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Samstag, 12. Januar 2019

Götz Aly, der Unbestechliche, über Relotius und seine Freunde


In einer brillanten Analyse beklagt Götz Aly in der Berliner Zeitung fehlende Selbstkritik und Vertuschung im Fall Relotius/SPIEGEL bei vielen Journalisten: "Die Tatsache, dass die Namen der Laudatoren, die Jury-Begründungen und die Lobreden auf den Preisträger Relotius aus dem Internet getilgt sind, finde ich antiaufklärerisch." Götz Aly hatte in dem Artikel, ganz im Sinne von Glasnost, diese Namen genannt. Und die Chefedaktion hat sie dann aus seinem Text herausgestrichen - aus "kollegialer Rücksichtsnahme". Mit maßloser Schamlosigkeit setzt sich die journalistische Überheblichkeit unbeirrt weiter über die Wahrheit hinweg. 

Es ist wie eine Mischung aus Kafka und Orwell: In einem Artikel, der das Verschwinden der Namen von Verantwortlichen kritisiert, lässt die Chefredaktion genau diese Namen verschwinden. Die sind offenbar so korrupt und dekadent, dass sie ihr Heil nur noch im Vertuschen sehen.

Man kann sich nur die Haare darüber raufen, wie Journalisten durch falsch verstandene Kollegialität die Glaubwürdigkeit der ganzen Branche untergraben. Der Schaden für die Demokratie ist unermesslich - denn die kann nicht funktionieren ohne eine glaubwürdige vierte Gewalt, die Medien. 
Wir haben bald dasselbe Problem wie die Russen. Dort glauben viele den kritischen Berichten über Putin und sein KGB-/Mafia-Regime nicht mehr, weil sie generell den Medien misstrauen. Merkel zerschlägt die Glaubwürdigkeit unserer Medien, indem sie seit 2011 - genau wie Relotius - die Wünsche der Journalistenkaste erfüllt.

Auf Facebook zirkuliert die Version von Alys Artikel mit dem vollständigen Wortlaut, bevor der folgende Absatz der "kollegialen Rücksichtnahme" zum Opfer fiel: 


"Diejenigen, die Relotius in den verschiedensten Jurys blindlings hochgejubelt haben, hüllen sich in Schweigen - so, als hätten sie mit dem Fall überhaupt nichts zu tun. Lügen funktionieren aber dann besonders gut, wenn der Lügner - gleich dem Hauptmann von Köpenick - genau das tut, was sein Publikum erwartet. 
In jenen Jurys, die Lügenwerke von Claas Relotius -zigfach auszeichneten, saßen unter anderem, hier in alphabetischer Reihenfolge genannt: Gehard Fürst (Bischof, Diözese Rottenburg-Stuttgart), Tina Hassel (ARD), Brigitte Huber (Chefredakteurin, Brigitte), Claus Kleber (ZDF), Friedrich Küppersbusch (TV-Produzent), Markus Lanz (Moderator), Caren Miosga (ARD), Ines Pohl (Chefredakteurin, Deutsche Welle), Evelyn Roll (Journalistin, Autorin); Theo Sommer (vormals Chefredakteur der Zeit), Jörg Thadeusz (Moderator, WDR), Ulrich Wickert (Stifter). Die Liste ließe sich erheblich verlängern, zumal es im Fall des viermal an Relotius verliehenen Deutschen Reporterpreises noch üppig besetzte Kommissionen zur Vorprüfung der eingereichten Texte gab."

Wie sagte Wickert einst so schön? Der Ehrliche ist der Dumme. 
Das Schlimmste aber sind nicht die Lügen, mit denen Relotius seinen Kumpanen ihre sehnlichsten Wünsche erfüllt hat, sondern dass Merkel mit ihren Taten dasselbe tut und daher von dieser Bande mit Huldigungsartikeln überhäuft wird.

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