ist nicht nur ein Sogenanntes. Und nicht nur die marxistischen Psychologen denken sich exkulpierende Theorien aus. In Deutschland haben sogar die Hirnforscher emsig daran gearbeitet, Schuld grundsätzlich aus dem Weg zu räumen. Für gewissenhafte Deutsche ist die deutsche Hirnforschung daher eine schwer erträgliche Peinlichkeit, die Schuldbesoffenheit aller anderen Deutschen allerdings auch. Der deutsche Dachschaden wird uns als Spätfolge von Auschwitz noch lange das Leben schwer machen, der jüdische, in die entgegengesetzte Richtung strebende allerdings ebenfalls.
Der siamesische Bruder des Deutschen nämlich wittert ständig irgendwo Schuld, aber meistens nur die Schuld, die seines Erachtens gegen ihn gerichtet sein könnte; für andere Schuldverstrickungen, die das Land, in welchem er ansässig ist, als dessen Bürger er sich versteht (nicht ohne die Bezeichnung "Mitbürger" als beleidigend aufzufassen, zurückzuweisen und denen beleidigt unter die Nase zu reiben, die dadurch nur ihre Solidarisierung bekunden wollten), interessiert er sich im allgemeinen nicht. Nur was sich potentiell zu Antisemitismus umetikettieren (und in Mimí ummünzen) lässt, interessiert ihn. Es weckt sein Interesse selbst dann, wenn es sich nur um in ihrer Wirkung unbedeutende Unachtsamkeit handelt. Er selbst hingegen plustert sich als Erbe der Schuldlosigkeit auf und tut ununterbrochen so, als könne er kein Wässerchen trüben, ganz so als sei er kein menschliches Wesen, sondern der sprichwörtliche "seltsame Heilige":
«Comme il est curieux / De la part de Dieu / D’avoir élu / Les Hébreux.
Ce n’est pas / Si curieux / Car les Hébreux / Ont élu Dieu.»
[Wie sonderbar von Gott, dass er die Hebräer erwählt hat.
So sonderbar ist es nicht, denn die Hebräer haben Gott erwählt.] Léon Roth „La pensée juive, facteur de civilisation“
Dass Frau Knobloch Merkel die Ohel-Jakob-Medaille verlieh, während gerade Hunderttausende frische, kräftige Antisemiten im kampffähigen Alter nach Deutschland strömten, die sogar echte sind, ohne dass ihr die Juden von ganz Europa aufschreiend in den Arm fielen, ist der bisherige Höhepunkt der Blüten, die diese treibende Drift hervortreibt. Knobloch hätte sich wenigstens einen Darwin-Award um den Hals hängen können zu diesem Anlass! Und einen Wecker!! Dass Episoden wie diese mit größter Selbstverständlichkeit über die Bühne gehen, ohne dass sich jemand auf Grund der kognitiven Dissonanz vor Schmerzen krümmt, ist aber nur ein Symptom. Juden haben eine panikauslösende Phobie, was die Dämonisierung ihrer Ethnie, Kultur, Rasse oder Religion betrifft (wobei man sich als Jude, je nach dem, was gerade vielversprechender ist, mal über den Begriff Ethnie definiert, ein ander Mal lieber über den der Religion, dann doch lieber als Kultur oder kulturelle Tradition, manchmal auch als Rasse, wenn auch selten in Zeiten, in denen selbst das Max Planck Institut die Ansicht vertritt, Rassen gebe es gar nicht) oder betreffen könnte. Gleichzeitig dämonisieren sie aber selbst am laufenden Band irgendwelche gesellschaftlichen Phänomene und die damit im Zusammenhang stehenden Personen mit einer Heftigkeit und Konstanz, die zur Obsession wurde. Dass Juden immer wieder in Krisenzeiten dämonisiert - und nicht nur dämonisiert, sondern verfolgt - werden, ist in meinen Augen durchaus eine Gewissheit. Aber die Heftigkeit, mit der Juden heutzutage auf paranoide Weise immer wieder irgendwelche Nichtjuden düpieren, dämonisieren, verhöhnen oder als Antisemiten brandmarken, weckt den Verdacht, dass es in Zeiten der Ruhe zwischen den blutigen Krisenmomenten schon immer so gewesen sein könnte und um einen Teufelskreis handeln könnte. Auch Juden sind eben nur Menschen. Subjektiv wird, was de facto auf Dämonisierung hinausläuft, von ihnen aber völlig unkritisch als Selbstverteidigung ("Wehret den Anfängen") empfunden und aufgefasst.
Kluge Juden denken schon länger über den Zusammenhang zwischen Hebraismusbesoffenheit und dem epochentypischen jüdischen Dachschaden, dieser panischen Engstirnigkeit, die dem Auschwitzentsetzen entspross, nach. Aber bisher wagt keiner von ihnen, sich zu äußern und zu outen. In aller Liebe: Man muss bei der Wahrheit bleiben. Um bei der Wahrheit zu bleiben, muss man aber erst einmal bei ihr angekommen sein.
Seit meiner Schulzeit beschäftigt mich die Frage, worin spirituelle Macht besteht und worin nicht, wie es zu ihr kommt, wodurch sie entsteht und wodurch nicht. Machiavelli z.B. stellte sehr richtig fest, dass Savonarola scheiterte, weil er keine militärische Macht besaß. Aber andererseits besaß Gregor VII. auch keinerlei militärische Macht. Dennoch konnte er Heinrich den IV. dazu zwingen, barfuß, im Büßergewand, im Schnee stehend vor der Burg Canossa Einlass zu erbitten. Worin besteht der entscheidende Unterschied?
Das Sein bestimmt nicht das Bewusstsein, aber die Bewusstlosigkeit bestimmt das Sein sehr wohl. Die Briten stehen zu den USA, fast so als stünde der Buckingham Palace seit der Boston Tea Party in Washington. Und was Gregor VII konnte, kann Israel erst recht.
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