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Samstag, 29. Dezember 2018

Entwortung

Mittlerweise kann es passieren, dass – siehe auf Zeit-Online – Schlagzeilen wie „Binnen zwei Tagen 43 Bootsflüchtlinge aus dem Ärmelkanal gerettet“ erscheinen und sich niemand wundert und die oben erwähnte Frage stellt, warum man aus Frankreich fliehen muss.

Die am ersten Weihnachtsfeiertag Geretteten stammten aus dem Irak, dem Iran und Afghanistan, sie wollten nicht länger in Frankreich bleiben. Doch wovor flohen sie? Vor den Gelbwesten? Vor Macron? Vor der EU ins Brexit-Land?
Natürlich nicht. Sie wollten nach Britannien, weil sie sich dort bessere Lebensumstände als in Frankreich erhoffen. So wie viele Migranten aus der Sicherheit anderer EU-Staaten nach Deutschland „fliehen“, um der besseren Geld- und Sozialleistungen teilhaftig zu werden. Das ist nicht verurteilenswert, denn wer Anreize schafft, darf sich nicht wundern, wenn diese Anreize auch wirken. Wer mit scheinbar voraussetzungslosen Wohltaten lockt, schafft halt wichtige Grundlagen fürs Schleusergeschäft.
Dass diese politische Frage, die Beseitigung dieser „Flucht“-Ursache, dringend auf die Tagesordnung gehört, ist die eine Sache. Aber dass Asylreisende, die von einem sicheren Land ins nächste unterwegs sind, sogar von Formulierungsprofis stets unreflektiert zu „Flüchtlingen“ erklärt werden, ist mehr als nur eine ärgerliche Nachlässigkeit. Oder ist es eine gut gemeinte Propaganda-Aktion?

Ein selbst von ihren Initiatoren ungewollter Kollateralschaden ist der, dass es für die Menschen, auf die der Begriff „Flüchtling“ einstmals differenziert und zielgenau Anwendung fand, keinen Begriff mehr gibt. Der Schutzsuchende, der tatsächlich geflohen ist und ein sicheres Exil erreicht hat, kann nicht mehr mit einem Wort bezeichnet werden, ohne dass beim Lesen oder Hören auch all die Wohlstandssucher, Glücksritter, Antänzer, Islamisten oder Messerstecher mit anklingen.   Grimm

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