Mir scheint: Es geht ein Aufatmen durchs Land. Die Bauern – und mit ihnen viele Speditionsunternehmen und LKW-Fahrer – protestieren. Es gehen nun also Menschen auf die Straße, die das Leben, seine Widrigkeiten und seinen Schmutz kennen. Dieser Menschenschlag ist ein anderes Kaliber als die Trans-Lobbyisten oder die Klimakleber, denen der ideologische Irrsinn und vor allem fehlender Lebenspragmatismus aus jeder Pore strömen. Während letzteren Freiheiten und Machträume gewährt wurden, die jedem halbwegs auf Mehrheitsentscheidungen beruhenden Rechtsstaat Hohn sprechen, wurden die Bauern zum Sinnbild des weißen alten Mannes, der Raubbau an der Umwelt betreibt und das Blut süßer kleiner Tiere trinkt. Am Ende der letzten Woche haben einige der Bauern noch den deutschen Super-Minister und Vize-Kanzler Robert Habeck am Verlassen einer Fähre gehindert – na ja, nicht wirklich. Sie wollten mit ihm reden, Habeck wollte nicht und ist dann wieder abgefahren. Aber egal wie, seitdem wissen wir, dass diese Bauern ganz radikale Hansels sind, die sogar die Fähre eines deutschen Ministers versenken würden, wenn man sie nur ließe. Schlimm, schlimm. Und die deutsche Presse war sich in ihrer vorauseilenden Demokratiehüter- und Herrschafts-Beschützer-Rolle auch wieder einig. Die Bauern, die sind ein Angriff auf die Demokratie, den Rechtsstaat, das Grundgesetz, und eigentlich auf alles, was uns wichtig und heilig zu sein hat.
Ein SWR-Redakteur sprach sogleich von einer „Traktor-RAF“ – also einer Roten Armee Fraktion auf Treckern – und Ex-ARD-Chefredakteur Rainald Becker, heute für die ARD in Genf tätig, konstatierte: „Traktorfahren macht dumm.“ Den Vogel an journalistischer Alliteration schoss dann das Wochenmagazin „Der Spiegel“ ab, der die Bauern einen „motorisierten Mistgabelmob“ nannte. Angst ist meist die Vorstufe von Hass, und die Damen und Herren in den hasszerfressenden Redaktionen haben ja recht. Von den Bauern geht eine Gefahr aus, und das liegt nicht nur daran, dass sie Mistgabeln haben. Die Bauern sind beliebt in der Bevölkerung, zum einen weil sie die Versorgungssicherheit gewährleisten, zum anderen aber auch, weil sie für eine Idee knorziger Freiheit stehen, definierten sie sich doch über Jahrhunderte als freie Bauern, was bedeutete, dass ihnen Herrscher, Adel, Könige und Päpste gefälligst nicht reinzureden hatten. Dieses Menschenbild jedoch, in Ruhe gelassen werden zu wollen und nicht gleich jedem zeitgeistigen Unsinn hinterherrennen zu müssen, das ist ein Menschenbild, das in Zeiten immer mehr grassierenden Kontrollwahns, staatlichen Durchgriffs und feudaler Politarroganz bei den Gegängelten durchaus Sympathien genießt, während es die Herrscher natürlich nur mit allergrößtem Argwohn betrachten.
Nun sind sie also auf der Straße, und die Proteste verfehlen ihre Wirkung nicht. Tausende Trecker in Hamburg und Berlin, Tausende in München und Bremen und dann vielerorts Tausende, die sich den Bauern anschließen. Man kann also davon ausgehen, dass am gestrigen 8. Januar deutschlandweit mehrere Zehntausend Menschen auf die Straße gegangen sind, friedlich blieben und Rettungsgassen für Einsatzfahrzeuge freihielten. Ist das bereits ein Erfolg? Nun, es ist zumindest ein Zeichen, dass die Bauern mehr Menschen auf die Straße bringen, als es die Klimakleber je vermochten. Und diesen Klimaklebern flogen die Mediensympathien im Dutzend zu, und sie wurden von Parteien, Schulen, Stiftungen und NGOs massivst gepampert. Es zerbricht also gerade eine ideologische Vormachtstellung, die man grün-autoritär nennen könnte und die von allen Parteien links der AfD vertreten wird. Und natürlich musste sich dann auch Robert Habeck zu Wort melden, immerhin ist er gerade den Bauernaufständen an der Nordsee knapp entronnen und darf als Betroffener doppelte Authentizität für sich reklamieren. „Street Credibility“ nennt man das auf Instagram, wo Robert Habeck seine elfminütige Rede an das deutsche Volk veröffentlichte. In dieser einmaligen Mischung aus verlogener Staatsgetragenheit, so ganz echter persönlicher Betroffenheit und Habeckscher verwirrter Zerzaustheit appelliert er an die Bauern und Bürger, das Demonstrieren bitte zu unterlassen. Denn, so Habeck wortwörtlich: „Es kursieren Aufrufe zu Umsturzfantasien.“
Ich meine, der Mann hat Redenschreiber und Leute, die seine Reden auf ausgemachten Blödsinn hin prüfen. Aber vor laufenden Kameras vom Teleprompter abzulesen, dass „Aufrufe zu Umsturzfantasien“ kursierten, ist schon lustig. Aufrufe zu Fantasien, das muss im besten Deutschland aller Zeiten bereits strafbewehrt sein. Kurzum: die Rede von Habeck ist ein Feuerwerk an Wieselwörtern und Niedriglohnlogik. Ein Beispiel gefällig? Habeck sagt: „Diese Republik ist der beste Staat, den Deutschland je hatte. Wir müssen für sie einstehen. Seien wir solidarisch, als Demokratinnen und Demokraten und in diesem Sinne patriotisch.“ Sagt also ein Mann, der nach eigener Aussage mit Deutschland und mit Patriotismus nie etwas anzufangen wusste und Vaterlandsliebe stets zum Kotzen fand. Aber das ist vielleicht genau das Problem: Den habeckschen Brechreiz auf Deutschland merkt man halt jeder Faser seiner Politik an. Eine Woche sollen die Bauernproteste andauern, am Mittwoch kommen sogar die Lokführer dazu, bevor es dann am 15. Januar die große Abschlussdemo in Berlin gibt. Ich freu mich drauf! Vahlefeld
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