Cotars Sieg über Maximilian Krah lag an verschiedenen Faktoren, zeigt aber gleichwohl, daß man seitens der BuVo-Mehrheit bereit ist, 40 bis 45 Prozent der Partei konstant zu überstimmen, anstatt einen Modus zu finden, der einer vielschichtigen Sammlungspartei wider das vorgeblich Alternativlose der Union-SPD-Grüne-FDP-Linke-Altparteienwelt besser zu Gesicht stünde.
Auch die Schlüsselstellen im Bereich des Schiedsgerichtes (das u. a. über Parteiausschlußverfahren entscheidet) wurden ganz in diesem Sinne des Durchmarschs-um-jeden-Preis ausnahmslos mit »Meuthenianern« besetzt. So baut man keine Brücken, so gleicht man nicht aus, so schafft man keine Versöhnung (und sei sie nur strategisch) vor dem Superwahl- und Krisenjahr 2021, das eine ernstzunehmende Alternative für Deutschland als Wahlpartei dringend nötig hätte.
Götz Kubitschek bilanziert deshalb so hart wie korrekt: "Der Parteitag hat gezeigt, daß es unter dem Parteivorsitzenden Meuthen keine Überwindung der Spaltung geben wird, sondern daß hier einer den festen Vorsatz hat, die Partei in seinem Sinne zu reinigen. »In seinem Sinne« meint zur Stunde: im Sinne des Establishments. Wenn das geschafft ist, muß er sie vielleicht auch von sich selbst reinigen, vermutlich aber gar nicht mehr: Sie wird dann keine Alternative mehr sein."
Diesen Kurs setzt Meuthen über das gesamte Jahr 2020 durch. Es war demnach ein Jahr, in dem sich die Mehrheit des Bundesvorstandes – von Meuthen und Storch an der Spitze bis zu den Geduldeten Wolf und Paul mit eigener »umstrittener« Vita – der Strategie einer Überanpassung an hegemoniale Normen des Establishments verschrieb: Man übernahm gegnerische Vorstellungen und Deutungen. Nicht nur Umfragen legen nahe: Diese Strategie führt in die Einstelligkeit, danach ins Nichts.
Ins parteipolitische Nichts abschieben wollen Meuthen, Storch et al. nun also Roland Hartwig. Denn der AfD-Bundesvorstand hat in einer Telefonkonferenz am Montagmorgen (21. Dezember 2020) den Leiter der »Arbeitsgruppe Verfassungsschutz« abgesetzt. Als Grund gibt man »unüberbrückbare Meinungsdifferenzen über den Kurs von Parteichef Jörg Meuthen« an. Nachfolger Hartwigs ist ausgerechnet der Meuthen-loyale Parteienspringer (Ex-REP, Ex-SPD, nun AfD) Knuth Meyer-Soltau.
Nun sollte man sich nicht allein an dem Umstand aufhalten, daß Meuthen nicht alleiniger »Parteichef« ist, sondern gleichberechtigter Parteisprecher neben Tino Chrupalla, den er hiermit erneut vor entzückter bundesdeutscher Medienwelt desavouierte. (Chrupalla stimmte im übrigen als einziger Akteur dagegen, ferner gab es drei Enthaltungen.)
Ebenso gewichtig scheint die Tatsache, daß Interna aus dem Parteivorstand erneut umgehend an GEZ-Presse und Linksjournalisten »geleakt« wurden, bevor die eigene Basis in Kenntnis gesetzt wurde, was man hier wieder getrieben hat.
Denkt angesichts dieser Kollaboration mit dem politischen Gegner in Politik und Medienwelt ernstlich noch jemand, es ginge just Meuthen um Einheit, Professionalisierung oder gar Wahlerfolge?
Roland Hartwig selbst, ehemaliger Bayer-Chefsyndikus, argumentiert im – lesenswerten – Gespräch mit dem Grazer Freilich-Magazin wie gewohnt diplomatisch: "Ich hoffe sehr, dass die Gruppe im Bundesvorstand um Herrn Meuthen doch noch erkennt, dass sein Ansatz die Partei stark belastet und polarisiert und im Ergebnis nichts weiter bewirken wird."
Bei den Kollegen von PI-News wird Hartwig aber deutlicher: "Ich werde den Eindruck nicht los, dass Prof. Meuthen und seine Unterstützer die Sorge vor einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz dazu nutzen wollen, die Partei nach ihren Vorstellungen umzugestalten."
Nach ihren Vorstellungen heißt übersetzt: habituell angepaßt, weltanschaulich entkernt, argumentativ harmlos – was sich als erstaunlich kongruent mit jenen Erwartungen deckt, die Angela Merkel und Thomas Haldenwang an eine verkraftbare (weil wirkungslose und ungefährliche) »Opposition« stellen würden.
Als vorgeschoben erscheint die Kritik an Hartwig, nicht wirkungsvoll genug der nahenden VS-Beobachtung entgegengewirkt zu haben oder gar die Thematik zu unterschätzen.
Das Gegenteil ist korrekt: Hartwig hat die Verfassungsschutzrolle über zwei Jahre hinweg beleuchtet und eingeordnet, während Meuthens Lager immer noch – apolitisch, naiv, etwas Drittes ? – davon auszugehen scheint, daß man ein politisches Instrument wie den Inlandsgeheimdienst durch 80er Jahre-Argumente und fortwährenden innerparteilichen Kampf gegen Rechts von der Loyalität seiner selbst überzeugen wird können. (Die eminent kostenintensive Grundgesetzkampagne mit wenigen Hundert Klicks auf YouTube spricht Bände.)
Vor dem Verfassungsschutz schützt uns also kein Meuthen, kein Kotau, keine Entkernung des eigenen Programms und auch keine ewige Distanzeritis. Wer schützt uns dann?
Roland Hartwig hat diese Frage beim IV. Staatspolitischen Kongreß im Jahr 2019 behandelt. Benedikt Kaiser
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