Es wird ernst. Gemeint ist nämlich der arabische Golf. Dort hat sich über die Weihnachtstage so viel Feuerkraft versammelt wie nirgendwo in den letzten 20 Jahren auf so engem Raum. Drei Flugzeugträger (Nimitz, Theodore Roosevelt, Dwight D. Eisenhower) und das atomar betriebene und bestückte U-Boot Georgia haben mit ihren Flottenverbänden demonstrativ die Meerenge von Hormus passiert. Fast 400 Raketenrohre für Marschflugkörper und ballistische Geschosse sind in Alarmbereitschaft.
Ein weiteres Atom-U-Boot, diesmal der Israelis, ist ebenfalls über Wasser durch den Suez-Kanal gefahren mit Kurs auf den Golf. Die Sichtbarkeit ist eine Demonstration. Auch die arabischen Anrainerstaaten halten mit ihrer Beteiligung an der Allianz gegen das Mullah-Regime nicht hinter dem Berg. Ihre Flughäfen dienen als Basis für Einsätze und es herrscht reger Betrieb. Luftkorridore werden freigehalten, über der Region kreisen die größten Bomber der Welt, die B-52.
Die amerikanische Luftwaffe koordiniert ihre Bewegungen eng mit den arabischen Verbündeten und auch mit dem israelischen Generalstab. Die neue Allianz hat es dem Generalstabschef der Israelis, Aviv Khokhavi, überlassen, eine Begründung für diese Konzentration der Feuerkraft öffentlich abzugeben. Bei einer Zeremonie zur Auszeichnung von Soldaten nannte er den „Iran und seine Verbündeten, die Achse der Radikalen“, die eine Aggression gegen Israel oder israelische Ziele teuer bezahlen würden.
Mehr als nur eine Drohung?
Die kostspielige Konzentration könnte ein Abschreckungsmanöver sein, weil die Geheimdienste in letzter Zeit mehrere Hinweise erkundet haben, wonach die iranische Führung Racheaktionen plane und vorbereite für den Mord am Vater der iranischen Bombe, Mohsen Fakhrisadeh, Ende November, sowie für den tödlichen Angriff auf den Chef der Sondereinheit Quds der Revolutionsgarden, Kassem Soleimani.
Soleimani war am 3. Januar dieses Jahres am Flughafen in Bagdad durch eine amerikanische Rakete getötet worden. Die Meldungen von einem Racheakt nennen als Datum eben den Jahrestag des Anschlags auf Soleimani. Für die Offenbarung dieser Absicht braucht es keine Geheimdienste, für konkrete Details, die eine teure Truppenkonzentration rechtfertigen, allerdings schon.
Der Aufmarsch am Golf kann aber auch mehr sein als eine Drohung. Seit Monaten werkelt Teheran wie frenetisch an der Atombombe. Man will vollendete Tatsachen schaffen, bevor Biden das Ruder in Washington übernimmt und damit eine bessere Ausgangsposition erreichen für künftige Verhandlungen. Dafür wird Uran gekauft und mit allen verfügbaren Zentrifugen angereichert.
Nur die USA haben die notwendigen Bomben
Das Material soll für zwei Bomben reichen – genug, um selbst Amerika vor einem Angriff abzuschrecken, wie das Beispiel Nordkorea zeigt und damit auch genug, um das Regime an der Macht zu halten. Zu diesem Zweck haben die Mullahs etwa 90 Kilometer nordwestlich von Teheran eine unterirdische Fabrik gebaut und zwar bei den Nuklearanlagen von Fordo. Bei der zweiten Atomanlage bei Natanz werden in aller Eile Zentrifugen repariert, die bei einem Sabotageakt im Sommer zerstört oder stark beschädigt wurden. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit und um die Macht am Golf.
Sollten die Iraner der Bombe tatsächlich sehr nahe gekommen sein, würde Israel nicht zögern, auch alleine loszuschlagen. Aber der Schlag wäre unvollkommen. Die unterirdischen Anlagen sind nur mit Raketen zu erreichen, die tief in die Erde eindringen und dann erst ihre Zerstörungskraft entfalten. Über solche Raketen verfügen die USA, Israel hat sie nicht. Obama hatte es Israel vor sechs Jahren verweigert, solche Raketen zu liefern. Biden würde es vermutlich genauso halten.
Deshalb wird der Schlag, sollte er kommen, vor Mitte Januar erfolgen oder eben auch um die Jahreswende. Abwägen dürfte Trump, ob es sinnvoll ist, einen Schlag vor den Stichwahlen um die zwei Senatorensitze von Georgia am 5. Januar vorzunehmen. Die innenpolitischen, aber auch die außenpolitisch-militärischen Folgen sind nicht absehbar.
Trumps Werk ist noch unvollendet
Um letztere einzudämmen, fliegt die israelische Luftwaffe seit Monaten Angriffe auf Ziele der Revolutionswächter in Syrien, im Libanon und selbst im Irak. Immer wieder werden Raketenarsenale und Stellungen der Iraner oder ihrer verbündeten Milizen zerstört. Es sind Präventivschläge, ein Krieg auf kleiner Flamme, verlustreich für die Iraner, abschreckend für die Syrer und die Hisbollah im Libanon, also die Radikalenfront.
Ein Element in diesem Krieg, der auch weitgehend unter dem Radar der Medien abläuft, hat die Israelis selbst alarmiert. Den Iranern ist es gelungen, im Cyber-Krieg sich in israelische Systeme einzuhacken. Offenbar verfügt das Mullah-Regime über hochspezialisierte Hacker-Kommandos, die sogar die geheimen Datenbanken von Firmen auskundschaften konnten, die für die israelische Armee Sicherheitssysteme entwickeln – eine hochsensible Angelegenheit. Man schätzt, daß diese Kommandos etwa fünfzig israelische Firmen Mitte Dezember angezapft und bereits etliche Daten abgesaugt haben.
Es ist eine existentielle Frage für die Israelis. Sie werden nicht zögern, notfalls auch alleine einen Schlag zu wagen. Er bliebe im wahrsten Sinn des Wortes oberflächlich. Die Entscheidung über die auch unterirdische Wirksamkeit eines möglichen Angriffs aber liegt bei Trump. Seine Politik in der Region hat zu Friedensverhandlungen oder Kooperationen Israels mit den meisten arabischen Staaten am Golf geführt. Dieses Werk ist unvollendet, solange die Mullahs mit der Bombe drohen können.
Deshalb spricht einiges dafür, daß er mit Israel den Schlag auf die Nuklearanlagen ausführt. Die Araber und Israel würden es ihm danken. Harte Kritik der krisengelähmten Europäer und des Biden-Amerika dagegen wäre ihm gewiß. Aber die hat er auch so. Nur: So sehr Appeasement bei dem noch amtierenden Präsidenten unwahrscheinlich ist, so unwahrscheinlich ist auch seine Berechenbarkeit. Sicher ist aber, daß sich am Golf einiges zusammenbraut, das sich früher oder später krachend entladen wird.
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