Lassahn hat sich seine Kindlicheit bewahrt. Konrad Lorenz hat immer wieder den Wert, ja die Notwendigkeit, der Kindlichkeit betont, deren Bewahrung Voraussetzung für Reifung ist und die er als Baustein der Evolution ansah (als Neotenie ein Baustein der biologischen Evolution und - seit Abel - als Privilegierung der Feinheit ein Baustein in der spirituellen und kulturellen Evolution). Neben seinem Arbeitszimmer hatte Lorenz einen Raum, in dem er noch in fortgeschrittenem Alter mit der Modelleisenbahn spielte, die er sich dort aufgebaut hatte. Ich wusste noch nichts von den Theorien und Ansichten, die Konrad Lorenz sich erarbeitet hatte, als ich 1972 bei einem Grillabend auf dem "Freisitz" unter der Linde in unserem Garten beschloss, dass ich (proaktiv, wie man heutzutage sagt) mir meine Kindlichkeit bewahren müsse, um nicht kindisch zu werden; denn ich musste mir gerade den Unsinn anhören, den eine Person von sich gab, die nur einen halben Krug Bier getrunken hatte und trotzdem noch unsinniger herumschwadronierte als in nüchternem Zustand, wenn sie sich eine befremdlichen, gezwungenen Anstrich von Reife gab.
Lassahn also hat sich, obwohl inzwischen Großvater, seine Kindlichkeit bewahrt. Hut ab! Und damit nicht genug, hat er sich sogar kindliche Unschuld bewahrt!! Kinder sind beleibe nicht tout court unschuldig, im Gegenteil. Aber Lassahn neigte schon als Kind zu Unschuld und er verlor diese Neigung durch Reifung nicht und selbst als abgeklärter Großvater besitzt er sie immer noch! Noch mal Hut ab und standing ovation!!
Das ist ein Ergebnis, dass man nur durch Humor erreichen kann. Und in der Tat, er hat sich den für die Sponti-Szene der 70er und 80er typischen Humor bewahrt, und er hat sogar noch hinzugelernt, selbstironisch über sich selbst zu lachen. (die Ovation brandet nun gewaltig auf, wir stellen uns auf die Stühle und werfen unsere Hüte wie Frisbees in Richtung des Gefeierten!)
Gestern Abend sendete Lassahn ein außerordentlich kluges Gespräch mit Gunnar Kunz in den Äther des noch nicht völlig gleichgeschalteten Netzes (dessen Maschen immer enger werden, je mehr sich der Weltstaat ausbreitet). Es ist ein Gespräch, das ich jedem ans Herz lege, der unsere Zeit verstehen will. Übrigens glaube ich nicht, dass man aus der Vergangenheit etwas für die Gegenwart und die Zukunft lernen kann (bzw. können es nur diejenigen, die es nicht nötig haben), im Gegenteil, seit langem bin ich davon überzeugt, dass nur, wer die Gegenwart versteht, auch in der Lage ist, die Vergangenheit zu verstehen.
Dieses Gespräch zwischen Bernhard Lassahn und Gunnar Kunz ist nebenbei eine sehr gute Einführung in seriöse Kommunikations- und Medienwissenschaft und eine hervorragende Anleitung für den Umgang mit Medien. Ich habe über 50 Jahre darauf gewartet, dass angemessene, kongruente, problemrelevante Medientheorien auftauchen, die nicht nur plausibel sind (plausible Erklärungen sind meistens nur optische Täuschungen, die keiner überprüft, weil sie so plausibel sind; alles Wahre muss ja plausibel sein, aber nicht alles, was plausibel ist, ist auch wahr, ja nur selten ist, was plausibel ist, auch wahr).
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.