Stationen

Donnerstag, 20. Juli 2023

Journalismus

"Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache - auch nicht mit einer guten Sache; dass er überall dabei ist, aber nirgendwo dazu gehört", sagte bekanntlich Hanns Joachim Friedrichs.

Diese Ansicht ist typisch für die Bonner Republik. Nach diesem Motto handelnd konnte man damals in Ruhe arbeiten, ohne größeren Schaden anzurichten, weil sich die BRD in der Mitte Europas sozusagen im Auge des Orkans befand, einem großen, ganz Europa umfassenden Auge, in dem Ruhe herrschte, weil es sich um einen kriegsmüden Kontinent handelte (und immer noch handelt; die kriegsbegeisterten Mikrozephaliker unserer Zeit tröten ja nur aus Bewusstlosigkeit schlafwandelnd in ihre Mikrophone) und weil Europa letztlich die Mutter sowohl Amerikas wie Russlands ist und damals nicht unbedingt zu befürchten brauchte zu erleben, was Vietnam erleben musste. Inzwischen sind die USA jedoch entwöhnter, und mit Menschen vom Schlage eines Biden ist nicht zu scherzen, wobei die Wählerschaft meiner und der ihr nachfolgenden Generationen noch schlimmer sind als die Generation Biden. Dohnanyi allerdings erzählt, dass schon damals bei Wehrmanövern bei den strategischen Planspielen Deutschland ruckzuck amerikanischen Interessen geopfert wurde, und heute hat er erst recht Grund, sich zu sorgen, denn die Verbundenheit Amerikas mit Old Europe hat abgenommen, und die Schlappe von Afghanistan führte nicht zu geistiger Regsamkeit, sondern zu einer Art Altersstarrsinn in der "Neuen" Welt.

Aber ich wollte auf etwas anderes hinaus. Das Friedrichssche Motto ist völliger Unsinn. Das pseudoobjektive Genäsel der Nachrichtensprecher, das schon mit dem Tonfall Überparteilichkeit suggerieren wollte, hat mich schon vor 50 Jahren genervt. Es handelte sich um eine heuchlerische Attitüde, die zwar nicht so penetrant und niederträchtig war wie Reschkes "Haltungsjournalismus", aber sie war schon damals ein Armutszeugnis. Ich hätte mir damals gewünscht, dass jede Partei ein eigenes Tagesschauprogramm gehabt hätte, dass jede dieser Tagesschauvarianten eine prononciert parteiische Auswahl der Nachrichten getroffen hätte und die Darstellung und Kommentierung derselben freimütig ebenfalls dem politischen Credo entsprochen hätte; das wäre echter, gesunder Pluralismus gewesen (falls die Deutschen dazu überhaupt in der Lage sind! Bisher sind sie zu Freimut nicht fähig: Vor 50 Jahren wurden die Kommunisten von den Medien geächtet, heute die AfD. Und ich befürchte, wenn die AfD an die Macht kommt, könnte nach einiger Zeit wieder die Linke geächtet werden). 

Einer der Gründe, weshalb mir das italienische Mediensystem lieber war und ist, besteht darin, dass nicht nur seit 1975 dort das staatliche Monopol verschwand (und das Niveau von Berlusconis Sendern war nie so unterirdisch wie das von RTL), sondern auch im staatlichen Fernsehen die drei Sender zwischen drei politischen Polen aufgeteilt waren: RAI 1 eher christdemokratisch, RAI 2 eher sozialistisch und RAI 3 ziemlich kommunistisch. Ich ärgerte mich nur, dass die Tagesnachrichten trotz dieser Schwerpunkte kaum unterscheidbar waren! Denn bevor Berlusconi 1994 wie eine Art Don Camillo dafür sorgte, dass echte politische Debatten stattfanden, hatte im Grunde keine Partei wirklich Interesse daran, Informationen und Ideen zu verbreiten, es war viel bequemer sich hinter Floskeln und Parteichinesisch zu verstecken.

Das Friedrichssche Motto war schon immer Quatsch. Man kann ihm entschuldigend zugute halten, dass es damals eben nur drei Sender gab und er Professionalität darin sah, eine Art Meinungsspektrum jenseits der 5%-Klausel emotions- und teilnahmslos abzubilden. Aber das ist in meinen Augen kein Argument. Zu demokratischer, politischer Kultur gehört eben sehr viel mehr, das war damals schon so bzw. schon damals war diese Mangelerscheinung ein Problem. Dass die FDP bis heute keine eigene Tageszeitung hat (geschweige den Repräsentanten, die in der Lage wären, ernstzunehmende kulturpolitische Arbeit zu leisten) ist ein Aspekt derselben dürftigen Misere. Und dieser Misere kann man nicht Abhilfe schaffen, indem man Appelle wie die Friedrichsschen befolgt. Man muss die ÖRR reformieren.

ARD, ZDF und die Regionalsender des sogenannten Dritten Programms, die eine Art Feuilletonsender waren, in denen die Linken, besonders in Bayern, Narrenfreiheit genaßen, weil man sie für ungefährlich hielt. Aber steter Tropfen höhlt den Stein! Was in Jahrzehnten vom Feuilleton ausging sicherte Merkel ab 2011 den Erfolg!! Man fiel von einem Extrem ins Andere. Die Inkarnation dieses Wechsels von der Ära Strauß zur Ära Merkel ist von der Leyen. Diese Frau ohne Eigenschaften fühlte sich pudelwohl, als ihr Vater Niedersachsen regierte und jetzt fühlt sie sich pudelwohl als Präsidentin einer grünroten EUdSSR und sie hat auch kein Problem damit, wenn die CDU mit der SED koaliert. Pluralismus a la von der Leine. Man soll ja nicht kleinkariert sein.

Heute ist wieder 20. Juli!

Während die Scholz&Steinmeier-Bande das Gedenken an Stauffenberg für ihre Machenschaften missbraucht, findet in der Schweiz echter Journalismus statt! 

Die sonoren Stimmen der Nachrichtensprecher von Friedrichs und seinen Kollegen waren das Hintergrunzrauschen des Objektivitätspopanz. Jetzt hört man fast nur noch weibliche Stimmen. Jedes Radio klingt wie ein Navi. Denn Männerquoten gibt es ja nicht. Männer schon gar nicht. Die Navistimmen sind der Soundtrack des Haltungs- und Hitzejournalismus. Mit Journalismus hat er noch weniger zu tun als der Objektivitätspopanz.

Vor 20 Jahren schrieb ich an Tina: "Der Einfluss der Frauen in der Politik wird immer mehr zunehmen, gleichzeitig wird die Gewalt und das Chaos zunehmen". Dass ich damit recht hatte, ist kein Trost. Hinzu kommt die Enttäuschung, dass die AfD (deren Gründung ich auch vor 20 Jahren vorhergesehen hatte, weil es in Deutschland damals schon 4 sozialdemokratische Parteien gab) nicht so fulminant Erfolg hatte wie Forza Italia. Aber jede Enttäuschung ist auch das Ende einer Täuschung, immerhin. Man muss seine Liebe dann dauerhafteren Dingen zuwenden.


 Acqua Panna

Rush Limbaugh 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.