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Sonntag, 17. Dezember 2023

Time Out

2011 hörte ich zum ersten Mal eine Linguistin im Deutschlandfunk von der Lebendigkeit des Kietzdeutsch schwärmen. Da wurde mir bewusst, dass ich während 3 Jahrzehnten Leben im Ausland offenbar verpasst hatte, dass Enzensbergers Kursbuch und Wagenbachs Freibeuter in sämtlichen deutschen Medien Schule gemacht hatte. Welch katastrophale Folgen das hatte, erkannte ich aber erst 2014, als die Hetze gegen alles Konservative zur konzertierten Dauerbeschallung wurde. Erst im Herbst 2014 habe ich mich von Merkel endgültig abgewandt. Ich muss gestehen, dass ich auf sie hereingefallen war. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass Deutschland dermaßen verlogen geworden war. Vor allem konnte ich mir die immense Inkompetenz nicht vorstellen, die durch die Verlogenheit kaschiert werden soll! Ich war so sehr daran gewöhnt, die CDU für seriös zu halten, dass ich voller Vertrauen gar nicht richtig hinsah. Ich glaube, das ging vielen so.

Das bekannte „Timeout-Magazin“ hat Neukölln in die Liste der „40 coolest neighbourhoods in the world“ aufgenommen. Nun ist „cool“ bekannterweise ein ziemlich dehnbarer Begriff und mag je nach Betrachter von den Elendsvierteln Cubas über Belle Delphines Badewasser und frittierte Marsriegel bis hin zu überteuerten Louis Vuitton-Taschen so ziemlich alles bezeichnen. Aber dennoch: Dass ein ebenso verschandeltes wie abgewracktes und überfremdetes Stadtviertel nun als besonders „cool“ gilt, nur weil einige linksgrüne Hipsters und gelangweilte it-Girls ihre Abenteuerlust und/oder gratismutige Multikulturalität dadurch demonstrieren wollen, dass sie in irgendwelchen Plattenläden überteuerte und zerkratzte Vinyl-Aufnahmen erstehen und am Straßenrand Pfefferminz-Tee trinken, hat schon ein gewisses politisch-korrektes Geschmäckle: „Nachtigall, ick hör Dir Propaganda machen.“    David Engels

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