Die Firma Mattel präsentiert neuerdings eine Barbie-Puppe mit einem
Hijab. Sie ist der US-Fechterin Ibtihaj Muhammad nachempfunden, die bei
den Olympischen Sommerspielen 2016 mit dem islamischen Kopftuch antrat.
„Ibtihaj inspiriert Mädchen und Frauen allerorten dazu, sich über
Grenzen hinwegzusetzen“, teilte der Hersteller mit. Die neue Barbie
solle demonstrieren, „daß Mädchen alles können“. Die Formulierung gibt
ein Beispiel, wie geschäftliche Interessen und linker
Emanzipationsjargon sich nahtlos miteinander verbinden und dieser sich
beliebig auf archaische Kulturtechniken übertragen läßt.
Mit der Synthese aus Kommerz, Fortschrittsideologie und vorsäkularer
Religionsausübung entsteht eine Gegenkraft, welche die westlichen
Gesellschaften und Lebenswelten von innen durchdringt und verändert.
Denn vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung drängt die
Frage sich auf, in welche Richtung die Grenzen sich verschieben
beziehungsweise überwunden werden, wenn Fetische der westlichen
Massenkultur durch islamische Beifügungen umcodiert werden.
Publikum soll überzeugt werden: Islam gehört zu Deutschland
Die Beispiele dafür mehren sich. Seit Juni können Smartphone-Nutzer
aus 69 neuen Emojis wählen, darunter ein Icon mit Kopftuch, das von
einer 16jährigen Schülerin aus Wien, die aus Saudi-Arabien stammt,
kreiert wurde. Das Time Magazine wählte sie unter die 30
einflußreichsten Teenager der Welt – zusammen mit einem Nachwuchs-Model
und dem Sohn eines Hollywood-Stars. Zu den „Frauen des Jahres 2017“, die
das amerikanische Glamour-Magazin erkor, zählt die
kopftuchtragende Muslima Linda Sarsour, die per Twitter forderte,
Islam-Kritikerinnen wie Ayaan Hirsi Ali „den Hintern zu versohlen“ und
„die Vagina wegzunehmen“ – und zum Entzücken der Linken und Liberalen
eine Trump-Gegnerin ist.
Die britische Supermarktkette Tesco inszeniert in einem Werbespot
eine multireligiöse Harmonie, indem sie weihnachtliches Ambiente mit
Kopftuch-Frauen verbindet. Die Computerfirma Apple setzt sich in einem
Werbefilmchen für „Vielfalt“ und „Inklusion“ ein und eröffnet den
Vorstellungsreigen ihrer Mitarbeiter demonstrativ mit einer jungen
Kopftuch-Dame. Diese Bildsequenzen, die millionenfach konsumiert werden,
sollen das Publikum unterschwellig davon überzeugen, wie
selbstverständlich, ja organisch der Islam zu Deutschland, zu Europa,
zum abendländischen Westen inzwischen gehöre.
Manipulative Scheinwelten
Das sind nicht nur Weichzeichnungen der Wirklichkeit, es sind
manipulative Scheinwelten. Dahinter stecken zunächst ganz profane
Geldinteressen. Zur Mobilisierung neuer Käuferschichten zitiert und
profaniert die Werbeindustrie auch christlich-abendländische Symbole und
Traditionen. Aus Gründen der Pietät mag man das bedauern, doch
politisch ist es unproblematisch, weil die Kommunikation auf der
Grundlage eines säkularen Selbstverständnisses stattfindet. Die Annahme,
in gleicher Weise die Elemente und Symbole der islamischen Religion in
das Zeichensystem des Alltags und der Massenkultur integrieren zu
können, ist dagegen ein sträflicher Irrtum, weil diese einen politischen
und gesellschaftlichen Machtanspruch symbolisieren.
Man bietet ihm die Gelegenheit, sich im öffentlichen Raum zu
präsentieren und auszubreiten. In hiesigen Medien werden Hijab, Niqab
und Burka mit dem Kopftuch einer Oma vom Lande oder der Queen verglichen
und sogar als Zeichen weiblichen Selbstbewußtseins und der Emanzipation
dargestellt. Der Islam-Kenner Hamed Abdel-Samad schrieb dazu auf
Facebook: „Die Fahne des politischen Islam und des Patriarchats auf dem
Kopf eines Kindes als Zeichen von Toleranz, Selbstbestimmung und
Diversität zu verstehen ist der Tiefpunkt einer gescheiterten
Integration und einer Gesellschaft, die nicht mehr weiß, wo sie steht!“
Ausbleibender Widerspruch
Wie weit dieser „Geistschwund im Fortschritt“ (Hans-Peter Raddatz) bereits gediehen ist, zeigt ein Kommentar des Welt-Autors
Alan Posener, der mit dem Foto eines Hijab-Mädchens garniert ist.
Posener behauptete pauschal, Deutschland sei „durch die Einbindung in
den internationalen Kapitalismus, durch Wandlung zum Einwanderungsland
weltoffener, freundlicher, moderner und wettbewerbsfähiger geworden“.
Nur Tage später klagte derselbe Autor über einen „arabischen Rassismus
auf deutschem Boden“, weil die kuwaitische Fluglinie, die vom Flughafen
Frankfurt abhebt, israelische Staatsbürger vom Transport ausschließt und
ein deutsches Gericht das für gesetzeskonform hält. Eine kohärente
Denkweise kann man solchen Verkündern der Weltoffenheit wahrlich nicht
nachsagen.
Wir behaupten, in einer Wissensgesellschaft zu leben. Die
Spezialisierung des Wissens aber geht mit einem Kenntnisverlust der
eigenen kulturellen Grundlagen einher. Nur zu gern sind die Menschen
deshalb bereit, sich die Illusion einer interkulturellen und -religiösen
Wertegemeinschaft zu eigen zu machen. Der ausbleibende Widerspruch
gegen die forcierte Präsentation des Hijab hat unterschiedliche Motive,
sie reichen von Autosuggestion bis zum doktrinären Zwang. Der Feminismus
hat sich zu Tode gesiegt, doch die Natur rächt sich.
Die Aufhebung der Geschlechterrollen führt zu neuen Frustrationen,
die das Patriarchat, das unter islamischem Vorzeichen zurückkehrt,
klammheimlich rehabilitieren. Für den Vorsitzenden des Zentralrats der
Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, sind jene Feministinnen, die
trotzdem gegen den Hijab protestieren, eine zu vernachlässigende Größe.
Seine „härtesten Gegner sind diejenigen, die auf Basis des Islamhasses
eine andere Republik schaffen wollen“. Mazyek kann sich darauf
verlassen, daß die naheliegende Frage, ob auf islamischer Basis irgendwo
eine „Res Publica“ existiert, die diesen Namen verdient, vom
„Geistschwund des Fortschritts“ blockiert wird. Thorsten Hinz
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