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Donnerstag, 21. März 2024

Seit 52 Jahren warte ich auf ehrliche Präzisierungen wie diese

Es steht ohne Frage fest, dass die humanitäre Lage im Gazastreifen bestürzend und dass dieser Krieg ein ungleicher ist. Zu viele Zivilisten kommen zu Tode, mehr als in anderen Kriegen. 30.000 zivile Opfer in Gaza stehen den 1200 israelischen Opfern des Terroranschlags irritierend asymmetrisch gegenüber und zeigen den Weg, den die rechtsextreme Regierung Netanjahus und die religiösen Hardliner in seinen Reihen als Reaktion auf die Hamas eingeschlagen haben. Und dennoch ist es bezeichnend, wie sehr insbesondere linke Kreise im Westen sich mit einer antiisraelischen Agitation islamistischer Prägung gemein machen und so zu nützlichen Idioten von muslimischen Fundamentalisten werden. Es tritt hier ein Habitus zutage, der sowohl in den alten wie auch in den neuen linken Gruppierungen mehr als verbreitet ist: Man scheint oftmals einen Mündel zu brauchen, den man paternalistisch und – als Opfer konstruiert – bevormunden kann. Je weiter dieser Mündel von einem selbst entfernt ist, umso besser, denn er wird romantisiert und folkloristisch aufgeladen; die Gewalt auf palästinensischer Seite ist dann immer auch als mythische Erzählung eines nationalen Befreiungskampfs hochstilisiert, niemals als Terror. Die Palästinenser können in dieser Logik schnell zu Indianern werden, denen man im Kampf mit den bösen weißen Siedlern hilft. Old Shatterhand lässt grüßen.

Leider hat linker Antisemitismus eine lange Tradition, der zum Beispiel nach 1945 im Deutschland der 1960er- und 1970er-Jahre seit den Ereignissen rund um den Sechstagekrieg offen zutage trat. Man solidarisierte sich mit den angeblich kolonisierten Palästinensern und beschrieb Israel vereinfachend als imperialen Aggressor. Auch die RAF war deutlich antiisraelisch und pro-arabisch eingestellt, kooperierte etwa bei der Flugzeugentführung von 1977 mit der Terrororganisation „Volksfront zur Befreiung Palästinas“ und ließ sich 1970 in Jordanien von der palästinensischen Fatah im Guerillakampf ausbilden. Und heute? Nur zwei Tage nach dem Terroranschlag der Hamas auf Israel skandierte man auf einer Demonstration in Wien: „Chaibar, Chaibar, oh ihr Juden, Mohammeds Armee wird zurückkehren!“. Palästinensertuch-Linke gingen mit arabischen Demonstranten auf die Straße und fanden solcherlei Sprüche offenbar legitim. Auch „Black Lives Matter“ fällt schon länger durch antiisraelische Parolen auf, nach dem Anschlag posteten sie jedoch Unfassbares. „Black Lives Matter“ Chicago postete am 11. Oktober 2023 auf Twitter das Bild eines Paragleiters, begleitet von dem Spruch „I stand with Palestine!“ und spielte darauf an, dass die Hamas-Terroristen die Mauer zu Israel mittels solcher Fluggeräte überwanden. Auf Social Media kursierte unter selbsternannten Linken immer wieder ein bearbeitetes Bild von Netanjahu als Hitler, unter der Hakenkreuzbinde blitzt darin der Davidstern durch. Antisemitismus und Holocaustverharmlosung in einem. Solcherlei gibt es zuhauf, und es korreliert mit einer drastischen Zunahme des Antisemitismus: 1147 antisemitische Vorfälle waren es allein 2023 in Österreich, mit rasantem Anstieg ab Oktober, 18 davon waren tätliche Angriffe. Zum Vergleich: Im Jahr 2022 waren es 719 Vorfälle. Pikantes Detail: Elf der 18 Angriffe aus dem Jahr 2023 wurden von Menschen mit muslimischem Hintergrund begangen. Erst unlängst wurde in der Schweiz ein 50-jähriger orthodoxer Jude von einem muslimischen Jugendlichen niedergestochen, in Deutschland ein jüdischer Student so stark verprügelt, dass er mit Schädel-Hirn-Trauma ins Krankenhaus musste.

