Flaig versäumt nur noch eines zu erwähnen, nämlich das, was ich das Cat-Stevens-Syndrom nenne. Ich meine damit die Tatsache, dass der Westen keine Kraft mehr hat, weil er gottlos geworden ist. Weshalb Blair unrecht hatte, als er prophezeite, die Muslime würden dem Westen unterliegen, weil sie "eine Kultur des Todes" seien. Die Stärke des Islam besteht im Gegenteil ja gerade darin, dass er Männer hervorbringt, die bereit sind, für ihre Ideale ihr Leben aufs Spiel zu setzen, ja es sogar zu opfern. Der einzige, der für die Demokratie so entschieden eintrat, war wohl McCain.
Oskar Negt und Alexander Kluge behaupteten in den 80-er Jahren, das philosophische Hauptproblem sei die Orientierung. Ich werde nie den Moment vergessen, als ich im Sommer 1988 in der Via San Gallo zu dem Schluss kam, dass dies eine Fehleinschätzung ist, dass die Orientierung nur das zweitwichtigste Problem ist, dass das philosophische Hauptproblem unserer Zeit aber die Spiritualität ist und dass die Khomeinisten uns so lange überlegen sein werden, solange wir in spiritueller Hinsicht in den Tag hinein bummeln.
Der Islam trifft in Europa auf eine Bevölkerung, die lieber vor einem abstrakten Gemälde kniet - selbst wenn sie nicht versteht, was an ihm kunstvoll ist und sogar weil sie es nicht versteht - als vor dem Kruzifix. Diese moderne Form der Idolatrie ist es auch, die aus dem Metier der Kunstkritiker und Kunsthistoriker hat mehrheitlich eine Priesterkaste werden lassen (die meist kaum etwas von Kunst versteht). Von den im Dlf faselnden Journalistinnen werden die Künstler und die Priesterkaste, die sie verklärt, als "die letzten Unschuldigen" (Originalton 2011 anlässlich der Inhaftierung von Ai Weiwei) gefeiert. Statt die Freilassung von Ai Weiwei zu fordern wäre es wünschenswert gewesen, wenn die Herde der deutschen Kunstkritiker und -historiker nach China ausgewandert wäre.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.