Nachdem ich sehr vielen Ethnien auf den Zahn gefühlt habe, kann ich mich getrost darauf versteifen, dass die Schönheit nirgendwo mehr geschmäht (und sogar geächtet) wird als in Deutschland. Das ist im besten Falle ein pietistischer Zug. Aber die kurzhaarigen, protestantischen Vulvamalerinnen belehren einen des Schlechteren, sie sind die Perversion auch des einnehmenden pietistischen Aspekts, der einer Rippe des Abscheus vor aller Sinnlichkeit entstammte und in die Verherrlichung jeder Form von Sinnlichkeit umschlug. Letztlich sind die deutsche Innerlichkeit und die beharrliche Bestrebung, alle Unterschiede zwischen Mann und Weib einzuebnen, tief im germanischen Wesen verwurzelt. Der Expressionismus war eine der Blüten dieser Neigung, weltliche Schönheit herabzusetzen. In Büchners "Woyzeck" kündigte er sich schon an. Aber das sind alles nur Wiedergänger einer viel älteren Neigung germanischer Barbaren, die seit Uta von Ballenstedt immer wieder gegen die Idealisierung seitens romanischer Ästheten ankämpfte, um (ähnlich wie Picasso) die Würde der Wahrhaftigkeit im Unschönen zu behaupten. Man bricht dem Tilman Riemenschneider immer wieder gern die Hände in Deutschland. Aber erst seit dem 20. Jahrhundert geht diese Gewalt von den Künstlern selbst aus und konnte zum Mittel der Machtausübung werden.
Das wird sich erst dann wieder ändern, wenn sich nördlich der Alpen endlich die Erkenntnis, dass Geschmack nicht nur Geschmackssache ist, durchsetzt.
Karyatide zwischen Buch und Burgerroth |
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