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Freitag, 7. Mai 2021

Erleichterung

Palmer und Wagenknecht haben mit ihrer Lauterkeit, Würde und Beharrlichkeit wahrlich einen schweren Stand.

Es sind derzeit vor allem zwei Vorgänge, die mir vor Augen führen, in welche Gesinnungszwangs‑, Gesinnungsschnüffel- und Gesinnungshaftungsgesellschaft unsereiner dreißig Jahre nach dem Ende des Gesinnungsdrecksstaates DDR wieder hineingeraten ist: zum einen die Video-Kollektion der ehedem wohl 53 Schauspieler gegen den Lockdown, also eine kollektive quasisatirische Unverschämtheit namens Regierungskritik, zum anderen das „breite gesellschaftliche Bündnis”, das sich gegen die Kandidatur des einstigen Verfassungsschutzchefs Hans Georg Maaßen für die Bundestagswahl aufmandelt, welcher, obwohl er entlassen wurde, weil er eine Lügengeschichte der Kanzlerin nicht bestätigt hatte, nun die Unverfrorenheit besitzt, ins Parlament einziehen zu wollen.

Beides wäre nach den Maßstäben der Bundesrepublik von, sagen wir, 2000 oder 2010 Vorgänge, über die auch damals ausführlich berichtet worden wäre, aber es wäre doch nicht der schrillste Kommentator auf die Idee gekommen zu fordern, den Schauspielern mögen Rollen und Aufträge entzogen und ihre Filme nicht mehr gesendet werden, von den Zeitungsberichten über die „Hintermänner” und „Drahtzieher” – das ist reiner Stasi-Jargon – und den Morddrohungen gegen einzelne Mimen zu schweigen, und nicht einmal der närrischste Sozi hätte erklärt, alle Parteien in Maaßens Wahlkreis müssten sich jetzt gegen den CDU-Kandidaten zusammenschließen. Es ist dieser Zug ins Totalitäre – oder, wie der Regisseur Dietrich Brüggemann es nennt: in den „Lynchmob” –, diese kern- und knalldeutsche Lust an der Meutenbildung, am Maulkorb und am Verbellen der Falschmeiner, was mir dieses Land zunehmend verleidet.

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