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Samstag, 13. Mai 2023

Akif Pirinçci schreibt an Til Schwaiger

Lieber Til Schweiger,

wir sind uns noch nie begegnet. Wenn Sie das lesen und rausfinden, vom wem, werden Sie sich vielleicht sagen "Gott sei Dank!", denn mich hat die deutsche Ekelpresse in den letzten Jahren zu einem noch größeren Ungeheuer aufgebaut, als sie es aktuell bei Ihnen versucht. Der Kelch der "Kontaktschuld" ist also in dieser Sache glücklicherweise an Ihnen vorbeigegangen.
Zudem habe ich mir bisher keinen Ihrer Filme durchgehend angeschaut, sondern nur gelegentlich beim TV-Zappen kurze Ausschnitte davon gesehen. Aber was bedeutet das schon? Jeder, wie er es mag.
Das hängt auch damit zusammen, daß ich mir grundsätzlich keine deutschen Filme angucke, schon gar keine deutschen Fernsehfilme jeglicher Couleur, die inzwischen offenkundig für den Sozialkundeunterricht in der Schule und als Lehrmaterial für die Angestellten der gigantischen Sozial-, Migranten- und Ökoindustrie hergestellt werden.
Daß Sie jedoch einer der erfolgreichsten Akteure des deutschen Kinos der letzten Jahrzehnte sind, ist mir nicht entgangen. Und mit "erfolgreich" meine ich keineswegs irgendwelches schöngeistiges Kritikergesabbel, sondern zig Millionen zahlende Zuschauer an der Kinokasse.
Die Kritik jedoch, wenn nicht sogar die ganze Filmbranche scheint Sie eher aus vollem Herzen zu hassen. Was heißt "scheint"? Ich war neulich geschockt, als ich auf YouTube einen Film-Influencer sah, der bezüglich Ihres zur Zeit sehr erfolgreichen "Manta Manta - Zwoter Teil" am Schluß seiner Kritik fast einen Heulkrampf bekam und die Zuschauer geradezu anbettelte "Bitte, bitte, geht in diesen Film nicht rein!" Ja, so plump und beschämend war das.
Ich muß sagen, daß ich den aktuell vom SPIEGEL initiierten "Skandal" um Ihre Person und Arbeitsweise nicht ganz verstehe. Soweit ich anhand der veröffentlichten Fakten überblicken kann, scheint es sich dabei eher um arbeitsrechtliche Probleme zu drehen (wie bei fast jedem Betrieb) und um nicht einmal gravierende bei der Herstellung eines Films.
Sie sollen angetrunken am Set erschienen sein, einen Mitarbeiter geschlagen und überhaupt das Team unter Streß gesetzt haben. Da kennen die Leute offenkundig die ganz harten Geschichten aus Hollywood nicht. Ein Sam Peckinpah ("The Wild Bunch", "Getaway") z. B. konnte nüchtern gar nicht drehen. Und wie Alfred Hitchcock seine Schauspielerinnen und ein Stanley Kubrick Schauspieler beiderlei Geschlechts getriezt haben, ist bekannt. Von den Roman-Polański-Geschichten wollen wir erst gar nicht sprechen.
Das soll nicht bedeuten, daß man bei Dreharbeiten nicht kollegial, fair und entspannt miteinander umgehen sollte. Doch ich fürchte, die Leute stellen sich die Herstellung eines Films etwas naiv vor. Sie glauben vermutlich, daß es sich dabei um eine Art glamouröse Party mit Prominenten handelt, wo jeder seinen Narzißmus auslebt.
Das ist aber nicht der Fall! Ein Filmdreh ist das härteste Unternehmen der Welt, weil innerhalb von ein paar Wochen oder Monaten viele Millionen unwiederbringlich verballert werden und am Schluß das fertige Produkt dies rechtfertigen muß. Alle stehen unter enormen Streß, und nicht alle sind diesem Metier auch gewachsen.
Doch, lieber Til Schweiger, ich glaube, die ganz offensichtliche Absicht des SPIEGELs, Sie ein für allemal fertig- und unmöglich zu machen, den Zugang zu Ihren Finanziers und Fördergeldern für Ihre Filme zu kappen und so über Sie ein indirektes Berufsverbot zu verhängen, lag an etwas Anderem. Am liebsten hätten sie aus Ihnen einen deutschen Harvey Weinstein, einem genialen Produzenten, der seine gigantische Hollywood-Macht für diverse Sexverbrechen mißbrauchte, gemacht. Aber aus diesem Schmutzbrunnen ist in Ihrem Falle anscheinend nichts zu schöpfen, weil nichts drin ist. Schon die kleinste Andeutung einer inzwischen verblühten Schauspielerin oder uninteressanten Statistin bezogen auf irgendeine Ferkelei von vor dreißig Jahren hätte diesen Pressehyänen genügt. Aber ach …
