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Samstag, 2. Januar 2021

Was für Deutsche so schwer zu verstehen ist

 1996 hörte ich einer Gruppe von Juristen zu, die damals an der Europäischen Universität in Florenz studierten. Es waren Portugiesen, Spanier, Franzosen und eine Deutsche, die sich da über die Unabhängigkeit der Justiz und Berlusconi unterhielten. Die Deutsche war ganz deutscher Michel: mit blinder Einfalt (als spätem Echo des Obrigkeitsstaates) argumentierte sie, Aufgabe der Richter sei nur die Einhaltung von Gesetzen zu überwachen und war völlig unfähig zu begreifen, dass, sobald starke politische Spannungen in einer Gesellschaft auftreten, eine unabhängige, nicht politisierte Justiz nur noch Wunschdenken ist und es dann nicht reichen kann, Richter per Amtseid zu verpflichten, "nicht befangen" zu sein (und sie ärgerte sich, dass die klare, italienische Sprache nicht zwischen "parteiisch" und "befangen" unterscheidet).

Richter müssen gewählt sein. Dann wird die Politisierung wenigstens transparent und ihre Legitimation solider. Mehr ist nicht möglich.

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