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Samstag, 15. Mai 2021

Kleine Quelle

Es war einmal und es ist irgendwann
Und es geschieht genau zu dieser Zeit.
Da war ein Land, von Dürre ausgezehrt.
Kein Regen, nicht ein Wölkchen weit und breit.
Zuerst das Gras, das alles Grün verlor,
Es wurde grau und dann zerfiel's zu Staub.
Die Büsche dürr, die heulten noch im Wind.
Die Bäume warfen ab ihr junges Laub.
Tiere schleppten sich von hinnen
Um der Wüste zu entrinnen,
Wenige entkamen, viele fanden frühen Tod.
Die Brunnen leer, die Quellen längst versiegt.
Nur heiße Steine, wo der Fluss verlief.
Ein alter Baum stand trotzig, bis zuletzt
Mit starken Wurzeln, unermesslich tief.
Die Trockenheit griff ihm schon an das Herz,
Die Sonne brannte und sein Tod war nah.
 
Doch was war das? In seinem Schatten stand
Noch eine Blume wie ein Wunder da.
Eine kleine Quelle eben
Hielt die Blume noch am Leben
Weil sie ein paar kümmerliche Wassertropfen fand.
Die Quelle sah das Elend rings umher
Und wie die Wüste alles Leben nahm.
Wozu sich um die letzte Blume mühn?
Sie spürte schon, wie sie ins Stocken kam.
Sie sprach verzagt: "Mein Tun hat keinen Sinn.
Ich halte doch die Wüste nicht mehr auf."
 
Der alte Baum, der schon im Sterben lag,
Entgegnete der Quelle schnell darauf:
"Du, versprich mir auf der Stelle,
Müh dich weiter, kleine Quelle.
Gib dich nicht, auch wenn es schwer ist, der Verzweiflung hin.
Du sollst ja nicht die Wüste wässern,
Nicht gleich die ganze Welt verbessern,
Nur die eine Blume hüten, darin liegt dein Sinn."   Gerhard Schöne
 
 
 

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