Nein, lieber Til Schweiger, in Wahrheit haben Sie sich aus der Sicht dieser Talentfreien eines noch schwereren Verbrechens schuldig gemacht. Sie sind so wie ich ein Kind der 70er, 80er Jahre, Dekaden, in denen in Deutschland die größte künstlerische Freiheit herrschte, ebenso für den Lifestyle des Künstlers selbst.
In Ihren Interviews und auch sonst, was man über Sie so verbreitet, entsteht der Eindruck, daß da einer ist, dem die heutige Verspießerung und Verprüderung der Kunst (im weitesten Sinne), die politische Korrektheit und die vom grün-links versifften Zeitgeist anbefohlene Wokeness ziemlich am Arsch vorbeigeht. Sie wollen so viele Zuschauer wie möglich ins Kino locken.
Unerhört, so geht es natürlich nicht! Sie müssen schon Ihren Bückling vor den Feinden der Freiheit machen, müssen anstatt "Manta Manta!" zu schreien, vielleicht irgendwas von einer Rollstuhl-Rallye mit einem schwarzen Trans-Behinderten erzählen und darüber, daß Sie sich heute dafür schämen, daß Sie einst The Sexiest German Man Alive gewesen waren.
Aber was tun Sie? Sie greifen in einem BILD-Interview das Sakrosankteste an, das in diesem Clownsland gegenwärtig vorherrscht, machen es lächerlich, nämlich die grün-kommunistische Akteure und ihre Weltuntergangsreligion, Sie greifen die geistige Diktatur an. Mit einem Wort, Sie sind inzwischen zu einem Anachronismus geworden!
Hinzu kommt, daß sich im heutigen Deutschland (vielleicht auch auf der ganzen Welt) das Bild des Künstlers im öffentlichen Diskurs komplett gewandelt hat. Ich lese gern Biographien von berühmten Künstlern früherer Tage. Und allen gemeinsam ist in meiner Wahrnehmung die Redensart "Da tun sich Abgründe auf" wohl das passendste Leseresultat.
(Gute) Künstler sind besondere und ziemlich bekloppte Menschen, denn um den Kunstkonsumenten zu fesseln, müssen sie mit überraschenden, interessanten Ideen, mit etwas außerhalb der Norm und des normalen Alltags aufwarten. Das Klischee des verrückten Künstlers mag ein Klischee sein, doch so ganz falsch ist es auch nicht.
Doch gerade das verbietet der woke Zeitgeist heutzutage. Der Künstler soll nicht nur gute Arbeit leisten, nein, er muß auch noch selber gut sein, ein ganz lieber Mensch, der jede zeitgeistige Scheiße verinnerlicht, darüber hinaus dies sogar öffentlich bezeugt und nach dem Munde der gerade angesagten Normalität redet.
Echte Künstler jedoch sind dazu nicht in der Lage, da sie eine innere Wahrheit besitzen, vielleicht eine zutiefst destruktive und abscheuliche, mit der sie ihren Schöpfergeist unter Strom halten. Oder auf einen konkreten Fall bezogen: Ändert der ekelhafte Altersantisemitismus eines Roger Waters´, dem führenden Kopf der ehemaligen Band "Pink Floyd", etwas an seiner im wahrsten Sinne des Wortes genialen Musik, die er seinerzeit geschrieben hat? Ich denke nein. Man sollte die Dinge trennen und wahre Toleranz walten lassen.
Lieber Til Schweiger, auch wenn man Sie nun fallenläßt, was ich nicht glaube, denn Sie sind immer noch viel zu wertvoll für den deutschen Film, so werden Sie doch sehr weich landen. Wie man hört, sind Sie sehr reich. Und irgend jemand wird auch in Zukunft mit Ihnen immer noch viel Geld und gute Filme machen wollen. Ich wünsche Ihnen auf diesem Wege das Allerbeste!
 
Herzlichst
Akif Pirinçci

 

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