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Sonntag, 18. Februar 2024

Krieg

Ernst Jünger war meines Wissens der einzige, der schon vor über 50 Jahren darauf hinwies, dass es seit 1918 eine - der Waffentechnik im besonderen und dem Stand der Technik im allgemeinen innenwohnende, eine Eigendynamik generierende, also intrinsische Sachzwänge entfaltende - völlig neue Situation gibt: Ausgerechnet die Siegermächte sind seit 1918 vom Gedanken der Sicherheit besessen. Früher war Sicherheit - die er sich selbst und dem Besiegten garantieren konnte - d a s Kennzeichen des Siegers.

Endlich wird diese neue Situation einmal systematisch, rational und unvoreingenommen unter die Lupe genommen, statt sich weiterhin obsoleten, an Clausewitz orientierenden Träumereien hinzugeben. Ich habe 50 Jahre lang darauf gewartet.

Teil 1

Teil 2

Immerhin hatten Afheldt und Weizsäcker am Institut für Krisenforschung sich dieser Situation bereits vor 50 Jahren gewidmet. Aber ihre Analyse beschränkte sich auf die spezifische Lage, in der sich das geteilte Deutschland befand, und  ihre Erkenntnisse fanden nie weitgehende Verbreitung.

An der Analyse von Amoghli und Meschnig fehlt mir nur ein Aspekt: Wie es gelang, das Zerstörungspotential, das seit Erfindung der Atombombe immer mehr anwuchs, zu drosseln und wie diese Drosselung zu der Enthemmung führte, die Krieg in Europa wieder zu einer möglichen Option gemacht hat.

Im 1. WK waren ja nur 5% der Toten Zivile, im 2. WK schon 48%, im Koreakrieg 84% und im Vietnamkrieg 92% (diese Zahlen fand ich 1974, mangels anderer auffindbarer Veröffentlichungen, bei Pahl-Rugenstein; Abweichungen davon sind sicher plausibel, aber mir kommt es auf die Größenordnung an, und die ist und bliebt eindeutig).

Die 50-er Jahre waren ein Jahrzehnt zunehmender Sprengkraft, die 60-er zunehmender Reichweite, die 70-er zunehmender Treffergenauigkeit.

Paradoxerweise führte ausgerechnet die Treffergenauigkeit dazu, dass der prozentuale Anteil der Ziviltoten nicht mehr besonders aussagekräftig ist. Denn dadurch gerieten Ziele im Siedlungsgebiet in den Fokus von Bombardierungen, weil nicht eine ganze Stadt bei der Beseitigung militärischer Ziele dem Erdboden gleichgemacht werden, sondern nur ein paar Hochhäuser. Wodurch auch die Enthemmung gegenüber zivilen Zielen allmählich abnahm und andererseits - zumindest in Kulturen ohne christliche Tradition - die Tendenz zunahm, die Zivilbevölkerung als Schutzschild zu verwenden (besonders in Gaza).

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