassiker nicht verspottet, dass hätte ich damals nicht vorausgeahnt. Und hätte ich es vorhergesehen, hätte mir dies jeden Lebensmut genommen. Das Schlimmste aber ist, dass in Deutschland, die wenigen, die die Klassiker heute verteidigen, immer noch mehrheitlich altbackene, dumpfe, antiquierte Geister (Gespenster) sind. Die wenigen brillanten Köpfe, die in Deutschland noch realitätstüchtig sind, tragen mittlerweile alle das Stigma des Rechtsradikalismus und sind schnell aufgezählt: Thorsten Hinz, Michael Klonovsky, Götz Kubitschek, Botho Strauss.
Man muss sich in einer Zeit, in der die humanistische Schulbildung in Deutschland völlig die Orientierung verloren hat (zumindest in den westlichen Bundesländern, außer vielleicht Bayern) eben selber die Gedichte und Volkslieder zusammensuchen, die man gerne auswendig kennen möchte und sie dann - gemäß Ulla Hahns "Gedichte fürs Gedächtnis" - auswendig lernen und seinen Kindern weitergeben. Die Schule hilft einem da generell seit 50 Jahren nicht mehr in Deutschland. In Italien wird das eine oder andere Gedicht noch gelernt. Ich empfehle D'Annunzio, Trilussa und Dante. Letzteren kann man in Burkhardts Übersetzung sogar auch auf deutsch auswendig lernen.
Die wenigen mir zusagenden Zitate und Gedichte, auf die ich während meiner Jugend durch puren Zufall wider alle Wahrscheinlichkeit stieß, brauchte ich nicht auswendig zu lernen. Sie prägten sich mir durch einmaliges Lesen ein, denn ich bekam starkes Herzklopfen beim Lesen und ihr Wortlaut brannte sich mir dadurch ins Gedächtnis:
"Wer international sein will, muss erst einmal national sein." Bela Bartok
"Ein Narr selbst nichts zu sagen wagt,
nur weils ein Nazi schon gesagt." Eugen Roth
"Was bringt den Doktor um sein Brot?
a) die Gesundheit, b) der Tod.
Drum hält er uns, auf dass er lebe,
zwischen beiden in der Schwebe." Eugen Roth
"Prüfet aber alles, und das Gute behaltet!" 1. Thess. 5, 21
"Die Kraft der Erinnerungen kommt aber immer wieder aus der Kraft der Dankbarkeit. Man soll sich im Gebet um Sammlung zur Dankbarkeit bemühen." Dietrich Bonhoeffer
"Patria o muerte!" Che Guevara
"Optimismus ist in seinem Wesen keine Ansicht über die
gegenwärtige Situation, sondern er ist eine Lebenskraft." Dietrich Bonhoeffer
may i be gay
like every lark
who lifts his life
from all the dark
who wings his why
beyond because
and sings an if
of day to yes Cummings
Quant'è bella giovinezza
che si sfugge tutta via!
Chi vuol esser lieto sia,
del doman non vi è certezza. Lorenzo il Magnifico
Überraschenderweise ist unter den wenigen Texten, die sich mir spontan ins Gedächtnis prägten, auch ein Gedicht von Brecht. Es ist eines der wenigen unpolitischen, die er schrieb. Und es entschädigt mich für die vielen Stunden meines Lebens, die ich zu vergeuden gezwungen war, um seine abwegigen Theorien zu widerlegen und um die durch seine Verdrehungen entstellte Realität wieder zu entzerren und auf die Füße zu stellen:
Am See, tief zwischen Tann und Silberpappel
Beschirmt von Mauer und Gesträuch ein Garten
So weise angelegt mit monatlichen Pflanzen
Dass er vom März bis zum Oktober blüht.
Hier in der Früh, nicht allzu häufig, sitz ich
Und wünsche mir, auch ich mög allzeit
In den verschiedenen Wettern, guten, schlechten
Dies oder jenes Angenehme zeigen.
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