Stationen

Samstag, 8. April 2023

Cora Stephan

Ich mag ihre Kommentare zur Tagespolitik. Aber ihr neuestes Buch ist eine gut gemeinte Peinlichkeit. In der Wirklichkeit gibt es diese Geschichten, nach denen treue, lautere Menschen sich ihr Leben lang sehnen, nicht. Das höchste der Gefühle ist, wenn Ernst Jünger von der ritterlichen Behandlung eines englischen Kriegsgefangenen während des Ersten Weltkriegs erzählt und diese Episode von der Gegenseite autobiographisch bestätigt wird. Und ein Adjutant, der im Zweiten Weltkrieg den Marchese Ginori nach Russland begleitet hatte, erzählte mir, wie er zu Fuß nach Italien zurückkehrte und bei seiner Rückreise immer wieder freundlich von russischen Familien aufgenommen wurde, die ihre Hoffnung äußerten, ihre Söhne erführen gleiches Glück von italienischen oder deutschen Familien. Die einzige Feindseligkeit, die er dabei erfuhr, war, dass einer der Russen, wenn mit Wodka angestoßen wurde, nicht Gläschen gegen Gläschen klicken ließ, sondern ihm sein Gläschen von oben auf den Rand stieß. Solche Feinheiten kommen bei Cora Stephan nicht vor.

Matussek hat ihr Buch überschwänglich gelobt. Er liebt alles, was mitmenschlichen Umgang propagiert und dabei sorgfältig recherchierte historische Kenntnisse in die fiktive Handlung einarbeitet. Cora Stephan ist somit eine Art Rosamunde Pilcher des gebildeten, konservativen juste Milieu. Auch Wolfram Ackner zeigte sich begeistert. Das zeugt von der Freundschaftlichkeit von Coras Kumpels, nicht von der über alle Gräben hinweg robusten Freundschaft eines Deutschen und eines Schotten. Auch ich will kein Miesmacher sein, aber ich bin es; weil ich Weltfremdheit nicht ertrage.

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