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Dienstag, 28. Mai 2024

Welch eine Schande!

 Bereits im Dezember 2019 besaß ich (weil in Italien Covid19 früher zum Problem wurde als in Deutschland) eine Gewissheit, die Spahn selbst am 30. Januar 2020 noch nicht besaß: nämlich dass Covid19 vor allem durch Aerosol übertragen wird (was eigentlich eine Selbstverständlichkeit bei Erkrankungen der Lunge ist; aber Spahn behauptete im Interview mit der BILD-Zeitung am 30. Januar 2020, es werde nicht über die Atemwege übertragen... Dümmer geht nimmer).

Das italienische Fernsehen empfahl damals, nicht in die vorgehaltene Hand zu niesen, sondern in die Armbeuge, damit die Hände das Virus nicht durch Schmierinfektion an Türen und Bargeld weitergeben. Außerdem empfahl es, sich aus demselben Grund oft die Hände zu waschen. Denn der Hauptübertragungsweg ist zwar das Aerosol, aber eben nicht der einzige Übertragungsweg.

Man wusste sehr früh, dass Covid19 hochinfektiös ist, dass Kinder nichts zu befürchten haben, aber dass infizierte Kinder eine Gefahr für alte Menschen mit Vorerkrankungen sind (mehr als 80% der Covid19-Toten besaßen sogar 3 Vorerkrankungen).

Italien hat über 1000 Inseln. Ich wartete seit Dezember 2019 darauf, dass Ferienlager für Kinder und Jugendliche auf einsamen Inseln eingerichtet würden, wo sie infiziert (statt mit mRNA "geimpft") würden, um natürliche Immunität zu entwickeln, die immer den besten Schutz darstellt. Aber diese Möglichkeit wurde nicht einmal in Erwägung gezogen, und ich war ja weder Gesundheitsminister noch Cincinnatus.

Und heute? Man höre sich an, was der Fall ist, wenn Covid19 und die durch mRNA-Vorbeugeversuche Geschädigten auf die Mentalität heutiger Deutscher trifft. Die armen Deutschen. Nie wird sich jemand ihrer erbarmen, nie mehr werden sie Anerkennung bekommen; egal was sie tun. Die Einfalt machte den deutschen Michel einst auch liebenswert. Aber sie wurde ihm zum Verhängnis. Das wird sich wohl nicht mehr ändern.

Die Befindlichkeit der Deutschen ist in einem Maße von Sehnsucht nach Harmonie und Anerkennung geprägt, dass alle vernünftigen Menschen abschreckt. Nichtdeutsche glauben einem nicht, wenn man ihnen davon erzählt, und wenn sie es aus der Nähe sehen, schütteln sie den Kopf und wenden sich ab. Es ist einfach zu irre, um Mitgefühl mit den Deutschen haben zu können. Alexander Meschnig beschreibt sehr gut den Zustand, in dem sich die Deutschen wiegen:


Die Bundesregierung hat ihr selbst gestecktes Ziel für internationale Klimahilfen nach eigenen Angaben bereits übertroffen. Allein 2022 sind über sechs Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln für Klimaschutz und Klimaanpassung in ärmeren Ländern bereitgestellt worden. Damit hat die Ampel ihr Ziel, die Klimahilfen bis 2025 auf sechs Milliarden Euro jährlich anzuheben, bereits drei Jahre früher als geplant erreicht. Aber nicht nur in Sachen Klimarettung geht die Bundesregierung voran. Bei der durch die Massenmigration einhergehenden Transformation souveräner Nationalstaaten in eine globale Weltgesellschaft sieht sich Deutschland ebenfalls als Speerspitze. „Leave no one behind“ steht im Mittelpunkt der deutschen Agenda, deren Kernbotschaft „People, Planet, Prosperity, Peace and Partnership“ lautet. Jedes Jahr werden so etwa fünf Milliarden Dollar aufgewandt, um – wie es heißt – globalen Konflikten und Krisensituationen zu begegnen. Mit besonderem Stolz wird darauf verwiesen, dass Deutschland hier eine Vorreiterrolle für andere Länder spiele – mit dem Ziel, das Wohlergehen aller Migranten weltweit zu sichern. Kurzum, sowohl bei der Klima- als auch bei der Migrationspolitik sieht sich Deutschland als Retter und Vorbild für die Welt.

