Alles hat seine Zeit

Ich möchte unterstreichen, dass ich, anders als Scruton, nie die Versuchung erlebt habe, links zu sein. Mein Problem war nicht, to find the reasons for not having reasons, sondern wirksame sprachliche Ausdrucksformen und Argumente zu finden, um einerseits die Linke mit ihren eigenen Waffen zu schlagen und andererseits Konservativen auf die Sprünge zu helfen, zu helfen ebenfalls überzeugender zu werden, denn die Konservativen waren in den 70ern mehrheitlich in einem Maße plump, ahnungslos, schematisch, beschränkt und anmaßend, wenn nicht gar verlogen in ihrer Selbstgefälligkeit, dass man sie als wahre Totengräber des deutschen Konservativismus ansehen muss. Mir ging es darum, ihnen mit denselben Worten die Augen zu öffnen, mit denen ich auch gegen die Linken anargumentierte, die großmäulig Behauptungen aufstellten, die sie mit vermeintlich wissenschaftlichen Gewissheiten untermauerten, deren Validität ich aber nur durch Überprüfung angreifen konnte. 

Aber erst 50 Jahre später ist die Zeit endlich reif dafür, wieder Grundsatzdiskussionen zu führen, die längst fällig wären, hoffentlich nicht zu spät. Mehr denn je ist zu tun, um Traditionen mit Inhalt zu füllen, sie zu beleben, wiederzuentdecken oder zu modernisieren, um vor allem an Denktraditionen (wie die von Georg Simmel, Carl Schmitt und Arnold Gehlen) anzuknüpfen und auf dervon Irenäus von Eibl-Eibesfeld geleisteten Grundlagenforschung aufzubauen, dessen Erkenntnisse in Italien immerhin auch von linken Publikationen beachtet wurden, in Deutschland aber von einem immer intoleranter werdenden juste Milieu des Progressismus übergangen wurden. 

Und auch jetzt, wo die Zeit endlich reif für die lange nötige Aufarbeitung ist, schlägt Martin Sellner heftigster Widerstand entgegen. Vor 50 Jahren wäre sein Unterfangen völlig aussichtslos gewesen, aber ich fand es damals bereits dringend nötig, denn die Verlogenheit war schon damals unerträglich in Deutschland. Ich wurde 50 Jahre zu früh geboren bzw. 250 Jahre zu spät; als Uhrmacherlehrling Beaumarchais hätte ich meiner eigentlichen Bestimmung mehr abgewinnen können als in der Zeit und der Lage, in die ich hineingeboren wurde.