Klar wird, dass linke Kritik an Israel sich vielfach gar nicht gegen die Rechtsextremen in der dortigen Regierung, gegen die problematische Siedlungspolitik und gegen das Erstarken eines religiös ausgelegten Zionismus richtet, sondern gegen Israel als Ganzes, als Staat. Man ist gegen den Zionismus in all seinen Ausprägungen und am Ende schließlich: gegen die Juden. Man schwieg beim Terroranschlag der Hamas, empörte sich jedoch beim Gegenschlag Israels. Israelische Interessen scheinen in dieser Logik nicht zu existieren, werden mit keiner Silbe thematisiert. Bezeichnend ist bei alledem auch, dass scheinbar viele ihre intellektuellen Hausaufgaben nicht gemacht haben und wesentliche historische Ereignisse völlig ausgeblendet werden: Denn wenn wir über die palästinensische Nakba sprechen, dann müssen wir auch über jüdische Geschichte sprechen. Über die jüdische Diaspora, über die Juden der arabischen Welt und deren jahrhundertelange Entrechtung und über die Vertreibung und Flucht von 900.0000 Juden aus arabischen und islamischen Ländern seit 1948. Man muss den Antisemitismus der arabischen Welt berücksichtigen, der nicht erst seit 1948 existiert, den Holocaust und die Millionen „Displaced Persons“ nach 1945 mitbedenken. Wer den britischen Kolonialismus thematisieren möchte, der muss auch verstehen, dass durch den Sieg der Briten die Herrschaft des osmanischen Reiches in Palästina zu Ende war. Und wer mit Blick auf Israel von Kolonialismus und Imperialismus spricht, der muss sich vielleicht einmal vergegenwärtigen, dass Israel zirka die Größe Niederösterreichs oder Hessens besitzt. Man muss, wenn man den Gegenschlag Israels verdammt, auch die Hamasführer im Kopf behalten, die ihre eigene Bevölkerung dahinvegetieren lassen und als Schutzschild verwenden. Die Palästinenser sind ein perfektes politisches Instrument islamistischer und diktatorischer Regime, um Israel als Ganzes zu delegitimieren, was mithilfe von NGO-/EU-/UNO-Geldern, die auch den Hamas-Terror mitfinanzierten, im Diskurs erfolgreich gelingt. Und schließlich muss man sich vergegenwärtigen, dass an einem einzigen Tag 1200 Israelis getötet, Babys geköpft und Frauen geschändet wurden und dass die 130 Geiseln immer noch nicht in Sicherheit sind. Wer all dies immer noch ausblendet, der muss sich auch als Linker den Vorwurf des Antisemitismus gefallen lassen und sollte vielleicht einfach mal den Mund halten. Jan David Zimmermann

Diese intellektuelle Redlichkeit taucht mit einem halben Jahrhundert Verspätung auf. Sie ist nicht nur auf Grund der Verspätung überflüssig geworden. Inzwischen wäre viel wichtiger einzusehen, dass uns Europäern dasselbe blüht wie den Israelis, wenn es so weit ist, dass der Islam in Europa zum Angriff übergeht. Und zwar nicht etwa, weil der Islam auf erlittenes Unrecht reagiert, sondern weil es sich da um einen Menschenschlag handelt, der - selbst im Widerspruch zur Doktin des Islams - aufbrausend, selbstgerecht, stolz, unbeugsam, viktimistisch, anmaßend, größenwahnsinnig und machthungrig ist und - im Gegensatz zu den hedonistischen Europäern - den Tod nicht fürchtet und uns Europäer verachtet. Und zwar nicht nur dann, wenn wir uns so hündisch verhalten, wie wir uns verhalten, sondern auch dann, wenn wir aufbreitspuriges Imponiergehabe nicht mit Brutalität antworten, sondern mit geduldiger Freundlichkeit. Letztere wird schlicht und einfach nicht verstanden, sondern als Schwäche empfunden.

Wenn deutsche Integrationscoaches den jungen Männern dieser tribalen Kulturen den Big Bang erklären und ihnen ein stumpfsinniges Konglomerat von SPD, Ökofanatismus, Feminismus, atheistischem Traditionshass und Geocaust unter die Nase reiben, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn sie irgendwann deswegen erschlagen werden.

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