Dass der von Hitler auf die Auserwähltenliste der Gottbegnadeten gesetzte (und in der Klosterkapelle Andechs beerdigte!) Carl Orff von 1954-59 mit der (vor 50 Jahren immer als kommunistisch bezeichneten) Luise Rinser verheiratet war, wusste ich nicht. Auch dass sie an den Vater von Gudrun Ensslin schrieb, seine Tochter habe in ihr eine Freundin fürs Leben gefunden, war mir neu.
Leute wie Rinser sind leider fast immer etwas zu weltfremd, um ihnen Positionen anvertrauen zu können, in denen Entscheidungsverantwortung zum Alltag gehört. Das wird sofort erkennbar, wenn sie sich auf Erich Fromm beruft, ohne dabei zu unterscheiden, was an Fromm klug war und was irrig (und sogar verlogen!). Außerdem ist sie (wie Hermann Hesse und Erich Fromm) viel zu sehr mit Selbstverwirklichung beschäftigt.
Aber ich bin mir inzwischen sicher, dass, was über sie behauptet wurde und wird (sei es von Gegnern, sei es von Anhängern), zum größten Teil nicht der Wahrheit entspricht (teils auch auf Grund von durch sie selbst verbreitete Irreführung? Giorgio Albertazzi und Dario Fo waren anscheinend aufrichtiger; Rufmord ist in Italien nicht so gnadenlos und unbarmherzig wie in Deutschland). Sie war jedenfalls eine aufmerksame, sehr menschliche Person. Ich bedauere, zu spät erfahren zu haben, dass Joachim Fernau und Luise Rinser in Italien lebten (ersterer sogar in Florenz). Hätte ich es gewusst, hätte ich beide besucht (auch das ist CONTRARIA SVNT COMPLEMENTA - Ernst Jünger sagte einmal, wenn sich jemand als rechts oder links bezeichnete, habe er immer den Eindruck, einem nur halben Menschen gegenüberzustehen). Das Unangenehmste an Luise Rinser ist der Gefallen, den sie an Utopien hatte. Die Weigerung, den Menschen so zu akzeptieren, wie er ist - mit allen seinen Unzulänglichkeiten -, war mir schon immer unerträglich. Die Beschneidung des Herzens ist eine Sache wie die Beschneidung der Bäume: man muss sie immer wieder durchführen. Aber das ist etwas ganz anderes als der Eifer, den Menschen ändern zu wollen.
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