Stationen

Montag, 27. Mai 2024

Das Kalifat von Sylt wurde im Keim erstickt

 Ist ihnen der Name Gerd Reinke ein Begriff? Der Kontrabassist des Orchesters der deutschen Oper unterschrieb 1997 bei einer Israel-Tournee eine Hotelrechnung mit „Adolf Hitler“. Die Folge war eine öffentliche Hinrichtung. Reinke verlor seinen Job, seine Lehraufträge, wurde gesellschaftlich geächtet. Seine Existenz war vernichtet. Reinke war kein Nazi, im Gegenteil. Er war nie mit irgendwelchem rechten Gedankengut in Erscheinung getreten und galt politisch sogar als eher linksorientiert. Was ihn zu bei der Aktion geritten hatte, war der spontane Drang zum absoluten Tabubruch gewesen. Er erlag der Versuchung, einmal das eigentlich Unsagbare, Unvorstellbare und genaue Gegenteil dessen zu tun, was das gesellschaftliche Umfeld stillschweigend von jedermann erwartet. Die Übertretung kann einen morbiden Reiz auf Menschen ausüben. Hemmschwellenabsenkung durch Alkohol war übrigens ebenfalls im Spiel.

Seit einigen Monaten hat sich eine Version des Gigi-D’Agostino-Partyhits „L’amour toujours“ mit dem Refrain „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“ landesweit verbreitet. Auch dabei handelt es sich um einen kalkulierten Tabubruch: Der Text, der geradezu sprichwörtlich klischeehafte NPD-Parolen der 1980er-Jahre aufgreift, steht auf so groteske Weise allem entgegen, was hierzulande seit Jahren pausenlos an Mantras der Vielfalts- und Willkommenskultur in die Schädel gehämmert wird, dass ihn manch einer beim Singen wohl als eine Art Befreiungsschlag und trotzige Gegenwehr begreift. Nicht weil er wirklich etwas gegen Ausländer hat – sondern gerade weil er die Plumpheit der Gutmenschenparolen, die erdrückende und problemausblendende Migrations-Dauerpropaganda, die den Deutschen von Politik und Medien zugemutet wird, geradezu erfrischend ironisch kontrastiert.

Das soll keine Rechtfertigung für derartige Parolen sein. Aber Reaktion erzeugt nun einmal Gegenreaktion. Wer ein Volk mit Denk- und Sprechverboten überzieht, wer die für jedermann sichtbare ethnische und kulturelle Veränderung, immer mehr Kriminalität und Straftaten und Fehlentwicklungen der „Multikultur“ leugnet, der muss sich nicht wundern, dass sich die Frustration irgendwo Bahn bricht. Und je nach Niveau eben auch auf primitive Weise. Das kann am Stammtisch sein oder bei Partygesängen im vermeintlich privaten, unbeobachteten Rahmen. Auch das ist Demokratie – und das war noch nie anders. Der einzige Unterschied zu früher: Die Ventile sind heute kompromittiert, weil das Netz immer mithorcht. Social Media in Ton und Bild ist Dauerzeuge. Nichts bleibt mehr geheim. Erst recht nicht im Land der Meldestellen, wo Linke in ständiger Lauerstellung sind und nach weltbildbestärkenden Beweisen für ihre rechtsextreme Paranoia gieren.

Insofern war es für die Feiernden der Sylter Nobelklitsche „Pony“ Pech, dass ihr höchstwahrscheinlich ohne jeden politischen Hintergedanken dargebotenes Suffgegröle gefilmt wurde und viral ging. Außerdem: Weiße, reiche Kids, noch dazu auf der verhassten Wohlstandsinsel der Deutschen – da mischen sich antideutsche linke Ressentiments in blanken Sozialneid. Die Folge ist eine besorgniserregende Pogromstimmung: Binnen 24 Stunden waren die kurz im Video zu sehenden Protagonisten identifiziert. Ein SPD-Politiker beteiligte sich am menschenverachtenden „Doxxing“ und outete eine beteiligte junge Frau mit Foto und Klarnamen. Sie und zwei weitere Beteiligte verloren sofort ihren Job. Sie erhalten massive Drohungen und mussten inzwischen untertauchen. Ein normales Leben wird es im Antifa-Deutschland für sie nicht mehr geben.

Selbst der Bundeskanzler meldet sich zu Wort und drückt seinen „Ekel“ aus. Nur vordergründig sind es die Gesänge, die ihn ekeln. Es sind die, die da singen. Ihnen wird kein Pardon gegeben.

Ursprung der „Ausländer raus“-Neutextung des Songs, die seit der Sylt-Hysterie die Temporallappen von Feuilleton und Politik zum Durchschmoren bringt, sollen angeblich bereits vor Monaten brandenburgische Neonazis gewesen sein. Es gibt begründete Zweifel an dieser These – schon deshalb, weil Neonazis zu elektronischer Musik und erst recht zur Italo-Dance-Szene eigentlich keinen Bezug haben. Tatsache aber ist, dass dieser Song bei etlichen Dorffesten und Partys und sowie offenbar auch auf Mallorca und auch nach Sylt noch weiterhin gesungen wurde, ehe er nun zum Kapitalverbrechen wurde und landauf, landab Denunzianten auf den Plan ruft, die schon den Staatsschutz verständigen, sobald irgendwo nur die ersten Takte eines Gigi-D’Agostino-Hits ertönen.

Es ist dieser strukturelle linke Selbsthass, der zu immer tieferen Abgründen der Doppelmoral führt. Deshalb hat es die „Tagesschau“ – im Gegensatz zum Vorfall auf Sylt – zuvor noch nie interessiert, wenn wie etwa bei der Berliner Silvesternacht junge Migranten deutschenfeindliche Parolen grölen, wenn junge Araber öffentlich Adolf Hitler verehren und Juden ins Gas schicken wollen. Wenn Islamisten das Kalifat fordern. Oder wenn Pulks junger Migrantenkinder durch deutsche Orte ziehen und „Deutsche raus, Ausländer rein“ brüllen. Das alles war nie ein Thema, so wenig wie Gruppenvergewaltigungen und Messerattacken. Hätten die Partypeople auf Sylt skandiert „Deutschland den Ausländern, Deutsche raus“: Das Video hätte nicht einmal Mindestklickzahlen generiert. 

Übrigens: Weder „Deutschland den Deutschen“ noch „Ausländer raus“ sind als Aussagen formal strafbar. Ersteres ergibt sich unmittelbar aus dem Grundgesetz, Letzteres wurde vom Bundesverfassungsgericht als ausdrücklich zulässige Meinungsäußerung gewertet. „Rassistisch“ ist übrigens beides nicht. Wie gesagt: Es sind dümmliche Provokationen und Tabubrüche, die natürlich inhaltlich abzulehnen sind. Aber in Deutschland hat man vergessen, dass die Meinungsfreiheit auch das Äußern abstoßender, unappetitlicher und fragwürdiger Ansichten einschließt. Wenn die Begriffe nicht mehr stimmen, wird jede Debatte zur Makulatur. Was bleibt, sind nur Hass und Hetze.   Daniel Matissek 

Dank Laschet bekommt das Wort "Gesylze" einen ganz neuen Sinn. So ähnlich wie das Wort "Kreuzabnahme", nachdem Bedford-Strohm und Marx in Jerusalem den Felsendom besuchten.

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.