Worauf begründet sich diese Hybris? Ohne hier im Detail auf die historischen und mentalitätsgeschichtlichen Entwicklungen eingehen zu können, lässt sich sagen, dass das nationale Unterlegenheitsgefühl in Deutschland, vor allem nach schweren Niederlagen wie die Preußens 1806 gegen Napoleon oder dem Zusammenbruch des deutschen Heeres 1918, immer wieder in einen Überlegenheitsrausch mündete. Dieser endet 1945 zwar katastrophal, findet aber danach im Moralismus und Universalismus seinen gegenwärtigen Ausdruck. Erinnern wir in diesem Zusammenhang daran, dass schon der Grundgedanke des deutschen Humanismus „Weltbürgerlichkeit“ war. Thomas Mann sprach explizit von „Weltdeutschtum.“ Seit dem späten 18. Jahrhundert wurde das Deutschsein über allen politischen und partikularen Interessen stehend definiert. Richard Wagners berühmtes Zitat „Deutsch sein heißt, eine Sache um ihrer selbst willen treiben“ spricht diese Auffassung deutlich aus. Diese übernationale Ausrichtung der deutschen Identität, historisch stets unterbrochen von nationalistischen Phasen, hat in der deutschen Seele, so darf man vermuten, tiefe Spuren hinterlassen, die sich heute politisch artikulieren. So sind etwa die ganzen Weltkomposita, die den Jargon Ende des 19. Jahrhunderts prägten, sichtbare Zeugnisse dafür, dass in Deutschland schon immer in großen, metanationalen Kategorien gedacht wurde: Weltmacht, Weltpolitik, Weltwille, Welthandel, Weltseele, Weltspiegel, Weltbürger, Weltgeschichte und besonders aktuell: Weltoffenheit. 

In dieser Dynamik der Entgrenzung spielt sicher auch die geistesgeschichtliche Zugehörigkeit des Protestantismus zu Deutschland eine wichtige Rolle: ein dogmatischer und moralischer Rigorismus, die unheilvolle Neigung zur Prinzipientreue, zu unerreichbaren Zielen und utopischen Zuständen. Daraus resultiert eine idealistische Grundhaltung, die aktuell in der Realitätsverdrängung ihr deutlichstes Symbol gefunden und im ideologischen Programm der Ampelregierung einen mehr und mehr suizidalen Charakter angenommen hat. Die fehlende Integration von Binnen- und Außenwahrnehmung bestimmt dabei den Charakter einer Gesellschaft, die mehr und mehr der Vernunft und dem Pragmatismus abgeschworen hat und sich in Bildern der eigenen Größe und Erhabenheit verliert. In der Praxis bedeutet das: Man lässt seit 2015 Millionen von Einwanderern aus tribalistischen und patriarchalen Kulturen ins Land und verzichtet auf den Schutz der eigenen Grenzen. Man ist der stolze Vorreiter einer hysterisierten Klimabewegung, beschwört Bilder der Apokalypse und zerstört um eines Prinzips willen (Stichwort: grüne Energiewende) mutwillig die heimischen Industrien, auf denen der Reichtum des Landes beruht. Man folgt bis hin zur eigenen Selbstzerstörung abstrakten Rechtsprinzipien und gesteht in der Festhaltung an von der Wirklichkeit überholten Asylgesetzen allen Menschen auf der Welt ein prinzipielles Recht auf Partizipation am deutschen Sozialstaat zu.

Die „großen Erzählungen“ der Klimarettung und des Antirassismus sind dabei alle weit oben, bei der „Menschheit“, angesiedelt. Es geht buchstäblich immer um alles, jedes Thema wird essentialistisch und so die Antagonisten zu Personifikationen von Gut oder Böse. Ein kollektives Bedürfnis und eine – insbesondere nach den Verbrechen des Dritten Reiches – starke Sehnsucht nach Anerkennung in der Welt ist heute bereit, alles in der Vergangenheit Errungene im Rausch der Selbstbegeisterung der eigenen Empfindsamkeit zu opfern. Diese moralische Überhöhung trifft aber in vielen europäischen Ländern auf Unverständnis. Am 24. August 1945, zwei Tage vor seinem Tod, beendet der österreichisch-jüdische Schriftsteller Franz Werfel seinen utopischen Roman „Stern der Ungeborenen“. Vor den Nationalsozialisten ins amerikanische Exil geflohen, sah Werfel die Zukunft Deutschlands nach Kriegsende in prophetischer Weise vorher. Seine Worte können heute als Menetekel gelten: „Zwischen Weltkrieg II und Weltkrieg III drängten sich die Deutschen an die Spitze der Humanität und Allgüte. Und sie nahmen das, was sie unter Humanität und Güte verstanden, äußerst ernst. Sie hatten doch seit Jahrhunderten danach gelechzt, beliebt zu sein. Und Humanität schien ihnen jetzt der bessere Weg zu diesem Ziel. Sie fanden diesen Weg sogar weit bequemer als Heroismus und Rassenwahn. (...) So wurden die Deutschen die Erfinder der Ethik der selbstlosen Zudringlichkeit.“  Alexander Meschnig

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